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Borderlands

Borderlands

Titel: Borderlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B McGilloway
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zweier männlicher Gestalten, die sich mit erhobenen Armen auf mich
stürzten. Beim ersten Schlag explodierten rote und grüne Blitze vor meinen
Augen, und ich fiel mit dem Gesicht voran in den Rinnstein. Ich spürte, wie mir
Sand und kleine Steinchen übers Gesicht scheuerten, schmeckte Straßendreck im
Mund. In meinem Kopf pochte es dumpf, und eine plötzliche Kälte breitete sich
von der Stelle aus, an der man mich getroffen hatte. Benommen führte ich die
Hand an den Hinterkopf und betastete ihn, spürte etwas Klebriges, und wusste,
auch ohne es zu sehen, dass es Blut war. Eine Flasche zerschellte neben mir am
Boden, und ich versuchte, mein Gesicht mit den Armen zu schützen, als Stiefel
mich mit dumpfem Laut in Oberkörper und Beine traten. Einer der Tritte traf
mich am Hinterkopf, dort, wo Schädel und Wirbelsäule aufeinandertreffen; mit
einem hässlichen Geräusch rieben die Knochen aneinander, und der Magen drehte
sich mir um. Der Nachthimmel begann sich zu drehen, dann versank alles in
Dunkelheit.

15
    Dienstag, 31. Dezember
     
    Mehrmals kam ich zu mir und verlor erneut das
Bewusstsein. Ich erinnerte mich an ein Paar jeansbekleideter Beine, die
fortrannten, und dachte, ich hätte ein altes blaues Auto vorbeifahren sehen.
Die Straßenlaternen tanzten um mich herum, der dichte Schneefall flimmerte
beklemmend an den Rändern meines Blickfeldes. Ich musste würgen, doch es kam
nichts heraus. Schließlich schlitterte und rutschte ich über den Bürgersteig
bis zur nächsten Häuserreihe, die am Ende der Straße auf dem ehemaligen
Grundstück der Irrenanstalt stand.
    Vierzig Minuten später lag ich im Krankenhaus
neben dem Finnside-Pflegeheim und wurde zum zweiten Mal in dieser Woche ärztlich
versorgt. Bald darauf traf Debbie ein und legte die Arme um mich. Sie schimpfte
mich aus, obwohl sie wusste, dass es nicht meine Schuld gewesen war; sie hatte
sonst nur niemanden, mit dem sie hätte schimpfen können.
    Die Ärztin
sagte mir, ihrer Meinung nach solle ich über Nacht bleiben für den Fall, dass
ich eine Gehirnerschütterung hatte. Ich bat sie um ein Schmerzmittel, damit ich
nach Hause gehen konnte. Schließlich ließ sie sich erweichen und wickelte mir
einen dicken Verband um die Rippen, die mit Striemen und Blutergüssen verziert
waren, rötlich-violett wie Schneewolken in der Dämmerung. Als ich vorsichtig
meine Verletzungen abtastete, musste ich an Johnny Cashell denken und fragte
mich, ob diejenigen, die ihn in mehr oder weniger dem gleichen Zustand
zurückgelassen hatten, auch für den Überfall auf mich verantwortlich waren.
Immerhin hatten meine Angreifer zugeschlagen, als ich mich von McKelveys Mutter
abgewandt hatte. Sollten es tatsächlich Traveller gewesen sein, bestünde kaum
eine Chance, dass ich sie je zu fassen bekäme. Sie würden sich einfach in ihrer
großen Sippschaft verlieren, würden ihre Sachen zusammenpacken und für eine
Weile anderswo ihr Lager aufschlagen. Und in gewisser Weise glaubte ich auch,
dass ich es verdient hatte. Der Katholik in mir hatte das Bedürfnis nach einer
Bestrafung, und nun konnte ich mir – vielleicht – vergeben.
    Trotz der Schmerzmittel konnte ich in dieser
Nacht wieder nicht schlafen, fortwährend tobten mir Ängste durch den Kopf. Ich
döste unruhig bis drei Uhr dreißig, wachte mehrfach auf und klaubte die
Bettdecke wieder vom Boden oder befreite meine Füße daraus. Debbie lag in
seliger Unwissenheit zusammengerollt neben mir. Trotz der Tabletten pochte es
dumpf in meinem Kopf, wenn ich mich hinlegte, und Arme und Beine schmerzten wie
nach einer Strapaze. Schließlich stand ich auf.
    Shane atmete leise pfeifend in der Wiege, die
am Fußende des Bettes stand. Er schlief mit ausgestreckten Armen, das Gesicht
zur Seite gedreht und die Lippen geschürzt. Ich stand da, betrachtete ihn und
fragte mich nicht zum ersten Mal, wie etwas so Perfektes und Schönes aus etwas
hervorgegangen sein konnte, woran ich beteiligt gewesen war. Ebenfalls nicht
zum ersten Mal grollte ich meinem Beruf, der mich so häufig von ihm und Penny
und Debs fernhielt. Ich fragte mich auch, ob ich diesen Beruf gerade deshalb
gewählt hatte, weil er mich ebenso stark beanspruchte wie das
eigentliche Leben.
    Ich mochte
dieser Frage nicht auf den Grund gehen, also nahm ich meine Zigaretten und das
Feuerzeug und ging hinunter in die Küche, um zu rauchen. Im Dunkeln saß ich in
der offenen Tür und versuchte, den Rauch nach draußen zu blasen. Ich konnte
alles ganz deutlich erkennen, weil

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