Bony und die weiße Wilde
zertrampelt wie bei der Blockhütte. Dicht am Stamm des Gummibaumes war wiederum eine menschliche Spur ausgewischt worden.
Jenseits des Baumes war nichts Derartiges zu bemerken. Der Unbekannte war also nur bis zu diesem Gummibaum gegangen und hatte seinen Weg nicht zur Lagune fortgesetzt. Der Baum wurde plötzlich sehr interessant.
Zunächst betrachtete Bony den Stamm aus den verschiedenen Blickwinkeln, von den Wurzeln bis hinauf zu der vom Blitz verwüsteten Krone. Dabei bemerkte er einen winzigen, abgeknickten Zweig, und zwar an einer Stelle, die man erreichen konnte, wenn man hinaufkletterte.
Ein erwachsener Mensch steigt nicht ohne Grund auf einen Baum. Dort hatte sich ganz offensichtlich ein Mensch zu schaffen gemacht.
Bony gelangte mühelos zu dem vom Blitz verschonten Ast. Von dort war es nur noch ein kurzes Stück bis zu der gespaltenen, verkohlten Krone.
Bis hinunter zu der Astgabelung war der Stamm vom Feuer ausgehöhlt. Der innere Durchmesser mochte anderthalb Meter betragen. Bony starrte in die dunkle Höhlung und entdeckte einen Gegenstand, der aussah wie ein Koffer mit Metallbeschlägen.
10
Der riesige Karribaum spaltete den glühenden Abendhimmel wie ein stählerner Keil, als die Hunde in hektisches Gekläff ausbrachen. Eine Elster strich aus dem riesigen Laubdach davon, und ein Kookaburra ließ sein spöttisches Gelächter ertönen, als fände er das Verhalten der Elster ungemein erheiternd.
Emma war mit der Zubereitung des Abendessens schon frühzeitig fertig. Karl hatte die Hühner eingeschlossen und die hungrigen Kälber versorgt. Jetzt gingen Matt und seine Frau hinaus, um Sergeant Sasoon und Elsie zu begrüßen. Karl beruhigte die Hunde, während Emma und Elsie sich wortreich begrüßten. Nichts schien ungewöhnlich an dieser Szene, und es war auch ganz natürlich, daß der Sergeant aus seinem Wagen einen Kasten Bier holte.
»Guten Abend, Nat!« begrüßte er Bony beiläufig. »Wie stehen die Dinge?«
»Ausgezeichnet, so hoffe ich«, erwiderte Bony ernst.
»Dann war es ein guter Tag?«
»Wunderbar. Ganz herrliches Wetter.«
»Habe nicht viel davon gemerkt. Hatte den ganzen Nachmittag zu tun. Und jetzt ist meine Kehle restlos ausgetrocknet.« Sasoon nahm zwei Flaschen Bier und bat Karl, einen Flaschenöffner zu holen. Er selbst ging zum Schrank und nahm Gläser heraus - ein Zeichen, daß er sich hier auf der Farm heimisch fühlte. »Breckoff wird gegen elf hier sein.«
»Er hat die Spurensucher bekommen?«
»Ja. Lew und seinen Sohn. Lew kann keine großen Sprünge mehr machen, aber er ist weise wie ein alter Uhu. Haben Sie Arbeit für die beiden?«
»Arbeit!« echote Bony lächelnd. »Es wird der reinste Urlaub für sie werden.«
»Haben die Burschen ein Glück! Ich wünschte, mir würde So etwas auch einmal passieren.«
Sie nahmen auf australische Manier um den Tisch Platz: die Männer mit offenem Hemdkragen und aufgerollten Ärmeln. Die beiden Frauen unterhielten sich über ihre häuslichen Angelegenheiten. Bony lud Karl ein, ebenfalls mit Platz zu nehmen.
»Ich habe Karl zum Zeitkontrolleur ernannt«, erklärte er den beiden anderen. »Um wieviel Uhr kam Luke auf dem Heimweg hier vorbei, Karl?«
»Um zwanzig nach fünf. Er schaute aber nicht zu uns herein.«
Sasoon breitete einen maschinegeschriebenen Bericht vor Bony aus.
»Darin ist alles aufgeführt, was er in der Stadt tat«, erklärte er. »Er ging zweimal aufs Postamt. Das erste Mal, um zwei Telegramme aufzugeben und mit Perth zu telefonieren, das zweite Mal, um zwei Telegramme in Empfang zu nehmen. Ferner kaufte er in einem Geschäft Tabak und zwei teure Pralinenschachteln. Dann hielt er sich zwei Stunden lang mit zwei Männern in einem Hotel auf. Später suchte er dieses Hotel nochmals auf, und zwar mit einem Mann, der uns nicht bekannt ist.«
Bony nahm den schriftlichen Bericht in die Hand und las:
1. 10.12 Uhr: Telegramm mit bezahlter Rückantwort an den Postmeister von Mount Magnet. Inhalt: >Erwarte dringendes Telegramm aus Sydney. Bei Eintreffen bitte sofort an mich weiterleiten.< Unterschrift: Nathaniel Bonnar, Timbertown, Postlagernd.
2. 10.12 Uhr: Telegramm mit bezahlter Rückantwort an Mrs. Rose Curnow, 13 Trent Street, Geraldton. Inhalt: >Erhole mich prächtig. Erbitte sofortige Antwort, ob kurz vor Ostern Besuch mit den Kindern bei mir möglich.< Unterschrift: Nathaniel Bonnar, Timbertown, Postlagernd.
3. 10.20 Uhr: Telefongespräch mit Mrs. Luke Rhudder, Perth. Anfrage, ob alle gesund seien, und
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