Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)
sowie die Zerstörung eines tadellosen Dinnerjacketts können dafür Zeugnis ablegen«, brummte er.
»Gewiss nicht ungebührlicher als Ihr Versuch, sich mit diesem ordinären Weib unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in unsere hehren Hallen einzuschleichen.« Havelocks Stimme hatte einen scharfen Unterton bekommen.
Wellington hob zu einer beißenden Erwiderung an, besann sich jedoch eines Besseren.
»Allenfalls könnten Sie mir jetzt mit ›für Königin und Vaterland‹ und derlei Blödsinn kommen, aber die Tatsache, dass Sie zu solch hinterlistigen Taktiken greifen mussten – erbärmlich.«
»Vielleicht«, sagte Wellington, »aber in Anbetracht Ihrer gefühllosen Einstellung zu einem Menschenleben oder Ihrer offenkundigen Respektlosigkeit gegenüber der Krone, kommt es mir doch so vor, als …«
»Wären wir beide ausgemachte Schurken«, versetzte Havelock.
Wellington nickte knapp. »Augenscheinlich.«
»Jedoch Schurken mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen.« Havelock deutete zum Eingang, und unter Pearsons wachsamem Blick setzten sie ihr Gespräch in seine Richtung fort. »Ihre Absicht ist, wie ich annehme, die Erhaltung des Empires. Mein Vorhaben ist indessen gar nicht so weit von Ihrem entfernt. Auch mein Plan betrifft das Empire, aber ich setze mich in erster Linie dafür ein, ihm seinen rechtmäßigen Platz in der Welt zurückzugeben.«
»Sie wollen sozusagen etwas von dem verblichenen Ruhm wiederherstellen?«
Wellington hatte die Frage eigentlich als Kränkung gemeint, doch Havelocks Bekräftigung folgte prompt: »Genau! Es gab eine Zeit, da waren wir mehr als nur ein kleines Fleckchen Erde im Atlantik. Wir hatten maßgeblichen Einfluss in der gesamten Welt. Wir waren nicht nur die bedeutendste Macht der Welt – nein, wir waren die Welt, das Herz und die Seele der Zivilisation! Um das zu erreichen, wofür wir in der Gesellschaft des Phönix einstehen, Mr. Books, müssen wir im Verborgenen wirken und Risiken eingehen, die die Krone komplett ignoriert. Und angesichts Ihres Spezialgebietes müssten doch gerade Sie wissen, wie die Mächtigen über Risiken denken. Inspiration darf und sollte nicht so leichtfertig abgetan werden.«
Der Tatendrang und die Entschlossenheit in seiner Stimme veranlassten Wellington, sich zu ihm umzudrehen. In Dr. Devereux Havelocks Augen brannte ein Feuer, das er noch von seinen früheren Vorträgen kannte, bevor der Wissenschaftler und Visionär in den akademischen Kreisen zu einem »brillanten Einsiedler« geworden war. Die Schlussfolgerungen und Theorien des guten Doktors hatten Wellington stets beeindruckt, aber viele davon waren allzu radikal oder – treffender formuliert – allzu gefährlich, als dass die Wissenschaft sie hätte in die Tat umsetzen dürfen.
Allerdings würde Wellington niemals zugeben, nicht einmal sich selbst gegenüber, welch inspirierende, welch ansteckende Wirkung die Worte dieses Mannes hatten. Mitunter musste man, jawohl, gewisse Risiken eingehen, um die Menschheit voranzubringen. Der Mut zum Risiko hatte den Menschen aus den Höhlen getrieben, damit er sich weiterentwickeln konnte, aus den Werften von Spanien, um die Länder jenseits der Meere zu entdecken, und fort von der Erde selbst, um mit Luftschiffen den Himmel zu erobern.
Diese Leidenschaft nun aus der Nähe zu erleben, war geradezu berauschend. »Und Sie möchten also, dass ich eine Rolle in dieser kühnen Vision von Britanniens Zukunft spiele?«
Havelock sah Wellington an, drohte ihm scherzhaft mit dem Finger und verzog den Mund zu einem wahrlich boshaften Grinsen. »Ach, seien Sie jetzt bloß nicht so bescheiden oder zurückhaltend. Ich habe das Staunen in Ihren Augen gesehen, als die Mechamannen das erste Mal auf der Bildfläche erschienen sind. Und das hatte nichts mit Ihrer übergestülpten Persönlichkeit zu tun, sondern mit tief empfundener Ehrfurcht. Die technische Planung, das handwerkliche Geschick hat Sie sichtlich beeindruckt. Als Sie dann ihre Bewaffnung vorgeführt bekamen, waren Sie restlos begeistert.«
Hitze stieg in Wellington auf, sein Kragen schien ihm plötzlich zu eng. Ja. Havelock hatte ihn durchschaut: Die Mechamannen waren ein atemberaubendes Meisterwerk der Ingenieurskunst.
»Kein Grund für Schamgefühle, Books«, fuhr er fort und deutete geradeaus. »Genau genommen war Ihre Reaktion eine herrlich erfrischende Abwechslung. Können Sie sich vorstellen, wie viele meiner Brüder behaupten, meine Arbeit zu bewundern und zu respektieren? Wenngleich ich
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