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Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Titel: Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher McDougall
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sie mussten das Risiko eingehen. »HEY!«, schrien sie. »WER IST DA?«
    Sie lauschten, bis das letzte Echo ihrer Rufe verhallt war. Dann löste sich ein Schatten von der Canyonwand und kam auf sie zu.

    »Hast du das gehört?«, fragte mich Eric.
    Wir hatten zwei Stunden gebraucht, um den Weg bergab zu finden. Immer wieder hatten wir den richtigen Pfad verloren und dann anhalten, ein Stück zurückgehen und unser Gedächtnis nach Orientierungspunkten befragen müssen, bevor wir weiterlaufen konnten. Wildziegen hatten den Berg mit einem Netz von kaum erkennbaren, kreuz und quer verlaufenden Wegen überzogen, und als das Tageslicht über dem Canyonrand allmählich schwächer wurde, hatten wir Mühe, die Richtung zu bestimmen, in der wir uns bewegten.
    Schließlich entdeckten wir unter uns einen trockenen Bachlauf, und ich war mir ziemlich sicher, dass er zum Fluss führte. Das kam auch gerade noch rechtzeitig. Eine halbe Stunde zuvor hatte ich mein letztes Wasser getrunken und bereits ein teigiges Gefühl im Mund. Ich fing an zu traben, aber Eric rief mich zurück. »Wir müssen uns vergewissern«, sagte er. Er kletterte ein Stück weit den Abhang hinauf, um die Richtung zu prüfen.
    »Sieht gut aus«, rief er. Er begann mit dem Abstieg – und hörte in diesem Augenblick von irgendwo unten in der Schlucht das Echo von Stimmen. Er rief mich zu sich, und wir folgten gemeinsam den Echos. Wenige Augenblicke später fanden wir Jenn und Billy. Jenn liefen immer noch die Tränen herunter. Eric gab ihnen sein Wasser, und ich drückte ihnen meine letzten Gels in die Hand.
    »Ihr habt wirklich davon getrunken?«, fragte ich, sah die Ausscheidungen der wilden Burros in der Pfütze und hoffte, dass sie diesen Ort mit einem anderen verwechselt hatten.
    »Ja«, sagte Jenn. »Wir sind eben erst zurückgekommen, weil wir noch mehr brauchten.«
    Ich holte meine Kamera heraus, falls je ein Spezialist für ansteckende Krankheiten sehen wollte, was sie da zu sich genommen hatten. Und dennoch hatte ihnen die faulige Pfütze das Leben gerettet: Wären Jenn und Billy nicht in genau diesem Moment zurückgekommen, um noch mehr zu trinken, wären sie immer weiter ins Niemandsland hineinmarschiert, und die Canyonwände hätten sich hinter ihnen geschlossen.
    »Könnt ihr noch ein bisschen laufen?«, fragte ich Jenn. »Ich glaube, dass es nicht mehr weit bis zum Ort ist.«
    »Okay«, sagte Jenn.
    Wir fielen in einen gemächlichen Trott, aber Jenn und Billy schlugen, als das Wasser und die Gels ihre Lebensgeister wiederbelebten, ein Tempo an, das ich kaum mithalten konnte. Ich staunte abermals über ihre Fähigkeit, aus dem Totenreich wiederzukehren. Eric führte uns das Bachbett hinunter, dann fiel ihm eine Biegung der Schlucht auf, an die er sich erinnerte. Wir zweigten nach links ab, und selbst im schwächer werdenden Tageslicht sah ich jetzt, dass der Staub dort vor uns von Füßen aufgewirbelt worden war. Nach etwa zweieinhalb Kilometern tauchten wir aus dem Schluchtensystem auf und trafen am Ortsrand von Batopilas auf Scott und Luis, die dort schon besorgt auf uns warteten.
    In einem kleinen Laden kauften wir vier Liter Wasser und kippten eine Handvoll Jodtabletten hinein. »Ich weiß nicht, ob das funktioniert«, sagte Eric, »aber vielleicht könnt ihr alles wieder rausspülen, was immer ihr da an Bakterien zu euch genommen habt.« Jenn und Billy saßen auf dem Bordstein und fingen an zu trinken. Scott erklärte uns unterdessen, dass niemand in der Gruppe Jenns und Billys Verschwinden bemerkt hatte, bis sie den Berghang hinter sich gelassen hatten. Zu diesem Zeitpunkt litten sie alle jedoch unter so gefährlichem Wassermangel, dass eine Umkehr für eine Suche die ganze Gruppe in Gefahr gebracht hätte. Caballo griff sich schließlich eine Wasserflasche und rannte allein zurück, drängte aber die anderen, stillzuhalten. Das Letzte, was er wollte, war, dass all seine Gringos sich in der Dämmerung in den Canyons verstreuten.
    Etwa eine halbe Stunde später kehrte Caballo mit rotem Gesicht, schweißgebadet und im Laufschritt nach Batopilas zurück. Er hatte uns in dem sich verzweigenden Schluchtensystem verpasst, und als er die Aussichtslosigkeit seiner Ein-Mann-Suche erkannte, war er in den Ort zurückgekehrt, um Hilfe zu holen. Er betrachtete zunächst Eric und mich – wir waren müde, aber immer noch auf den Beinen -, dann die beiden jungen Ultralanglaufasse, die erschöpft und innerlich aufgewühlt auf dem Bordstein saßen. Ich

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