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Boris Pasternak

Boris Pasternak

Titel: Boris Pasternak Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr Shiwago
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sie zu erfreuen, kam heute nicht auf seine Kosten. Sein
Geschwätz hatte keinen Erfolg, er wurde nicht beachtet. Er nörgelte, weil das
schwarze Fohlen nicht mit ins Haus durfte, und als man ihn anfuhr, er solle
still sein, heulte er los, denn er fürchtete, die Eltern würden ihn als
schlechtes Kind und Taugenichts in den Kinderladen zurückbringen, von wo er,
wie er glaubte, einst ins Haus der Eltern gebracht worden war. Das waren
aufrichtige Ängste, und er äußerte sie lautstark, aber seine niedlichen
Albernheiten erzielten nicht die gewohnte Wirkung. Die Älteren, irritiert durch
ihr Verweilen in dem fremden Hause, bewegten sich hastiger als sonst und waren
schweigsam in ihre Sorgen versunken. Saschenka war beleidigt und quengelte, wie
Kinderfrauen sagen. Er bekam zu essen und wurde mühsam zu Bett gebracht.
Endlich schlief er. Mikulizyns Ustinja nahm Njuscha mit in ihr Zimmer, gab ihr
ein Abendessen und weihte sie in die Geheimnisse des Hauses ein. Tonja und die
Herren wurden zum Tee gebeten.
    Gromeko
und Shiwago baten um Erlaubnis, sich noch kurz entfernen zu dürfen, und gingen
auf die Vortreppe, um frische Luft zu schöpfen.
    »Soviel
Sterne!« sagte Alexander Gromeko.
    Es war
stockdunkel. Schwiegersohn und Schwiegervater, die zwei Schritte auseinander
standen, konnten sich nicht sehen. Hinter der Hausecke fiel Lampenlicht aus dem
Fenster in die Schlucht. In seinem Schein standen, dunstig von der feuchten
Kälte, Büsche, Bäume und irgendwelche Gegenstände. Der Lichtstreif drang nicht
bis zu den beiden Männern, er machte die Dunkelheit rundum noch dichter.
    »Morgen
müssen wir gleich früh den Anbau untersuchen, den er uns angeboten hat, und
ihn instand setzen, wenn er zum Wohnen taugt. In der Zeit, in der wir unser
Heim in Ordnung bringen, taut der Boden, und die Erde erwärmt sich. Dann müssen
wir Beete anlegen. Ich habe herausgehört, daß er uns Saatkartoffeln versprochen
hat. Oder irre ich mich?«
    »Nein, er
hat sie versprochen. Und anderes Saatgut. Ich hab's selber gehört. Das Gebäude,
das er uns anbietet, haben wir im Vorbeifahren im Park gesehen. Wissen Sie, wo?
Hinter dem Herrenhaus, da ist alles voller Brennesseln. Der Anbau ist aus Holz,
während das Haus aus Steinen gemauert ist. Ich hab's Ihnen vom Wagen aus
gezeigt, wissen Sie noch? Da würde ich auch die Beete anlegen. Es müßten dort
Reste eines Blumengartens vorhanden sein. Von weitem ist es mir so vorgekommen.
Vielleicht täusche ich mich. Die Wege werden wir lassen müssen, aber die Erde
der alten Beete ist wahrscheinlich gründlich gedüngt und reich an Humus.«
    »Wir sehen
uns das morgen an. Ich weiß es nicht. Der Boden ist bestimmt schrecklich
verunkrautet und steinhart. Das Gut muß doch einen Gemüsegarten gehabt haben.
Vielleicht ist er unbebaut. All das wird sich morgen zeigen. Sicherlich sind
morgens noch Fröste. In den Nächten bestimmt. Welches Glück, daß wir schon am
Ziel sind. Dazu können wir uns Glück wünschen. Es ist schön hier. Mir
gefällt's.«
    »Die Leute
sind sehr angenehm. Besonders er. Sie ist ein bißchen eine Zierpuppe. Aus
irgendwelchen Gründen scheint sie mit sich selber unzufrieden zu sein,
irgendwas an ihrer Person gefällt ihr nicht. Daher diese unermüdliche,
gespielt-unsinnige Geschwätzigkeit. Es ist, als wollte sie die Aufmerksamkeit
von ihrem Aussehen ablenken und einem ungünstigen Eindruck vorbeugen. Daß sie
vergißt, den Hut abzunehmen, und ihn auf dem Rücken baumeln läßt, ist auch
nicht aus Zerstreutheit. Es steht ihr!«
    »Gehen wir
wieder hinein. Wir sind schon zu lange draußen. Es ist unhöflich.«
    Auf dem
Weg ins beleuchtete Eßzimmer, wo die Gastgeber und Tonja unter der Hängelampe
um den runden Tisch beim Samowar saßen und Tee tranken, kamen Schwiegervater
und Schwiegersohn durch das dunkle Arbeitszimmer des Direktors.
    Es hatte
ein durchgehendes, die ganze Wand einnehmendes Fenster, das über die Schlucht
ragte. Von hier aus bot sich, wie der Arzt schon bemerkt hatte, als es noch
hell war, ein weiter Blick auf die Ebene jenseits der Schlucht, über die Wakch
sie hierhergebracht hatte. Am Fenster stand ein breiter Projektierungs- oder
Zeichentisch, der ebenfalls die ganze Wand einnahm. Darauflag längs das
Jagdgewehr, das auf beiden Seiten Raum ließ, so daß der Tisch noch länger
wirkte.
    Als sie
jetzt durch das Arbeitszimmer gingen, sah Shiwago wieder neidvoll das Fenster
mit dem weiten Ausblick, den großen Tisch und die gute Einrichtung, und als er
mit seinem

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