Borderline ein Narco-Thriller
ihre Schulter, beugt sein Gesicht dicht zu ihrem hinab. „Hast du geweint?“
Sie schluckt, schüttelt den Kopf, lehnt sich dann aber an seine Schulter. Leise schluchzend, von Wellen des Schocks geschüttelt, schlingt sie ihre Arme um seinen Oberkörper.
„Claire, was ist denn los?“ Seine Finger streichen beruhigend über ihre Haare.
Sie schüttelt den Kopf.
Was mache ich hier eigentlich?
, fragt sie sich.
Doug ist mein Vorgesetzter!
Ihr Körper strafft sich, sie löst sich aus der Umarmung und tritt einen Schritt zurück. „Es ist nichts. Wahrscheinlich bloß die Hormone.“ Sie versucht sich an einem zaghaften Lächeln.
Doug betrachtet sie mit einem skeptischen Ausdruck im Gesicht. „Sicher? Willst du dir für den Rest des Tages freinehmen?“
„Nein. Nein, kein Problem.“ Sie macht einen Schritt in Richtung Eingang. „Ich seh mir die Dateien an, die du mir auf den Stick gepackt hast.“
Er klopft ihr ermutigend auf die Schulter, während sie zurück in das Bürogebäude gehen.
„Ach, Jack Markson. Macht 'nen netten Eindruck. Du weißt aber ja, was ich von den DEAs halte.“
Doug lacht leise. „Eben. Deshalb habe ich dich ihm auch zugeteilt. Damit du deine Meinung änderst.“ Damit verschwindet er in seinem Büro.
Claire nickt seufzend.
15. Kapitel
Nach Beendigung des fünftägigen Auffrischungstrainings in Camp Pendleton packte Avril seine Tasche und verabschiedete sich von den Offizieren auf dem Stützpunkt, bevor er nach Carlsbad fuhr. Mit der Lieferung Diegos, sicher verstaut in einem Geheimfach unter dem Fahrersitz, absolvierte er in anderthalb Stunden die achtzig Kilometer gen Grenze, Tijuana und Hauptquartier. In El Cortez ließ er von seinem Spezialisten die Ladung prüfen. Qualität und Wert waren wie erwartet. Innerhalb von acht Tagen könnte er über ein Offshore-Konto auf die fünfzehn Millionen zugreifen. Zufrieden machte er sich auf den Weg in die Kaserne.
Kaum ist er in seinem Büro angekommen, kommandiert er Lieutenant Patilla zu sich.
„Colonel?“ Patilla salutiert.
Avril winkt ab und bedeutet dem Offizier mit einer einladenden Geste, sich ihm gegenüber auf den Stuhl zu setzen. „Der Testlauf ist morgen Nacht, Zero Dark Abwurf über Zielgebiet. Alles wie geplant. Dazu eine kleine Search-and-Destroy-Mission. Was haben wir in der Richtung?“
Der Colonel zeigt fragend auf die großflächige Karte Nordmexikos, die an der Seitenwand des Büros aufgehängt ist. Begleitet von einem Nicken erhebt sich Patilla aus seinem Sessel und geht mit dem Colonel zum Poster.
„Hier, in der Sierra“, Patilla tippt mit seinem Finger auf eine Stelle südwestlich von Mexicali, „haben Peredos Leute ein Meth-Labor eingerichtet. Stillgelegter Tagebau.“
„Verifiziert?“
„Positiv.“ Patilla nickt zur Bestätigung. „Eine einsame Farm. Seit Kurzem verstärktes Verkehrsaufkommen. Von dort schicken sie das Zeug über Calexio und Yuma in die Staaten.“ Nachdenklich zwirbelt Avril seinen gestutzten Bart. „Räuchert sie aus. Ich brauche Tagesaufnahmen. Und die bis morgen elf Uhr.“
„Wird erledigt.“
„Ich bin gespannt. Wegtreten.“
Patilla salutiert erneut und verlässt den Raum.
* * *
Sells? Nie gehört.
Nachdem Diego die Bestätigung des Colonels abgehört hatte, mussten sie den Ort erst einmal googeln und die Karte auf den größten Maßstab ziehen, um ihn überhaupt zu finden. Eine Ansammlung von einigen Dutzend Hütten im sonnenverbrannten und staubigen Nichts des südlichen Arizonas, sechshundert Kilometer Luftlinie östlich von ihnen. Indianerland.
Als Diego die Luftaufnahmen der schäbigen Behausungen auf seinem iPhone betrachtete, war er zuerst sprachlos über die Wahl des Colonels. Wenigstens gab es nördlich des Kaffs einen Flughafen. Sogar asphaltiert. Das immerhin gefiel ihm an dem einsamen Wüstenort: Sie kämen schnell wieder weg - und die Nasen von den US-Behörden bestimmt nicht oft dahin.
Er gab Pablo den Auftrag, für den nächsten Tag eine Cessna samt vertrauenswürdigem Piloten um zwölf am Gillespie Field zu chartern.
Das Treffen ist für vier Uhr am Nachmittag vereinbart. Genug Zeit eigentlich, um den Trip mit Pablo durchzuplanen. Stattdessen fährt Diego zum zweiten Mal auf dem North Harbour Drive am gesicherten Gelände der Coast Guard-Station vorbei. Seit der vorherigen Nacht bekommt er Claire nicht aus dem Kopf. Nachdem er den bewachten Eingang erneut passiert hat, wendet er spontan das Auto und parkt gegenüber am Zaun
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