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Boris Pasternak

Boris Pasternak

Titel: Boris Pasternak Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr Shiwago
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wird von oben bis unten
durchsucht. In allen Kisten nachsehen, unter die Ladentische schauen. Die
angrenzenden Bauten kontrollieren.«
    »Zu
Befehl, Euer Exzellenz.«
    »Pawnutkin,
Rjabych und Nechwaljonych will ich haben, lebendig oder tot. Und wenn ihr sie
mir vom Meeresboden hochholt. Auch den Bengel von Galusin. Es interessiert mich
nicht, daß sein Herr Vater patriotische Reden schwingt und einen dumm und
dämlich quatscht. Im Gegenteil. Damit kann er uns nicht einschläfern. Wenn ein
Krämer Reden hält, stimmt was nicht. Das ist verdächtig. Das ist gegen die
Natur. Wir haben geheime Informationen, daß er auf seinem Hof in
Krestowosdwishensk Politische versteckt und geheime Versammlungen abhält. Den
Bengel schnappen wir uns. Ich weiß noch nicht, was ich mit ihm mache, aber wenn
ich etwas finde, lasse ich ihn gnadenlos aufknüpfen, den anderen zur
Abschreckung.«
    Die Leute
entfernten sich. Als sie weit genug weg waren, fragte Koska Nechwaljonych den
zu Tode verängstigten Terescha Galusin:
    »Mitgekriegt?«
    »Ja«,
flüsterte der entsetzt.
    »Jetzt
haben wir beide, Sanka und Goschka nur noch eine Wahl - in den Wald. Ich sage
nicht, für immer. Irgendwann kommen die zur Vernunft. Dann sehen wir weiter.
Vielleicht kommen wir zurück.«
     
    Elfter Teil
     
    Das Waldheer
     
    Juri
Shiwago war schon das zweite Jahr Gefangener der Partisanen. Die Grenzen seiner
Unfreiheit waren verschwommen. Der Ort seiner Gefangenschaft hatte keine
Mauer. Er wurde nicht bewacht, nicht beobachtet. Die Partisanenarmee war
ständig in Bewegung, und er bewegte sich mit ihr. Das Heer war nicht getrennt,
nicht isoliert von dem übrigen Volk, durch dessen Siedlungen und Gebiete es
marschierte. Es verschmolz mit dem Volk, löste sich darin auf.
    Es hatte
den Anschein, als gäbe es keine Abhängigkeit, keine Gefangenschaft, als wäre
der Arzt frei und verstünde es nur nicht, dies zu nutzen. Seine Abhängigkeit,
seine Gefangenschaft unterschied sich nicht von anderen Formen des Zwangs im
Leben, die ebenso unsichtbar und unspürbar waren und ebenfalls eine Schimäre,
eine Erfindung zu sein schienen. Trotz des Fehlens von Augen, Ketten und
Wachen mußte sich der Arzt in seine Unfreiheit schicken, die nur scheinbar ein
Phantasiegespinst war.
    Drei
Fluchtversuche hatten damit geendet, daß er wieder eingefangen wurde. Das blieb
ohne Folgen, aber es war ein Spiel mit dem Feuer. Er versuchte es nicht wieder.
    Der
Partisanenführer Liweri Mikulizyn ließ Nachsicht walten, nahm ihn zur Nacht mit
in sein Zelt und war gern in seiner Gesellschaft. Die erzwungene Nähe belastete
den Arzt.
     
    Es war
eine Zeit, in der sich die Partisanen ständig nach Osten bewegten. Dann und
wann war ihre Bewegung Teil eines Gesamtangriffsplans zur Vertreibung
Koltschaks aus Westsibirien. Dann und wann, wenn die Partisanen die Weißen
umgingen und sie einzukreisen versuchten, verwandelte sich die Bewegung in
einen Rückzug. Der Arzt konnte diese Weisheit lange nicht begreifen.
    Der
Rückzug vollzog sich manchmal auf der großen Straße, meistens aber parallel zu
ihr. Die Städtchen und Dörfer an der Straße waren je nach dem wechselnden
Kriegsglück weiß oder rot. Ihnen war selten anzusehen, was für eine Macht
gerade herrschte.
    Wenn das
Bauernheer durch diese Städtchen und Siedlungen zog, wurde es darin zum
beherrschenden Element. Die Häuser rechts und links der Straße wurden gleichsam
eingesaugt und sanken in die Erde, und die den Schlamm aufwühlenden Reiter,
Pferde, Geschütze und die hochgewachsenen Schützen mit ihren zusammengerollten
Mänteln erschienen höher als die Häuser.
    Eines
Tages nahm der Arzt in solch einem Städtchen einen erbeuteten Vorrat englischer
Medikamente entgegen, den die Offiziere einer Kappel-Formation bei ihrem Abzug
zurückgelassen hatten.
    Es war ein
düsterer Regentag mit nur zwei Farben. Alles Beleuchtete erschien weiß, alles
Unbeleuchtete schwarz. Auch innerlich empfand man die Finsternis der
Vereinfachung ohne mildernde Nuancen und Zwischentöne.
    Die von
den häufigen Militärbewegungen völlig vernichtete Straße war ein schwarzer
Schlammstrom, den man selten trockenen Fußes überqueren konnte. Man tat es an
einzelnen, weit auseinanderliegenden Stellen, zu denen man auf beiden Seiten
große Umwege machen mußte. Hier traf der Arzt in Pashinsk seine ehemalige
Reisegefährtin Pelageja Tjagunowa wieder.
    Sie
erkannte ihn zuerst. Er wußte nicht gleich, wer die Frau mit dem bekannten
Gesicht war, die ihm über die

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