Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)
Wellington auf seinem Stuhl zurück und nahm einen langen Schluck von seinem Bier, während er sich die ganze Geschichte noch einmal durch den Kopf gehen ließ. »Nun, zumindest wissen wir jetzt, wie das Medaillon im Ministerium gelandet ist. Harry selbst hat es geschickt.«
»Es beweist, dass er einer bestimmten Sache auf der Spur war.« In einem Zug leerte sie ihr Glas.
»Wohl kaum.« Langsam schwenkte Books den letzten Rest von seinem Bier. »Ein seltsames Medaillon und die Aussage eines Gastwirts beweisen so gut wie gar nichts.«
Hatte er denn keine Fantasie? Dieser Mann brachte sie zur Weißglut. Er konnte doch nicht ernsthaft an einen Zufall glauben, wenn Harry, der bis dahin keinerlei Anzeichen einer Geisteskrankheit gezeigt hatte, kurz darauf als faselndes Wrack aufgefunden wurde.
»Ich brauche einen Whisky«, knurrte sie. Diesmal war Books nicht so begriffsstutzig und ging zur Bar.
Prompt streifte Eliza ihre unbekümmerte Haltung ab und nutzte die Gelegenheit, den Tisch genau unter die Lupe zu nehmen. Harry war ein wahrer Meister im Verbergen von Hinweisen gewesen. Immer wieder hatte er für sie kleine Notizen in ihrem Schreibtisch versteckt, und sogar auf ihren gemeinsamen Einsätzen war ihm das gelungen, ohne dass sie ihn je dabei erwischt hätte. Die Erinnerung an eine anzügliche Warnung, die sie im Büro von Thaddeus Morne gefunden hatte – die er versteckt haben musste, während sie dieses durchsuchten –, entlockte ihr selbst jetzt noch ein Lächeln.
Sie strich an der Tischkante entlang und ließ die Finger dann über die Unterseite gleiten, betastete jede Spalte. Und da war sie: die Herzdame, eingeklemmt zwischen der runden Holzplatte und dem Tischbein. Eliza blieb nicht viel Zeit, bevor Wellington zurückkam, nur eine Sekunde, um einen flüchtigen Blick auf die Karte zu werfen. Sie erkannte Harrys sorgfältige Handschrift, und ihr Puls begann zu rasen. Hastig schob sie die Spielkarte tief in ihr Korsett, bis zum Herzen. Wie überaus passend.
Jetzt hatte sie ihre Antwort.
Die Erinnerung an Harrison Thorne hatte sie dermaßen aufgewühlt, dass sie Wellington das Glas förmlich aus der Hand riss und den Whisky einfach hinunterkippte.
Als er sie mit großen Augen anstarrte, lachte sie. »Und nun zeige ich Ihnen, wie wir Kolonisten trinken.«
Kapitel 9
In welchem Wellington Books sich als wahrer Gentleman erweist, sich für einen kleinen Trick aber dennoch nicht zu schade ist
»Aaaaaaaaaaaand it’s NO – NAY – Neverrrrrrrrr … no nay never NO MOOOOOOOORRRE ... will I plaaaaay the Wild Roverrrr. No neverrrrr no mooooooooooorrrrre … «
Der schmetternde Gesang dieser Frau war machtvoll genug, um Tote zu wecken. In Amerika …
Er blieb auf dem Treppenabsatz stehen und schob sich die Frau auf seiner Schulter zurecht, damit sie ihm nicht wegrutschte. Dieses Vorgehen entlockte ihr ein höchst undamenhaftes Kichern. Wellington holte tief Luft und warf einen Blick nach oben. Noch ein Stockwerk. Schwer stapften seine Füße über die Stufen in Eliza Brauns Treppenhaus. Ja, anfangs war sie durchaus bemüht gewesen, den Aufstieg ohne fremde Hilfe zu meistern, doch das hatte sich als äußerst hinderlich erwiesen. Diese Frau konnte trinken wie ein Seemann, da gab es kein Vertun. Es grenzte wahrhaft an ein Wunder, dass sie überhaupt noch fähig gewesen war, vom Tisch aufzustehen, ihren Umhang zu schließen und sich an den Hut zu tippen, als Abschiedsgruß an die wenigen verbliebenen, ebenso trinkfesten Gegenspieler ihres langen, unwirklichen Abends im Ye Olde Cheshire Cheese .
»Sie haben sich wacker gehalten, Kumpel«, lallte Braun.
Die Mischung aus Scotch und Bier, die ihm aus ihrem Mund entgegenschlug, war äußerst abstoßend. Ihm blieb nur zu hoffen, dass ihr Magen genauso kräftig war wie ihre Konstitution. »Nun«, erwiderte er so gelassen wie möglich, »ich hatte das große Glück, dass Sie mich unter Ihre Fittiche genommen haben, Miss Braun.« Er hatte gedacht, es wären weitaus weniger Stufen, als er von unten hinaufgeschaut hatte, aber nun schienen sie kein Ende zu nehmen.
»Eliza! Verdammt noch mal, mein Name ist Eliza!«, beharrte sie. »Jetzt hören Sie aber mal auf, Welly! Wir lernen uns doch gerade etwas kennen, was, Kumpel?« Sie gab ein kurzes Schnauben von sich. »Kommen Sie, wir singen ein Lied!«
»Es ist ein wenig spät, Miss …«
» AAAAAAAAAAAAAAND it’s all form e grog, me jolly jolly grog … « Auch bei diesem irischen Folksong hallte ihre Stimme durch das
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