Bony und die weiße Wilde
zu bohren und das Zigarettenende zu vergraben.
Da es ganz natürlich war, daß jeder, der hierherkam, sich die Hütte ansehen würde, kümmerte er sich nicht weiter um seine eigenen Spuren. An der Rückseite entdeckte er einen Brunnen und noch etwas, was weit interessanter war: Hier hatte jemand auf dem staubigen Boden mit einem Zweig seine Spuren verwischt. Wann dies geschehen war, ließ sich nicht mehr schätzen, da der Wind ein übriges getan hatte.
Bony öffnete weit die Tür und blickte in das Innere der Hütte. Der Fußboden bestand aus einem Termitennest, das man kleingeschlagen, naßgemacht und festgestampft hatte. Jetzt, nach dem Trocknen, war es so hart wie Zement. An der Wand gegenüber der Tür war mit einem Winkelhaken ein Tisch anmontiert, darüber befand sich ein Regal mit einigen großen Büchsen, die Kekse enthalten hatten. Neben dem Tisch stand eine Holzkiste, die offensichtlich als Sitz dienen sollte.
Bony konnte keine Unordnung entdecken. Sein erstes Interesse galt dem offenen Herd. Er sah zentimetertiefe Holzasche. Mit einer kurzstieligen Schaufel, die er in der Ecke gefunden hatte, grub er sie um, jedoch ohne Resultat. Als er den Kamin emporblickte, konnte er den offenen Himmel sehen. Spinnweben, die nach drei Monaten, in denen diese Hütte angeblich nicht benutzt worden waren, zu erwarten gewesen wären, fehlten allerdings. Er ging hinüber zum Tisch. Auch hier nirgends Spinnweben. Nur in den Ecken und an den Deckenbalken gab es genug davon.
Demnach mußte diese Hütte erst kürzlich bewohnt worden sein.
Bony schloß die Tür und setzte sich auf die Kiste. Ringsum herrschte fast völlige Dunkelheit. Er schloß noch zusätzlich die Augen, um sich ganz auf seinen Geruchssinn konzentrieren zu können. Zunächst stellte er fest, daß die Luft nicht so abgestanden war, wie man es nach drei Monaten hätte erwarten können. Es roch nach Eukalyptusöl, vermischt mit - natürlich, das war der Holzrauch, der sich an Wänden und Decke festgesetzt hatte. Hinzu kam noch der Geruch nach gegrilltem Fleisch. Er erinnerte sich, den Grillrost an der Wand hängen gesehen zu haben. Er fand ihn im Dunkeln, berührte ihn nur kurz und wußte, daß er innerhalb des letzten Monats benützt worden war.
Seine Nase registrierte noch einen anderen Geruch. Es fiel ihm nicht leicht, ihn zu identifizieren, aber schließlich wußte er es: Dies war der Geruch eines menschlichen Wesens - eines Menschen, der sich regelmäßig wusch. Der Geruch enthielt eine Seifenkomponente, und bald kam er darauf, daß es sich um Rasierseife handelte. Noch ein dritter Duft hing im Raum, doch es gelang ihm nicht, ihn unterzubringen.
Nach Matts Aussage war seit drei Monaten niemand mehr in dieser Hütte gewesen. Diese Gerüche waren noch keine drei Monate alt. Es schien unwahrscheinlich, aber es lag im Bereich des Möglichen, daß Marvin diese Hütte als Unterschlupf benutzt hatte. Unwahrscheinlich schien es deshalb, weil der Flüchtling jederzeit damit hätte rechnen müssen, daß Matt auftauchte, um nach dem Vieh zu sehen oder eine Musterung vorzunehmen.
Nachdem Bony die Tür wieder verschlossen hatte, setzte er draußen seine Untersuchungen fort. Er umkreiste die Hütte in einem immer größer werdenden Bogen und machte die Entdeckung, daß die mit einem Zweig verwischte Spur zur Lagune führte. Er ging im Zickzackkurs weiter, bis die Lagune in Sicht kam. An dieser Stelle mußte man ein breites Bachbett durchqueren. Bony untersuchte das Ufer in beiden Richtungen und lächelte grimmig, als er auch tatsächlich eine Spur im Sand fand. Hier waren Fußeindrücke gewesen, die man verwischt hatte. Die fünfzig Meter von der Hütte hierher konnte man zurücklegen, ohne Spuren zu hinterlassen, indem man von Grasbüschel zu Grasbüschel stieg.
Der Unbekannte, der sich so große Mühe gegeben hatte, seine Spuren zu verwischen, und der doch so viele hinterlassen hatte, war zu der Stelle gegangen, an der das Boot ans Ufer gezogen worden war. Bony befand sich in unmittelbarer Nähe eines Gummibaumes, der vom Blitz gespalten war. Er konnte nicht weitergehen, ohne von der Farm aus entdeckt zu werden.
Es liegt nicht in der Natur eines Eingeborenen, etwas aufzugeben, es sei denn, besondere Umstände zwängen ihn dazu. Bony, in dessen Adern das Blut der australischen Ureinwohner floß, ging also bis zum Gummibaum weiter. Ein Ast, der vom Blitz verschont geblieben war, warf tiefen Schatten. Rings um den Baum hatte das Vieh gelagert. Der Boden war ebenso
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