Borlik, Michael - Scary City 3 - Der Bezwinger der Dämonen
und murmelte einen eigentümlichen Singsang vor sich hin. Als er verstummte, versiegte die Fontäne. Ein paar Sekunden lang plätscherte das Wasser noch von Becken zu Becken, bevor es auf ein Tröpfeln zusammenschrumpfte. »Sind wir so weit?«, wandte sich der Zauberer an Mats.
Schlagartig nahm dessen Nervosität wieder zu. Dieses Mal benutzten die Kobolde in seinem Magen Presslufthämmer. »Bringen wir es hinter uns!« Mats sprang vom Beckenrand auf die erste Muschel.
Mats bemerkte nicht einmal, wie das Wasser seine Schuhe und Hosenbeine durchnässte. Dafür registrierte er die Blicke, die die Schattengänger in ihrer Nähe ihm zuwarfen. Es kam wohl nicht sehr oft vor, dass jemand auf dem Brunnen herumturnte.
Zum Glück war das oberste Becken groß genug für alle. Mats stellte sich vor den Zwergenkönig. Lucy und Mr Myrddin bezogen links und rechts von ihm Stellung, während Tic ihm vermeintlich schlaue Ratschläge gegen seine Aufregung ins Ohr flüsterte.
»Bereit?«, fragte Mr Myrddin. »Dann hebe ich jetzt den Tarnzauber auf.«
»Bereit? Auf gar keinen Fall.« Mats nahm einen tiefen Atemzug und sah Lucy an, die ihm zulächelte. Er seufzte. »Aber das spielt jetzt auch keine Rolle mehr.«
Mr Myrddin beschrieb einige komplizierte Gesten mit den Händen und Mats spürte, wie sich der Tarnzauber mit einem Kribbeln auf seiner Haut verabschiedete. Im nächsten Augenblick brach die Menge zu ihren Füßen in Gemurmel aus. Schreckensrufe hallten zu ihnen hinauf und zahlreiche Finger - knubbelige, krumme, dürre und knochige - deuteten auf Mats und Lucy. Offiziell war es keinem Menschen gestattet, den Schattenschlund zu betreten. Kein Wunder, dass ihr Auftauchen im Herzen der Fabelwesenstadt eine solche Wirkung auf ihre Bewohner hatte.
»Was ist los? Wartest du auf den Lynchmob?« Tic zupfte aufgeregt an Mats' Ohr. »Jetzt leg schon los!«
Mats sah Vertreter der Bruderschaft von allen Seiten auf sie Zuströmen. Bald würden sie sie erreicht haben. Sehr bald. Und dann wäre es zu spät. Er öffnete den Mund und ohne dass er erst lange hätte überlegen müssen, flössen die Worte nur so aus ihm heraus. »Mein Name ist Mats Greifenhall!«, rief er der Menge zu. »Und wer noch nicht von mir gehört hat: Ich bin der Bezwinger der Dämonen.«
Stille.
Kein Applaus, aber auch kein Gelächter. Stattdessen hielten die Zuschauer gebannt den Atem an.
Mats blickte in die Gesichter der nächsten Fabelwesen und las Unglaube darin, aber auch Hoffnung. Selbst unter Seinesgleichen erfreute sich der Anführer der Nightscreamer keiner großen Beliebtheit. Warum sollte er auch? Er war ein Verbrecher, hatte sich mit Dämonen eingelassen und provozierte durch sein Verhalten die Aufdeckung der Existenz der Schattengänger.
Diese Erkenntnis machte Mats Mut. Er reckte das Kinn vor und fuhr fort: »Ich bin hier, um Vlad zum Zweikampf herauszufordern. Mann gegen Mann.«
Ein Wispern ging durch die Menge. Gleichzeitig wurde es heller um Mats herum, als die Feenschwärme sich neugierig näherten und ihn und seine Freunde in eine Aura aus Licht tauchten, was seinen Auftritt gleich noch viel beeindruckender machte.
»Ich verlange, dass Vlad morgen Mittag um zwölf Uhr zum Brandenburger Tor kommt und sich mir stellt. Und wenn er es nicht tut, ist er ein Feigling!« Mats riss Excalibur aus der Scheide und hielt es hoch, sodass seine Klinge im Feenlicht erstrahlte. »Ich warte auf dich, Vlad!«, brüllte er der Menge entgegen, »und ich werde dich vernichten!«
Dieses Mal gab es von allen Seiten Beifall, in den auch die Bruderschaft mit einfiel.
»Gut gemacht«, lobte Lucy und schlang die Arme um ihn.
»Nur warum ausgerechnet das Brandenburger Tor?«
»Wegen Viktoria, der Göttin des Sieges«, sagte Mats. »Ich hoffe, dass sie mir Glück bringt. Außerdem wird Vlad es nicht wagen, allzu viele seiner Leute mitzubringen, wenn er unter Menschen gegen mich antreten muss.«
»Du bist raffinierter, als ich dachte, Kleiner!«Tic kniff ihn in die Wange. »Die meisten seiner Anhänger scheuen das Tageslicht, du hättest also keinen besseren Zeitpunkt für das Duell auswählen können.«
Mats sah zu Mr Myrddin rüber, der ihm zunickte. Aus irgendeinem Grund war ihm der Zuspruch des Zauberers wichtig. Doch nun wandte Mr Myrddin sich selbst der Menge zu und hob die Arme, um ihr Schweigen zu bedeuten. Was hatte er vor? Der Zauberer griff unter seine Jacke und zog das letzte der vier magischen Siegel hervor: den Goldenen Schlüssel.
»Und dies
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