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Bookman - Das ewige Empire 1

Bookman - Das ewige Empire 1

Titel: Bookman - Das ewige Empire 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lavie Tidhar
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die Finsternis. Zweige peitschten ihm ins Gesicht, irgendetwas knallte
schmerzhaft gegen sein Schienbein. Er stieß einen Fluch aus und fühlte sich
gleich viel wacher. Der vor ihm hergehende Aramis lachte leise.
    Er stolperte weiter, folgte Aramis blindlings, da er in der
undurchdringlichen Finsternis nichts zu erkennen vermochte. Das unablässige
Trommeln bestimmte seine Bewegungen. Der Rhythmus drang in ihn ein und legte
sich wie ein Gespinst über seine Gedanken. Wo wollten sie hin? Aus irgendeinem
Grund vertraute er Aramis, was vielleicht unklug war.
    Wie lange sie durch den Wald gingen, wusste er nicht. Der Roboter
war stets vor ihm, um ihm mit leichten Tritten den Weg zu weisen. Was gab es –
außer ihnen – auf dieser Insel? Welcher wilde Stamm schlug diese Trommeln?
    Orphan fiel erneut in einen traumartigen Zustand. Die Monotonie
dieses Ganges durch die Finsternis lullte ihn so ein, dass er erst, als sie
endlich haltmachten, ruckartig wieder zu sich kam. Überrascht stellte er fest,
dass über ihnen der allmählich heller werdende Himmel zu sehen war. Der Tag
brach an.
    Sie standen auf einer Lichtung, vor ihnen lag ein Tempel.
    Warum ein Tempel?, dachte er. Was er sah, war die Ruine eines
Gebäudes, gefertigt aus dem seltsamen grünen Metall der Echsen, das auch für
den Königlichen Palast in der Hauptstadt verwendet worden war. Der Bau hatte
ungefähr die Form einer Pyramide und hätte allen möglichen Funktionen dienen
können. Gleichwohl hatte Orphan das starke Gefühl, es handle sich um eine
Andachtsstätte. »Komm«, drängte Aramis, und Orphan folgte ihm. Sie ließen die
Bäume hinter sich, überquerten die Lichtung und gingen auf den Tempel zu –
falls es denn einer war.
    Das Trommeln wuchs zum Crescendo an, um gleich darauf zum
Hintergrundgeräusch abzuklingen. Orphan folgte Aramis zu einer Treppe aus
abgebröckeltem Stein, die zu einer dunklen Türöffnung führte. Vorsichtig stieg
er die Stufen hoch und trat ein.
    Drinnen war es dunkel, und es roch trocken und muffig wie in einer
Bibliothek, die nicht mehr benutzt wurde. Sofort musste er an den Bookman
denken und wäre fast umgekehrt. Doch er wusste, dass es jetzt kein Zurück mehr
gab.
    Es war so finster, dass er wünschte, sie hätten ein Licht. Lautlos
gingen sie einen Korridor entlang. Orphan ließ die Hand über die Wand gleiten,
die aus glattem Metall bestand und sich warm anfühlte.
    Plötzlich vernahm er vor sich ein Geräusch, das sich wie Wind
anhörte. Er blieb stehen. Aramis schien verschwunden zu sein. Nach kurzem
Zögern ging Orphan weiter, bis sein Fuß unversehens ins Leere trat. Er verlor
das Gleichgewicht, schrie auf und stürzte auf eine abschüssige Rampe, die er
unaufhaltsam hinabrollte.
    Als er unten ankam, blieb er, nach Atem ringend, mit geschlossenen
Augen liegen. In seinem Kopf pochte Schmerz. Der Boden unter ihm vibrierte vom
Dröhnen der Trommeln.
    Â»Stehen Sie auf.«
    Die Stimme, die nicht Aramis gehörte, klang rau und alt und hörte
sich an, als prasselte trockene Erde auf einen Metallsarg. Als Orphan die Augen
öffnete, sah er, wie um ihn herum schummriges Licht aufleuchtete. Er befand
sich in einem großen runden Raum, und ihm gegenüber …
    Er rappelte sich hoch und versuchte zurückzuweichen. In der Mitte des
Raums stand eine riesige Spinne, neben ihr – in respektvoller Entfernung –
Aramis, wie immer mit ausdruckslosem Gesicht. An Aramis’ Seite erblickte Orphan
Kapitän Wyvern.
    Â»Kommen Sie näher«, sagte die Spinne.
    Orphan sah die Spinne an. Irgendetwas stimmte da nicht. Ihr haftete
etwas seltsam Lebloses, nein, etwas Konstruiertes an. Eher aus Neugier als aus
Angst setzte er sich in Bewegung. Er wollte sie genauer in Augenschein nehmen.
    Wenige Meter vor der Spinne blieb er stehen, um die Kreatur von oben
bis unten zu mustern. Fast hätte er einen Seufzer ausgestoßen. Der fette,
knollige Körper wurde von kräftigen Metallbeinen getragen. Zwei schwarze Augen,
die wie polierte Knöpfe wirkten, starrten zu ihm herunter. Die Spinne hatte,
wie er fand, starke Ähnlichkeit mit dem Bookman, war ein insektoides Geschöpf,
das nicht aus lebendem Gewebe bestand, eine Maschine und zugleich viel mehr. Er
starrte das Wesen an und versuchte, sich an etwas zu erinnern, das Byron gesagt
hatte …
    Â»Sie sind also der Bote«, bemerkte die Spinne,

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