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Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)

Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)

Titel: Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tee Morris , Pip Ballantine
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war die letzte Vergünstigung, die sie den Techniktüftlern aus dem Kreuz geleiert hatte, ehe sie in die Antarktis aufgebrochen war. Doch im letzten Moment hatte sie sich entschieden, die Waffe nicht einzupacken. Und es leuchtete durchaus ein, dass es in der arktischen Kälte keine gute Idee gewesen wäre, den Arm in eine Messinghülle zu stecken.
    Glücklicherweise waren Konstrukteure nicht die Besten, wenn es um lästigen Papierkram ging.
    Ihr Panzerhandschuh ließ sich mühelos bewegen, als sie mit den Fingern wackelte, und ihre blutrünstige Seite hoffte, dass dieser schwer fassbare Attentäter erneut auftauchte. Dann lägen die Dinge ganz anders, dachte sie selbstgefällig. Die Zahnräder tickten und surrten, während sie das Handgelenk drehte und die gespreizten Finger zur Faust ballte. Ihr Herz pochte etwas lauter, und das Blut rauschte ihr in den Ohren, wie immer, wenn sie einen Feind des Empire durch die Straßen der Stadt jagte oder wenn sie mit einem Geheimagenten aus Übersee eine Liebesnacht verbrachte, sobald sich der Auftrag dem Ende näherte. Heute Abend war Eliza D. Braun endlich wieder dort, wo sie hingehörte.
    Sollte Books doch sein Archiv behalten. Das hier war das wahre Leben.
    Eliza war so von ihrem Hochgefühl vereinnahmt, dass sie beinahe die Männer übersehen hätte, auf die sie gewartet hatte und die gerade um die Ecke des Hospitals bogen. Sie kamen nicht durch den Haupteingang, der in erster Linie den Besuchern und Krankenschwestern vorbehalten war. Diese Männer waren entweder die Pförtner oder die Krankenpflegehelfer des Royal Hospitals.
    Als sie lauthals lachend die Straße entlanggingen, froh und dankbar, dass sie endlich Feierabend hatten, folgte Eliza ihnen in kurzer Entfernung. Sie hätte auch auf den Panzerhandschuh verzichten und – nach wie vor als Journalistin getarnt – Smiths Ärztekollegen befragen können; dann hätte sie sich vielleicht anhören müssen, was für ein fabelhafter Mann er doch gewesen sei, wie sehr sie ihn alle vermissten und wie unfassbar sie es fanden, dass eine so freundliche Seele ein derart schreckliches Schicksal ereilt hatte.
    So war das mit den Gutbetuchten – sie verbargen ihre wahren Gefühle immer hinter guten Manieren.
    Wollte man die Wahrheit über jemanden erfahren, fragte man am besten seine Untergebenen – vor allem, wenn sie der Arbeiterklasse angehörten. Denn die pflegten auszusprechen, was sie wirklich über ihren Vorgesetzten dachten, ganz gleich, ob er gerade erst oder vor einem Jahr in die Luft gesprengt worden war.
    Drei Straßen weiter verschwanden die Männer in einer kleinen Eckkneipe. Eliza blieb draußen stehen und prägte sich den Namen ein – Liar’s Oath. Sie ließ den Arbeitern ein bisschen Zeit, damit sie sich ein Bier bestellen und ein wenig mit ihren Kameraden plaudern konnten. An diesem Abend trug sie ein weniger aufreizendes Kleid, sodass sie nicht befürchten musste, für ein leichtes Mädchen gehalten zu werden. Trotzdem gemahnte sie ihre in Messing gehüllte, auf ihr Korsett gepresste Hand, wie gefährlich es für eine unbewaffnete Frau sein konnte, sich in den Straßen von Whitechapel herumzutreiben.
    Für eine schwer bewaffnete Frau hingegen war der Ärger vorprogrammiert.
    Eliza drückte die Eichentür auf und betrat das Liar’s Oath. Wie in den meisten kleinen Arbeiterpubs der Gegend war es gerammelt voll. Der Geruch von Zigarettenqualm und Alkohol katapultierte Eliza zurück in ihre Kindheit, und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte sie, nur den Kopf drehen zu müssen, um ihre Mutter hinter der Theke Bier zapfen zu sehen. Doch als sie durch das Gedränge tatsächlich einen Blick auf die Theke werfen konnte, war niemand dort. Aber was Eliza stattdessen sah, ließ ihr Herz höher schlagen. Wie sehr sie technische Wunderdinge doch liebte.
    Lord McTighe, ein Aristokrat und Erfinder aus den schottischen Highlands, hatte die Combobula-Theke konstruiert; und in einer Geste exzentrischer Philanthropie hatte er sie an Arbeiterkneipen im ganzen Land verteilt. Seine Gründe für diese Erfindung waren vermutlich auf die Tatsache zurückführen, dass er nicht nur irrsinnig, sondern auch irrsinnig galant war. »Fraun solltn nich von betrunknen Gästn begrapscht wern!«, hatte man ihn in seiner Stammkneipe in Edinburgh nuscheln hören.
    Wahrscheinlich war die glänzende Theke aus Messing und Holz für die Überfüllung des kleinen Schankraums verantwortlich, doch nicht einmal Eliza konnte deren Anmut und Schönheit

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