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Bonjour Tristesse

Bonjour Tristesse

Titel: Bonjour Tristesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Françoise Sagan
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immer so gut verstanden hätten, weil wir so viele gemeinsame
Interessen besäßen. Ich verbarg ein leichtes Schaudern und schlug ihr vor, in
mein Zimmer hinaufzukommen, um zu vermeiden, daß sie meinem Vater und Anne
begegnete. Als ich meinen Vater erwähnte, machte sie unwillkürlich eine kleine
Bewegung mit dem Kopf, und ich dachte: ›Vielleicht liebt sie ihn noch immer...
trotz Juan und seinen Kleidern.‹ Und ich dachte auch, daß ich diese Bewegung
vor drei Wochen nicht bemerkt hätte.
    In meinem Zimmer hörte ich zu, wie sie
mir in den prächtigsten Farben das mondäne und berauschende Leben schilderte,
das sie inzwischen an der Riviera geführt hatte. Ich spürte dunkel seltsame
Gedanken in mir aufsteigen, die mir zum Teil ihr verändertes Aussehen eingab.
Nach einer Weile hörte sie von selber auf zu reden, vielleicht weil ich zu
lange geschwiegen hatte, machte ein paar Schritte ins Zimmer hinein und fragte
mich, ohne sich nach mir umzudrehen, mit gleichgültiger Stimme, ob »Raymond glücklich
sei«. Irgendwie hatte ich das Gefühl, einen Punkt für mich buchen zu können,
und gleich darauf begriff ich auch, warum. Dann wirbelten mir zahllose Projekte
durch den Kopf, Pläne entstanden, und ich fühlte, wie ich unter der Last meiner
Überlegungen zusammenbrach. Und im gleichen Augenblick wußte ich auch, was ich
ihr sagen mußte: »›Glücklich‹, das ist ein großes Wort! Anne läßt ihm nicht die
Wahl, etwas anderes zu glauben. Sie ist sehr geschickt.«
    »Sehr!« seufzte Elsa.
    »Sie würden nie erraten, zu welchem
Entschluß sie ihn gebracht hat... Sie wird ihn heiraten...«
    Elsa wandte mir ein entsetztes Gesicht
zu:
    »Ihn heiraten? Raymond will heiraten —
Raymond?«
    »Ja«, sagte ich, »Raymond wird
heiraten.«
    Ein wildes Verlangen zu lachen saß mir
plötzlich in der Kehle. Meine Hände zitterten. Elsa schien völlig vor den Kopf
gestoßen, als ob ich ihr einen Schlag versetzt hätte. Man durfte ihr keine Zeit
lassen, nachzudenken und zu dem Schluß zu kommen, daß mein Vater ja schließlich
und endlich in dem Alter war, in dem man zu heiraten pflegt, und daß er nicht
sein ganzes Leben mit Halbweltdamen verbringen könne. Ich beugte mich vor und
senkte plötzlich meine Stimme, um sie zu beeindrucken:
    »Es darf nicht dazu kommen, Elsa. Er
leidet schon jetzt. Diese Ehe ist ein Ding der Unmöglichkeit, das verstehen Sie
doch.«
    »Ja«, sagte sie.
    Sie blickte mich völlig fasziniert an.
Das reizte mich zum Lachen, und mein nervöses Zittern nahm zu.
    »Ich habe auf Sic gewartet«, fuhr ich
fort. »Nur Sie allein sind der Aufgabe gewachsen, gegen Anne zu kämpfen. Sie
allein haben das nötige Format.«
    Natürlich war sie gern bereit, mir das
zu glauben.
    »Aber wenn er sie heiratet, so heißt
das doch, daß er sie liebt«, wandte sie ein.
    »Aber Elsa«, sagte ich sanft. »Er liebt
doch nur Sie! Versuchen Sie nicht, mir einzureden, daß Sie das nicht wissen.«
    Ich sah, wie ihre Augenlider
flatterten. Sie wandte sich ab, um ihre Freude zu verbergen und die Hoffnung,
die ich in ihr erweckt hatte. Ich handelte in einer Art Trance: Ich spürte
genau, was ich ihr sagen mußte.
    »Wissen Sie, sie hat mit dem Frieden
häuslichen Eheglücks und mit der Moral gearbeitet«, sagte ich, »und so hat sie
ihn ‘rumgekriegt, verstehen Sie.«
    Meine Worte überwältigten mich. Denn
das, was ich soeben in einer zweifellos etwas primitiven und plumpen Form zum
Ausdruck gebracht hatte, war im Grunde genau das, was ich dachte und empfand.
    »Wenn diese Ehe zustande kommt, Elsa,
ist es mit unserem Leben zu dritt aus. Wir müssen meinen Vater beschützen, er
ist ein großes Kind... ein großes Kind...«
    Ich sagte noch einmal mit Nachdruck:
»Ein großes Kind.« Es klang, fand ich, etwas zu melodramatisch, aber Elsas
schöne, grüne Augen verschleierten sich bereits vor Mitleid. Ich schloß wie in
einem Kirchengesang:
    »Helfen Sie mir, Elsa. Ich bitte Sie,
es ist für Sie und für meinen Vater und für euer beider Liebe.«
    Und im stillen fügte ich noch hinzu:
»und für die lieben kleinen Osterhasen.«
    »Aber was kann ich machen?« fragte
Elsa. »Ich glaube, es ist unmöglich, etwas zu tun.«
    »Wenn Sie es für unmöglich halten,
Elsa, dann müssen Sie verzichten«, sagte ich mit dem, was man eine gebrochene
Stimme nennt.
    »So ein Luder!« murmelte Elsa.
    »Das ist genau die richtige
Bezeichnung«, sagte ich und wandte jetzt meinerseits das Gesicht ab.
    Elsa lebte zusehends auf. Sie war
lächerlich gemacht

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