Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker
»Aber mir wird schon etwas einfallen.«
Der Mulatte hinter dem Kapitän ließ seine Pfeife sinken und sagte: »Die nächste Gastour ist nicht mal in einer Woche. Wenn sie so lange überlebt, kann sie sich an ’nem Tau raufziehen lassen.«
Der Kapitän fuhr herum. »Jetzt stachel sie nicht auch noch an!«
»Warum nicht? Wenn sie zahlen kann und gern einen Blick in die Stadt werfen will, warum bringst du sie dann nicht hin?«
Obwohl sie die Frage gar nicht gestellt hatte, richtete der Kapitän seine Antwort an Briar. »Weil wir im Moment nicht die Ausrüstung für eine Gastour haben. Unsere beiden besten Netze sind beim letzten Mal an einer Turmspitze hängen geblieben, und wir sind immer noch nicht fertig mit Flicken. Und bis jetzt ist noch nicht mal das Wort ›Bezahlung‹ gefallen; da gehe ich nur ungern davon aus, dass es sich bei unserem Überraschungsgast um eine wohlhabende Witwe handelt.«
»Ich bin nicht wohlhabend«, räumte Briar ein. »Aber ich habe ein wenig Geld …«
»Wenn Sie uns zu einer Gastour überreden wollen, zu der uns die Netze fehlen, werden Sie schon ein bisschen mehr als nur ein wenig Geld haben müssen. Ich bin gern einer Dame behilflich, aber Geschäft ist Geschäft.«
»Aber … Gibt es dann vielleicht jemand anderen?«
»Jemand anderen, der dumm genug ist, über die Mauer zu fliegen?« Er schob die Hände in die Taschen seiner unionsblauen Jacke. »Nicht dass ich wüsste.«
Wieder mischte sich der Mulatte ein. »Cly vielleicht. Der kann nicht mehr klar denken beim Anblick einer schönen Frau, und Maynards Frieden respektiert er auch.«
Briar wusste nicht recht, ob sie geschmeichelt oder beleidigt sein sollte, also entschied sie sich stattdessen für zuversichtlich. »Cly? Wer ist das? Kann ich mit ihm reden?«
»Sie können mit ihm reden, Ma’am.« Der Kapitän nickte. »Und ich wünsche Ihnen alles Gute für die Suche nach Ihrem verrückten Sohnemann. Aber ich muss Sie warnen, es geht nicht gerade menschlich zu da drin. Das ist keine Gegend für eine Frau oder einen Schuljungen.«
»Sagen Sie mir, wo ich diesen Cly finde«, erwiderte Briar kühl. »Und meinetwegen braucht es nicht einmal eine Gegend für einen Hund oder eine Ratte zu sein, aber es gibt eine Frau, die da noch vor Sonnenuntergang drin sein wird, so wahr mir Gott helfe. Oder Maynard«, fügte sie hinzu, als ihr wieder einfiel, was Rector gesagt hatte.
»Wie Sie wünschen.« Er bot ihr seinen Arm an, und Briar war zunächst nicht sicher, ob sie die Geste annehmen sollte, hakte sich dann aber doch unter. Solange man sich ihr gegen über benahm, würde sie sich auch benehmen. Außerdem wuss te sie nicht, wie viel Hilfe sie von diesen Leuten vielleicht noch benötigen würde, also lohnte es sich, selbst dann höflich zu bleiben, wenn sie es eigentlich mit der Angst bekam.
Der Unterarm des Kapitäns fühlte sich genauso fest an, wie er aussah, und Briar musste sich alle Mühe geben, damit ihre Finger nicht vor Nervosität zu zittern begannen; leider war das hier kein Händedruck, bei dem sie einfach zudrücken und dadurch Selbstvertrauen vorgaukeln konnte.
Der Kapitän tätschelte ihre Hand. »Lady, solange Sie Maynards Zeichen tragen und unseren Frieden respektieren, sind wir verpflichtet, auch den Ihren zu respektieren. Es besteht kein Grund, sich Sorgen zu machen.«
»Ich glaube Ihnen«, sagte sie, und vielleicht stimmte das sogar. »Aber ich muss mir über mehr Sorgen machen als nur um Sie, das verspreche ich Ihnen.«
»Über Ihren Sohn.«
»Über meinen Sohn, ja. Verzeihung, Sie haben Ihren Namen nicht erwähnt, Captain …?«
»Hainey. Croggon Hainey. Wenn es schnell gehen muss, Captain. Wenn Zeit ist, Captain Hainey. Im Vorübergehen, Crog.«
»Captain, gut. Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe.«
Er grinste und entblößte seine erschütternd weißen Zähne. »Dazu besteht kein Anlass. Ich behandle Sie lediglich so, wie es meine Verpflichtung ist. Ob mein Freund und Schifferkollege Ihnen darüber hinaus behilflich ist, wird sich noch zeigen.«
Crog führte sie zu den knarrenden, schwankenden Luftschif fen, die dort, wo die Lücken breit genug waren, zwischen den dicksten Baumstämmen vertäut lagen. Sie zerrten an ihren Leinen, stießen sanft gegen Baumwipfel, strichen mit den Gondeln an Vogelnestern und immergrünen Zweigen entlang.
Das nächstgelegene Schiff war ein zusammengeschustertes Etwas, das komplett improvisiert aussah und doch überaus robust wirkte. Die stahlgepanzerte, kanuförmige
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