Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)
hatte Devane sich bereits von ihnen abgewandt. Er nickte seinem Kammerdiener kurz zu, und prompt wurde seine Zigarette gegen ein geladenes Gewehr eingetauscht. »Ich fürchte, dafür haben wir jetzt keine Zeit mehr«, sagte er nahezu euphorisch. Dann hob er die Waffe.
Reflexartig wollte Eliza ebenfalls anlegen, da trat Wellington unerwartet leichtfüßig auf sie zu und hielt den Lauf ihrer Flinte fest. Er nahm ihr sogar die Waffe ab, und seine Augen versicherten ihr: Ich komme schon zurecht. Als sie sich wieder Devane widmen wollten, hatte er sich bereits abgewandt und entfernte sich von ihnen. Was immer ihn derart in Aufregung versetzt hatte, verhieß nichts Gutes.
Kurz darauf hörten sie einen Schrei, der ihre Befürchtungen offenbar bestätigte. In diesem schrecklichen Moment schien die Zeit stillzustehen. Die Fairbanks – oder vielmehr die Journalisten, die sich als Harold und Delilah Fairbanks ausgaben – stolperten durchs Unterholz, und zwar in beredtem Tempo. Es bestand kein Zweifel – die beiden rannten um ihr Leben. Eliza hätte zu gern das Feuer auf die Jäger eröffnet, die es auf die falschen Fairbanks abgesehen hatten, so sie denn bewaffnet gewesen wäre. Es ging jedoch alles viel zu schnell. Die Beobachtung war einfach, doch die Reaktion blieb weit dahinter zurück.
Sowohl die sogenannten Brüder als auch die Initianden schossen auf die beiden Journalisten, die – absichtlich oder zufällig – einen Zickzackkurs einschlugen, aber auf dem unebenen Boden nur strauchelnd vorwärtskamen.
Molly wollte schreien und um Gnade flehen, doch es kam nur ein ersticktes Krächzen aus ihrer Kehle, während Fred sie hinter sich herzerrte. Auch Eliza war die Kehle wie zugeschnürt. Molly und Fred hatten kein Glück, und die Brüder waren keine schlechten Schützen.
Gelassen hatte Devane sein Gewehr angelegt und verfolgte die Flüchtenden mit einer gleichmäßigen, horizontalen Bewegung des Laufs. Dann feuerte er zweimal. Zwei Schüsse, zwei perfekte Schüsse. Molly fiel zu Boden, unmittelbar gefolgt von Fred. Einer der Schüsse war barmherzigerweise ein Kopfschuss gewesen, aber Eliza wollte sich der Magen umdrehen, als ruckartiges Rascheln aus dem Unterholz zu hören war, dazu gurgelndes Husten. Eliza erkannte an dem Todeskampf der Frau, dass sie ein Loch in der Kehle haben musste. Molly erstickte an ihrem eigenen Blut – sie starb langsam und qualvoll.
»Na also, das ist doch ordentlicher Sport!«, brach es aus Devane hervor. Er war ekstatisch. »Möchten Sie ihr den Rest geben, alter Knabe?«, fragte er Wellington.
»Verzeihen Sie, dass ich es sage, Bartholomew«, hörte Eliza Wellingtons Stimme, doch sie konnte sich nicht von dem grauenhaften Geschehen abwenden. Molly konnte nicht älter als zwanzig gewesen sein. »Aber ich ziehe es vor, beim ersten Schuss zu töten.«
Devanes Gelächter verwandelte sich in ein angewidertes Stöhnen. »Ach was. Hewitt?«, sagte er über die Schulter hinweg und hielt dem Mann hinter sich das leer geschossene Gewehr hin. »Bitte kümmern Sie sich um diese jämmerliche Kreatur.«
»Sehr wohl, Sir«, erwiderte der Mann und ersetzte Devanes Waffe durch dessen noch brennende Zigarette.
Hewitt überprüfte flüchtig einen Revolver und schritt dann ins Unterholz davon, wo man Mollys weißes Kleid zucken sah – und die dunkelroten Spritzer darauf.
Eliza wurde schlagartig schwindelig, als sie begriff, dass Molly noch immer das Kleid von letzter Nacht trug. Vollkommen reglos standen die beiden Agenten da und beobachteten, wie Hewitt sich der Frau näherte. Eliza konnte kaum atmen, war vor lauter Entsetzen regelrecht handlungsunfähig.
Devane kostete einen weiteren langen Zug von seiner Zigarette und sah sie durch den Rauch hindurch an. »Journalisten. Mitnichten die richtigen Leute für uns – und außerdem höchst ungehörig, sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen bei jemandem einzuschleichen. Havelock hat sie sofort durchschaut. Wir dulden keinen Betrug, alter Knabe.«
Da hatten sie die Bestätigung: Diese Gesellschaft des Phönix war viel mehr als einfach nur ein moderner Hellfire Club. Eliza rückte unmerklich näher an Wellington heran. Gegen eine Gruppe, die mit Waffen von großer Reichweite ausgestattet war, standen ihre Chancen auf Entkommen nur geringfügig besser …
Ein Schuss hallte über das Gelände. Eliza zuckte mit keiner Wimper. Wellington ebenso wenig. Sie mochte sich nach außen hin nichts anmerken lassen, aber innerlich gab sie Molly ein
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