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Boris Pasternak

Boris Pasternak

Titel: Boris Pasternak Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr Shiwago
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verlassen, da
der Treck mit ihren Frauen, Kindern und Alten nicht mehr weit ist.«
    »Ja, man
wird auf sie warten müssen.«
    »Und das
alles vor den Wahlen der einheitlichen Führung, der auch andere, nicht zu uns
gehörende Abteilungen unterstellt werden sollen. Ich glaube, einziger Kandidat
ist der Genosse Liweri. Eine Gruppe junger Leute will einen anderen,
Wdowitschenko. Für ihn tritt der uns fremde Flügel ein, der sich dem Kreis der
Schwarzbrenner angeschlossen hat, Söhne von Kulaken und Krämern und Deserteure
aus der Koltschak-Armee. Sie schlagen den größten Krach.«
    »Was
meinen Sie, was wird mit den Sanitätern, die Schnaps gebrannt und verkauft
haben?«
    »Ich nehme
an, man wird sie zum Tod durch Erschießen verurteilen und dann auf Bewährung
begnadigen.«
    »Wir haben
uns verplaudert. Zurück zu unseren Angelegenheiten. Die Reorganisierung des
Lazaretts. Darüber wollte ich hauptsächlich mit Ihnen reden.«
    »Gut. Aber
ich muß sagen, Ihr Vorschlag einer psychiatrischen Prophylaxe kommt für mich
nicht überraschend. Ich bin der gleichen Meinung. Es treten verbreitet Geisteskrankheiten
ganz typischer Art auf, die bestimmte Züge der Zeit tragen, unmittelbar
hervorgerufen durch die historischen Besonderheiten der Epoche. Bei uns ist ein
Soldat der zaristischen Armee, ein Mann mit politischem Bewußtsein und
angeborenem Klasseninstinkt, Pamfil Palych. Genau darüber ist er verrückt
geworden. Er hat Angst um seine Angehörigen, denn wenn er den Tod findet und
sie den Weißen in die Hände fallen, werden sie es für ihn ausbaden müssen. Eine
sehr schwierige Psychologie. Seine Leute sind offenbar in dem Flüchtlingstreck,
der auf dem Weg zu uns ist. Meine mangelhaften Sprachkenntnisse hindern mich,
ihn richtig zu befragen. Erkundigen Sie sich bei Angeljar oder Kamennodworski.
Man müßte ihn untersuchen.«
    »Ich kenne
Palych sehr gut. Wie sollte ich nicht. Wir sind im Armeesowjet oft
aneinandergeraten. Ein schwarzhaariger, grausamer Kerl mit niedriger Stirn. Ich
verstehe nicht, was Sie Gutes an ihm finden. Er ist stets für extreme
Maßnahmen, für Strenge, für Hinrichtungen. Er hat mich immer abgestoßen. Na
schön, ich kümmere mich um ihn.«
     
    Es war ein
klarer, sonniger Tag mit stillem, trockenem Wetter wie schon die ganze Woche.
    Aus der
Tiefe des Lagers tönten verworren die Geräusche einer großen
Menschenansammlung wie entfernte Meeresbrandung: Schritte im Wald, Stimmen, Axtschläge,
das Klirren eines Ambosses, Pferdewiehern, Hundegebell und das Krähen von
Hähnen. Durch den Wald zogen sonnengebräunte, weißzähnig lächelnde Menschen.
Die den Arzt kannten, grüßten ihn, andere gingen achtlos vorüber.
    Die
Partisanen weigerten sich, den Fuchswerder zu verlassen, ehe ihre Familien mit
den Fuhrwerken eintrafen, die noch ein paar Tagesmärsche vom Lager entfernt
waren, dennoch liefen im Wald schon die Vorbereitungen auf die rasche Räumung
des Lagers und seine Verlegung weiter nach Osten. Da wurde ausgebessert,
gesäubert, Kisten wurden vernagelt, die Fuhrwerke gezählt und überprüft.
    Mitten im
Wald lag eine große festgetrampelte Lichtung, darauf gab es eine Art Kurgan
oder alte Siedlung, die hier Kirchhof genannt wurde. Dort fanden gewöhnlich
die Versammlungen statt. Heute war eine allgemeine Zusammenkunft angesetzt, auf
der etwas Wichtiges verkündet werden sollte.
    Der Wald
hatte noch viel Grün. Das Laub war hier fast durchweg noch frisch. Die
niedrigstehende Nachmittagssonne durchdrang den Wald mit ihren Strahlen. Die
Blätter ließen das Sonnenlicht durchscheinen und glühten inwendig im grünen
Feuer durchsichtigen Flaschenglases.
    Auf der
offenen Lichtung war der Nachrichtenchef Kamennodworski damit beschäftigt,
Papiere durchzusehen, die aus der Regimentskanzlei Kappels und aus der
Partisanenabteilung stammten, und Überflüssiges zu verbrennen. Das Feuer war so
angelegt, daß es gegen die Sonne stand. Diese durchschien die durchsichtigen
Flammen wie das Laub des Waldes. Dadurch war das Feuer nicht zu sehen, nur der
flimmernde, glimmerartige Strom der heißen Luft zeigte an, daß etwas brannte.
    Da und
dort war der Wald gesprenkelt von allerlei Arten reifer Früchte: die schmucken
Anhängsel der Kuckucksblume, ziegelbrauner welker Holunder, weißrosa schillernde
Beerentrauben des Schneeballstrauchs. Mit ihren gläsernen Flügelchen flirrend,
huschten gefleckte Libellen durch die Luft, durchsichtig wie das Feuer und der
Wald.
    Doktor
Shiwago liebte seit seiner Kindheit den

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