Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bookman - Das ewige Empire 1

Bookman - Das ewige Empire 1

Titel: Bookman - Das ewige Empire 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lavie Tidhar
Vom Netzwerk:
scheinen auch sehr viele Menschen zu kennen«, sagte Orphan.
»Zum Beispiel Leichenräuber.«
    Mycroft seufzte. »Das war ein seltsamer Zufall, der Sie in jener
Nacht ins Souterrain des Krankenhauses geführt hat. Falls es ein Zufall war. Möglicherweise schulde ich Ihnen eine Erklärung.«
    Â»Sie könnten mir zunächst einmal verraten, warum Sie mich verfolgt
und an Bord dieses Luftschiffs haben bringen lassen«, sagte Orphan.
    Â»Wissen Sie«, entgegnete Mycroft, als hätte er Orphan gar nicht
gehört, »ich verachte diese Wiederauferstehungsmänner .
Die Vorstellung, dass es in dieser Stadt und zu unserer Zeit Grabräuber gibt,
ist einfach abscheulich. Und dennoch …« Er stellte ebenfalls sein Glas ab.
»Wenn es nicht um meinen Bruder ginge«, fuhr er fort, »würde ich mich niemals
mit solchem Gesindel wie Bishop und May einlassen.«
    Â»Ihr Bruder«, sagte Orphan, vor dessen innerem Auge plötzlich der
Mann in dem eisigen Sarg auftauchte, seine lange, vorspringende Nase, seine
Augen, die irgendwie … »Was ist mit ihm passiert?«, fragte er.
    Mycroft zuckte die Achseln, und ein schmerzlicher Ausdruck huschte
über sein Gesicht. »Das weiß ich nicht.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch,
sodass das leere Glas hin und her wackelte. »Ich weiß es nicht! Ich, der ich
eine Sammelstelle für Informationen bin, ich, bei dem alle Entscheidungen und
Beschlüsse aller Institutionen und Organe der Regierung zusammenlaufen – ich
weiß es nicht!«
    Â»Ist er tot?«
    Â»Ja. Nein. Man hat ihn gefunden. In der Schweiz. Auf dem Grund des …
aber Details spielen keine Rolle. Zweifellos war mein geheimniskrämerischer
Bruder irgendeinem kriminellen Komplott auf der Spur. Aber worauf oder auf wen
er es abgesehen hatte, weiß ich nicht.«
    Â»Er war Polizist?«
    Â»Beratender Detektiv«, erklärte Mycroft.
    Orphan nickte höflich, wenn auch verständnislos. Dann kam ihm ein
Gedanke. »Aber Sie vermuten, dass ein Verbrechen dahintersteckt.«
    Â»Sehr scharfsinnig«, erwiderte Mycroft. »Ja.«
    Â»Von wem begangen?«
    Mycroft stieß ein kurzes, bitteres Lachen aus. »Warum sollte ich
Ihnen das verraten?«, entgegnete er. Dem Ausdruck seiner Augen entnahm Orphan
jedoch, dass er bereits beschlossen hatte, es zu tun. Der Umstand, dass ihm
dieser Mann etwas anvertrauen wollte, erstaunte ihn – und jagte ihm zugleich
Angst ein. Er legte keinen Wert darauf, in seine Geheimnisse eingeweiht zu
werden.
    Â»Moriarty.«
    Verblüfft riss Orphan die Augen auf. »Der Premierminister?«
    Â»Eine Marionette«, sagte Mycroft, »die der Königin und ihrer
Dynastie wie ein Simulacrum dient. Während die Aufgabe des Regierens, die
unzähligen Entscheidungen, die stündlich getroffen werden müssen, damit sich
die Räder des Empire im Gleichtakt bewegen, in anderen, fähigeren Händen
liegen.«
    Zum Beispiel in Ihren, wie?, dachte Orphan im Stillen. »Wie sind Sie
auf Moriarty gekommen?«, wollte er wissen.
    Mycroft zuckte mit müdem Blick die Achseln. »Durch vereinzelte
Hinweise und diskrete Andeutungen. Dadurch, dass das Bruchstück einer
Information plötzlich in einem Zusammenhang auftauchte, in dem man es nicht
erwartet hatte.« Er verstummte und sah Orphan unverwandt an. »Es geht um die Marssonde.«
    In Orphan loderte Wut auf. Mycroft hob wie abwehrend die Hand. »Ich
glaube, mein Bruder war dabei, Ermittlungen zu Moriartys Raumfahrtprogramm
anzustellen. Ein Programm, das so geheim ist, dass man selbst mich nicht
darüber in Kenntnis setzte. Ich glaube, er wurde … beseitigt …, damit der
eigentliche Zweck des Programms nicht bekannt wird.«
    Orphan setzte an, etwas zu sagen, doch Mycroft kam ihm zuvor. »Ich
werde ihn nicht sterben lassen!«, brach es lautstark aus ihm heraus. Als er
aufblickte, schienen seine Augen eine stumme Bitte auszudrücken. »Er ist von
den besten Ärzten untersucht worden«, fuhr Mycroft in melancholischem Ton fort.
»Von Spezialisten, die sich mit dem Leben als solchem beschäftigen: Jekyll,
Narbondo, Mabuse, Moreau, West … Man hat ihn mit Sera behandelt, mit
Drüsenextrakten, Elektrizität, verschiedenen Strahlen sowie mit geheimen,
höchst komplizierten Methoden, die zu zahlreich sind, als dass man sie alle
aufzählen könnte. Trotzdem hat sich nichts an seinem Zustand

Weitere Kostenlose Bücher