Borderlands
hinterher erzählt. Haben mich die Kleider verbrennen lassen, die sie
trug.«
»Wir glauben
zu wissen, wen sie meinen, aber Sie müssen uns ihre Namen nennen.«
»Ratsy und
Johnny Cashell. Ratsy hat es getan. Cashell hat ihm geholfen, die Leiche
loszuwerden, glaube ich.«
»Warum haben
sie sie getötet?«, fragte Williams.
»Befehle.
Jemand hat sie dafür bezahlt«, erklärte er. »Sehen Sie, Ratsy und wir haben
zusammen als Türsteher gearbeitet, als ich jung war – Anfang, Mitte zwanzig.
Aber Ratsy hatte noch andere Sachen laufen. Wir haben ihm geholfen, wenn er ein
bisschen Verstärkung brauchte. Er war ein nervöser kleiner Scheißer. Er hat uns
Arbeit besorgt – wir mussten ihm aushelfen. Wenn man einmal drinhängt, kann man
nicht mehr zurück. Wir waren alle dafür verantwortlich. Aber unser Terry doch
nicht«, sagte er, und erneut war er weit weg, mochte sich wieder und wieder die
letzten Augenblicke seines Sohnes ausmalen. Er schluchzte, sodass sein gesamter
Körper bebte, und er tat nichts, um die Tränen zurückzuhalten. Auf der anderen
Seite des Zimmers saß Kathleen Boyle auf der Kante eines Sessels und
beobachtete ihn mit einer Mischung aus Mitleid und Abscheu.
»Warum,
glauben Sie, hat er es getan?«, fragte Williams.
»Jemand hat
ihn beauftragt. Ratsy hat nie irgendwas getan, wofür er nicht bezahlt wurde.«
»Wer, glauben
Sie, hat ihn dafür bezahlt?«, fragte ich.
Er schüttelte
den Kopf, dann tat er einige tiefe Atemzüge, bis die Tränen versiegten. »Könnte
jeder gewesen sein«, meinte er. Auf seinen Lippen hatten sich Speichelbläschen
gebildet.
»Welche
Verbindung besteht zwischen Ratsy und IID ?«, fragte Williams.
Seamus Boyles
Miene war anzusehen, dass er keine Ahnung hatte, wovon wir sprachen. »Könnte
jeder gewesen sein«, wiederholte er, niedergeschmettert von der Wendung, die
sein Leben genommen hatte.
Williams setzte mich an der Polizeiwache ab,
die nun beinahe völlig im Dunkeln lag. Abends ziehen wir die Rollos herunter,
lassen aber drinnen das Licht brennen. Dadurch sieht es für Passanten so aus,
als wären die Gardai immer wachsam, während wir in Wirklichkeit meistens zu
Hause sind, unsere Kinder baden oder uns einen Film im Fernsehen anschauen und
dabei ein Bier trinken.
Ich sah in unserem Lagerraum-Büro vorbei und
nahm einen Stapel Papiere vom Schreibtisch, die man für mich hinterlassen
hatte. Zuoberst lag ein Fax, von dem ich annahm, es stamme aus Templemore. Da
war auch eine Notiz des Inhalts, zwei Kollegen aus Sligo würden morgen zu uns
kommen und mit der Ermittlung der Umstände von Whitey McKelveys Tod beginnen;
ich sollte mich zur Verfügung halten. Ich rief Debbie an und entschuldigte mich
dafür, dass ich zu spät zum Abendessen kommen würde, klopfte auf
meine Jacke, um zu überprüfen, ob ich meine Waffe auch wirklich dabeihatte, und
schloss für die Nacht ab.
Als ich den
Schlüssel im Schloss des Haupteingangs drehte, mit dem der Riegel vorgeschoben
wurde, bemerkte ich eine Person, die mich beobachtete. Es war eine untersetzte
Frau, die ihr blondes Haar zu Rattenschwänzchen gebunden hatte. Die Hände hatte
sie tief in den Taschen eines Tweedmantels vergraben, der einem Mann besser
gestanden hätte.
»Ich kenne Ihr
Gesicht«, sagte sie. »Sie sind dieser Detective.«
Ich lächelte
ein wenig verunsichert und ging auf sie zu. »Das stimmt. Kann ich Ihnen
helfen?«
»Ich heiße
McKelvey. Liam war mein Sohn.«
Völlig
überrumpelt blieb ich stehen,. »Mrs McKelvey, es tut mir so leid. Ich …«
»Ich hab Sie
im Fernsehen gesehen, da ham Sie gesagt, Sie hätten die Familien von denen, die
wo gestorben sind, besucht. Wie kommt’s, dass sie uns nich besucht ham? Uns
Fahrende? Sind wir Ihnen nich gut genug, Officer?«, fragte sie und betonte das
letzte Wort voller Verachtung.
»Nein, das
stimmt nicht. Ich … ich wollte Sie besuchen. Ich … ich, ich habe mich wohl
schuldig gefühlt. Es tut mir leid.«
Ich ging
weiter auf sie zu, die Arme ausgestreckt, und dachte ganz kurz, sie würde meine
Hände ergreifen und damit meine Schuldgefühle lindern.
Stattdessen
räusperte sie sich kräftig und spuckte mir einen Batzen Schleim ins Gesicht.
Dann drehte sie sich um und ging davon. Erst im Auto könnte ich es mir
gestatten, mir den Speichel aus dem Gesicht zu wischen.
Während ich in
meinen Taschen nach dem Autoschlüssel tastete, hörte ich hinter mir – zu spät –
Schritte und das Rascheln von Kleidung. Ich wirbelte herum und sah nur die
Schatten
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