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Bonita Avenue (German Edition)

Bonita Avenue (German Edition)

Titel: Bonita Avenue (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Buwalda
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hohen Stativ. Clint, ein junger Mann, auf dessen Visitenkarte floor assistant stand, hockte auf der anderen Seite des Bettes, wo Bobbis Kopf unbequem über dem Rand der Matratze hing. Er alberte ein wenig mit ihr herum und flößte ihr aus einer Dose, aus der auch er trank, hin und wieder einen Schluck Redbull ein.
    Vince ging völlig auf in seinem ersten Job, ungeachtet der kühlen Temperatur im Saal schwitzte er gewaltig, die Strände auf seinem Hemd sahen aus, als hätte sie eine riesige Flutwelle erwischt. Mit der Schnelligkeit eines Katamaranseglers schlang er das Seil um Bobbis linkes Knie, das wie das rechte auf der Längsseite des Bettes ruhte, führte es um den äußeren linken Gitterstab, zog es straff und machte routiniert und geschickt einen Seemannsknoten. Bobbis Pobacken leuchteten im grellen Kunstlicht wie der Kopf einer Sphinx. Mit dem Rücken zu mir: Rusty, der die Verrichtungen seines neuen Angestellten beobachtete.
    Niemand bemerkte mich. Ich stand halb verborgen in dem steinernen Türrahmen, etwa zwanzig Meter von Bobbi und Vince entfernt, eine Distanz, die sich zu übertragen schien: Es war, als hätte ich mit dem, was sich dort abspielte, nichts zu tun. Irgendetwas, vielleicht das Warten auf eine erlösende Nachricht von Boudewijn, vielleicht Bobbis letzte Bemerkung – ein Satz, den ich als arrogant empfunden hatte, nach meinem Geschmack lag ein zu großes Maß an Geringschätzung darin –, hatte zur Folge, dass ich vollkommen nüchtern blieb. Sosehr ich auch versuchte, im momentanen Geschehen aufzugehen – verzweifelt schlug ich mir mit der Peitsche, die Q mir gegeben hatte, auf den Unterschenkel, lauerte auf den Rausch, der unerlässlich war, um sogleich das tun zu können, was an dem Waisenhausbett von mir erwartet wurde –, sosehr ich auch versuchte, mich auf Bobbi zu konzentrieren, überschlug es sich in meinem Kopf, ein Paradox suchte mein hektisches Oberstübchen heim, ein Widerstreit zweier Gedanken, die mein Bewusstsein wie eine Flügelmutter von meinem Körper schraubten. Einerseits verhielt die Backsteinfestung sich wie ein Faraday’scher Käfig: Ich war unerreichbar, vom Radar verschwunden, nicht zu peilen – für meinen Exfreund und erst recht für mein Kind nicht existent, ihre Anrufe und Nachrichten prallten ab. Und andererseits lag dort Bobbi Red und wartete auf mich, und ob ich wollte oder nicht, durchleuchtete ich ihren zukünftigen Ruhm, einen Ruhm, den es jetzt noch nicht gab, aber zweifellos bald geben würde – einen Ruhm, dessen Beschaffenheit und Größe im Ungewissen lagen. Die Vorstellung, dass das introvertierte Mädchen, das sich an meinem Waschbecken am Sunset ihren noch unbekannten Arsch ausgespült hatte, als neue Muse von Steven Soderbergh in einem halben Jahr gemeinsam mit ihm in Berlin über den roten Teppich gehen und am Ende vielleicht mit einem vergoldeten Oscar in der Faust im Kodak Theatre stehen würde – ab jetzt war alles möglich –, diese Vorstellung machte mich schwindelig. Wahrscheinlich verschwindet der Film ja gleich im DVD-Handel, beruhigte ich mich, und Bobbi verschwindet in der Obskurität, oder, was noch wahrscheinlicher ist, sie wird niedergemacht, verrissen, abgestoßen, mit Hohn und Spott ins Valley zurückgeschickt – aber dennoch ließ mich etwas glauben, dass es ganz anders kommen würde. Sie wird den Durchbruch schaffen. Sie würde sich als ein Star entpuppen, wie ihn Hollywood lange nicht gesehen hatte. Bobbi würde eine radioaktive Mae West für das einundzwanzigste Jahrhundert werden, eine Nicole Kidman, die direkt vor den Augen des Betrachters explodiert.
    Kristin sah mich und signalisierte: «Joy – drei Minuten.»
    Mal angenommen, all das passiert wirklich, dachte ich, während ich mit laut tickenden Absätzen in den Ballsaal ging, was bedeutet es dann für die Szene, die wir jetzt aufnehmen wollen? Ihre Rolle war klar, hier ging es um Bobbi- footage , das zu ihrer grenzüberschreitenden Zweifachkarriere den Grundstein legen würde, ein Filmchen, das irgendwann jeder würde sehen wollen, vielleicht einfach nur, um seine Lust zu befriedigen, vielleicht aber auch, um sich ein genaueres Bild von Bobbi Red zu machen, der rätselhaften, bildschönen Geisha, bei der niemand wusste, wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte. Bobbi machte die Barracks zu einem Glashaus, Bobbi zog die Vorhänge zurück, Bobbi lupfte den Deckel hoch, und dann sah die Außenwelt … Mikes Mutter ?
     
    Rusty hatte seinen Maybach gerade erst

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