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Bonita Avenue (German Edition)

Bonita Avenue (German Edition)

Titel: Bonita Avenue (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Buwalda
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für Stein hätte abreißen können, ohne auch nur ein einziges Aufklärungsbuch zu finden, nicht einmal ein unillustriertes mit Fußnoten, geschweige denn irgendetwas, das dazu gedacht war, jemandes Sinne zu reizen. Ihr stammt doch aus den Sechzigern? Was für eine Prüderie! Diese vollkommene Abwesenheit von Sex in meinem Elternhaus. Ja, im Regal standen Bücher von Jan Wolkers. Aber die falschen.
     
    « Schitte ?», wiederholte mein Vater, den Mund voller Weißbrot und Beefsteak. «Dieser Idiot, dieser Flegel, dieser Schuft hat deine Nachhilfelehrerin belästigt. In unserem Badezimmer, in meinem Haus.» Wütend war er jetzt, desillusioniert, ich sah es ihm an, aber Vivianne und Maurice, die waren fuchsteufelswild, vor allem Maurice, der sprach von lebenslangen Traumata und einem Gerichtsverfahren. Und mein Vater konnte ihnen nicht widersprechen, im Gegenteil sogar, er war völlig ihrer Meinung. «Sollten sie doch davon absehen, erstatte ich selbst Anzeige.»
    «Papa, Moment mal – du willst Anzeige gegen deinen eigenen Sohn erstatten?»
    «Es muss Schluss sein, Joni. Es reicht. Dieser Mistkerl macht uns kaputt. Uns alle. Deine Mutter, mich, Janis, dich. Deine Schwester kann seinetwegen nicht mehr schlafen. Alles flößt ihr in letzter Zeit Angst ein. Und um dich …»
    «Um mich ? Was ist mit mir?»
    Aber er wollte erst zu Ende kauen, das Zermahlen des Fleischstücks, das Runterschlucken, das Sammeln von Speichel, um weiterreden zu können, schien mehr Zeit zu kosten als das Mästen und Schlachten eines Rinds. Schweißperlen standen auf seiner Stirn. «Um dich mache ich mir am meisten Sorgen», sagte er.
    «Wieso, Papa? Warum machst du dir meinetwegen Sorgen? Was hat Wilbert mit mir zu tun?»
    Er schwieg wieder, schaute auf seine rechte Hand, mit der er das Glas Wasser hielt, und ich sah ihn an. Dachte er nach? Der Anblick dieses bärtigen, erschöpften, nachdenkenden Mannes beunruhigte mich, ich konnte sehen, dass er sich den Kopf über Dinge zerbrach, für die er weniger Talent hatte als für Mathematik.
    «Liebes», sagte er, «du weißt, dass du dich vor mir nicht zu schämen brauchst. Niemals.» Etwas, das nicht zu ihm passte: Er legte seine Hand auf meine. «Wie drücke ich’s bloß am besten aus. Mama und ich haben das Gefühl, dass Wilbert … hm … dich sehr mag. Verstehst du, was ich sagen will, wenn ich es so ausdrücke? Wir haben den Eindruck, dass er dich … mehr als nur nett findet. Und wahrscheinlich hat er … lass mich überlegen … Mama und ich haben das Gefühl, dass er … dass ihr …»
    «Papa! Was willst du damit sagen?» Mit einem Ruck zog ich meine Hand unter seiner hervor und schob meinen Stuhl nach hinten. «Du spinnst wohl, Papa. Du meinst … Nein, natürlich nicht! Wie kannst du so was nur denken?» Obwohl ich wusste, dass ich übertrieb, stand ich auf und schlug mit den flachen Händen auf den Tisch.
    «Joni!», flüsterte er. «Bleib sitzen. Warte. Setz dich. Immer mit der Ruhe. Hör mir zu. Es kommt sehr oft vor, dass das Opfer einer solchen Tat … dass man sich schämt, vielleicht sogar so sehr schämt, dass …»
    «Papa, sei still! Ich möchte, dass du den Mund hältst.»
    «Hör zu, was ich sage. Und rede nicht so laut. Ich finde es schrecklich unangenehm, dich damit konfrontieren zu müssen, aber deine Mutter …»
    Er verstummte. Um irgendetwas zu tun, schob er das letzte Stück Brot mit Fleisch durch die Soße, spießte es auf, doch es fiel von der Gabel auf seinen Schoß. Ohne zu fluchen, auch ohne ein entspanntes Lachen, angelte er sich den heruntergefallenen Bissen und legte ihn auf den Rand seines Tellers. «Deine Mutter und ich wissen, dass ihr … oft zusammen seid. Wir wissen, dass du dich seiner etwas angenommen hast, und das ist, das war … prima. Ich kann dir nicht sagen, wie sehr ich das … an dir zu schätzen weiß. Du bist meine Tochter. Du hast dein Bestes getan, damit Wilbert sich … zu Hause fühlt.»
    Zu meinem Schrecken sah ich seine Augen feucht werden, es sammelte sich Flüssigkeit an Stellen, die knochentrocken zu bleiben hatten. Nein! Nicht auch noch heulen.
    «Liebes, hör mal.» Er schien seine Fassung wiederzuerlangen. «Natürlich findet der Junge dich nett, das verstehe ich nur allzu gut, alle Jungs finden dich nett, und der … also Wilbert garantiert. Es ist alles nachvollziehbar. Nicht aber tolerierbar . Es ist gefährlich, er ist gefährlich. Der Junge kennt nicht den Unterschied zwischen nett finden und …»
    «Und

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