Bonfire-Chroniken - Integration: Bonfire Academy Band 2 (German Edition)
und horchte auf das Klicken. Ich hielt den Atem an, drehte den Türknopf und schob die Tür einen Spalt weit auf. So blieb ich eine Minute stehen und wartete ab, ob jemand auf der anderen Seite war. Ich schob die Tür Zentimeter für Zentimeter auf. Das Zimmer war leer, also trat ich ein und schloss die Tür hinter mir. Ich musste noch im Badezimmer nachsehen.
Sein Zimmer war tadellos aufgeräumt, sogar sein Bett war gemacht. Die Kissen waren aufgeschüttelt und ans Kopfteil gelehnt, so wie Quinn es immer wollte – sogar wenn er bei mir übernachtete. Ich ging zur Badezimmertür und hielt den Atem an, während ich sie mit einem Finger aufstieß. Ich entspannte, als ich nur den Geruch von Badreiniger wahrnahm. Das Badezimmer war ordentlich, aber nicht frisch gereinigt. Die Dusche war benutzt worden und ein zerknülltes Handtuch lag auf dem Boden vor der Kabine. Ich kniete mich hin, um es zu berühren. Das Handtuch war trocken.
Ich ging zurück ins Zimmer und setzte mich auf Quinns Bett. Es gab keine Anzeichen dafür, dass er sein Zimmer hastig verlassen hatte oder mit Gewalt herausgeholt worden war: keine zerbrochenen Möbel, keine Kampfspuren. Ich strich mit der Hand über das gespannte Laken und Frust packte mich. Seltsam und beunruhigend, dass er sich die Zeit genommen hatte, sein Bett zu machen, aber sich nicht die Mühe gemacht hatte, mir Bescheid zu sagen, dass er Faustine nicht abholen konnte. Hatte er es einfach vergessen? Oder war er aufgestanden, hatte sein Bett gemacht und war dann zu etwas Dringendem weggerufen worden? War in seiner Familie etwas passiert? Was auch immer dahinter steckte war, sein Zimmer hatte er aus freien Stücken verlassen.
Ich stand auf und ging zu seinem begehbaren Kleiderschrank. Als ich an der Kordel zog, um das Licht anzuschalten, bemerkte ich sofort, dass sein lindgrüner Koffer fehlte. Er stand immer am gleichen Platz unter seinem Smoking. Der Smoking hing noch auf der Stange, aber der Kleiderbeutel war weg. Ich sah seine Klamotten durch. Unmöglich für mich zu sagen, was er alles eingepackt hatte, weil sein Schrank durcheinander war wie immer. Quinn hatte die Funktion von Kleiderbügeln nicht ganz verinnerlicht und zog es vor, seine Klamotten auf verschiedene Haufen auf dem Boden zu werfen: einen für Hemden, einen für Hosen und so weiter.
Ich hob eines seiner Hemden hoch und roch daran; fast konnte ich seine Anwesenheit spüren. Sein Duft entspannte mich sofort, und als ich die Augen zumachte, stellte ich mir vor, wie er mich mit seinen perfekt weißen, blitzenden Zähnen angrinste.
Ich lächelte, als ich mich daran erinnerte, wie ich Quinn in der Pariser Schule zum ersten Mal begegnet war. Wir waren beide sechs Jahre alt gewesen und so weit zu lernen, wie man sich unter menschliche Kinder mischt. Quinns Familie war gerade erst in Paris angekommen und einige Blocks entfernt von unserem Haus auf der Avenue Foch eingezogen. Während wir uns an der Schule umsahen, hatten unsere Mütter uns gesagt, dass wir Freunde sein sollten. Wir hatten uns gegenseitig die Zunge rausgestreckt und im Stillen geschworen, Feinde zu sein, egal was unsere Eltern verlangten. Als hätte meine Mom meine Gedanken gelesen, hatte sie mich zur Seite genommen und mir unmissverständlich klargemacht, dass sie von mir erwartete, dass ich ihren Wunsch respektierte, es sei denn, ich wollte die nächsten zehn Jahre keine neuen Kleider bekommen. Ich hatte nachgegeben, innerlich aber immer noch geschworen, Quinn heimlich zu hassen. Ich konnte doch nicht mit einem doofen Jungen befreundet sein, wenn ich mich an die beliebten Mädchen hängen musste! Ich versuchte, ihn dazu zu bringen, mich in der Schule in Ruhe zu lassen, aber das tat er einfach nicht. Er schien mir mein Leben um jeden Preis vermiesen zu wollen. Wir verbrachten den größten Teil der ersten Woche damit, uns gegenseitig zu triezen und zu nerven. Jeder zielte darauf ab, den anderen bei den Lehrern in Schwierigkeiten zu bringen. Aber wir fanden schnell heraus, dass es viel mehr Spaß machte, gemeinsam Unfug auszuhecken. Wir entdeckten, wie ähnlich wir uns waren, und dass wir doppelten Schaden anrichten konnten, wenn wir zusammenarbeiteten.
Ich kicherte, als mir all die Streiche einfielen, die wir beide durchgezogen hatten, und dass wir dabei nie erwischt worden waren. Hauptsächlich deshalb, weil wir uns gegenseitig den Rücken freihielten. Wir knüpften eine enge, loyale Freundschaft, die niemand kaputtmachen konnte.
Als wir älter wurden,
Weitere Kostenlose Bücher