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Boomerang

Boomerang

Titel: Boomerang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewis
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in Topform. Und da es keine Verluste geben werde, würde das Versprechen nichts kosten.
    Was genau auf der Sitzung am Abend des 29. September 2008 besprochen wurde, ist erstaunlicherweise bis heute nicht so ganz bekannt. Die Regierung hat Anfragen auf Herausgabe der von den Teilnehmern angefertigten Notizen auf der Grundlage des Gesetzes über Informationsfreiheit zurückgewiesen. |138| Abgesehen vom Premierminister und den Mitgliedern der Bankenaufsicht saßen am Konferenztisch des Finanzministeriums nur noch die Chefs zweier noch nicht in Ungnade gefallener irischer Großbanken: AIB und Bank of Ireland. Sie logen Brian Lenihan entweder an, was das Ausmaß ihrer Verluste betraf, oder kannten dieses selbst nicht. Oder beides. »Damals sagten sie alle das Gleiche: ›Wir halten nichts Minderwertiges‹«, erzählt mir ein irischer Bankenanalyst. Damit meinten sie, dass sie es vermieden hatten, Kredite an fragwürdige US-Schuldner zu vergeben. Tunlichst verschwiegen wurde aber, dass ganz Irland im Zuge des allgemeinen Marktrauschs minderwertig geworden war. An sich solide irische Kreditnehmer waren allein durch die Höhe der zum Kauf überteuerter irischer Immobilien aufgenommenen Darlehen unsolide geworden. Die große Ironie der irischen Blase bestand darin, dass eine Nation, die sich endlich aus Jahrhunderten der Schuldknechtschaft herausgekämpft hatte, wieder in diese zurückfiel.
    Der Bericht von Merrill Lynch, der den Banken bescheinigte, sie seien »fundamental solide«, untermauerte alle Geschichten, die die Banken dem Finanzminister auftischten. Der Bankenaufseher der irischen Regierung, Patrick Neary, bestätigte Merrills Urteil. Morgan Kelly galt nach wie vor als intellektueller Wirrkopf. Zumindest war damals niemand zugegen, der ihn ernst genommen hätte. Die Anglo-Irish-Aktie war am selben Tag um 46 Prozent gefallen, bei AIB betrugen die Kursverluste 15 Prozent. Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass eines der Institute oder auch alle beide zu Anfang der nächsten Börsensitzung am Ende sein könnten. Ohne staatliches Eingreifen würden die übrigen Banken von Anglo Irish mit in den Abgrund gerissen werden. Lenihan stand vor folgender Wahl: Sollte er den Menschen glauben, die ihn umgaben, |139| oder den Finanzmärkten? Sollte er der Familie vertrauen oder den Experten? Er hielt sich an die Familie. Irland sagte seine Unterstützung zu. Und das war sein Untergang.
    ***
    Schon damals erschien die Entscheidung merkwürdig. Genau wie die großen amerikanischen Geldinstitute schafften es die irischen Banken, einer Menge Leute weiszumachen, sie seien so eng mit der Wirtschaft verflochten, dass ihr Scheitern auch viele andere Bereiche in die Knie zwingen würde. Doch das traf zumindest nicht in jedem Fall zu. Die Anglo Irish Bank verfügte über lediglich sechs Filialen, keine Geldautomaten und, mit Ausnahme der Bauträger, keine substanziellen Beziehungen zur irischen Wirtschaft. Sie vergab Kredite für den Erwerb von Land und für Bauprojekte – mehr nicht. Das tat sie mit Geld, das sie sich im Ausland geliehen hatte. Ihrem Wesen nach war sie nicht systemgefährdend. Das wurde sie erst durch die Vergemeinschaftung ihrer Verluste.
    Und überhaupt – wenn die Iren ihre Banken retten wollten, warum hatten sie dann nicht nur die Einlagen garantiert? Zwischen Einlegern und Anleiheinhabern gibt es einen wesentlichen Unterschied: Einleger können flüchten. Die unmittelbare Gefahr für die Banken bestand darin, dass Sparer, die ihr Geld bei ihnen deponiert hatten, dieses abheben und die Banken mittellos zurücklassen würden. Die Anleger, denen die Anleihen irischer Banken über rund 80 Milliarden Euro gehörten, steckten jedoch fest. Sie konnten ihr Geld nicht aus der Bank herausziehen. Und ihre 80 Milliarden Euro entsprachen ziemlich genau den am Ende erlittenen Verlusten der irischen Banken. Diese privaten Anleihegläubiger hatten keinerlei Anspruch darauf, mit Hilfe des irischen Staates heil aus der |140| Sache herauszukommen. Ja, sie
rechneten
gar nicht damit. Erst kürzlich sprach ich mit einem ehemaligen leitenden Wertpapierhändler von Merrill Lynch, der am 29. September 2008 ein großes Paket Anleihen einer irischen Bank hielt. Er hatte bereits versucht, sie zum halben Preis an die Emittentin zurückzuverkaufen – will heißen, er war bereit, einen enormen Verlust in Kauf zu nehmen, nur um sie loszuwerden. Als er am Morgen des 30. September aufwachte, besaßen seine Anleihen auf einen Schlag wieder

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