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Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Titel: Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher McDougall
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sagte Billy. »Wenn wir innerhalb einer Stunde den Weg nicht finden, kommen wir zurück.«
    »Okay. Da lang?«, sagte sie und wies von Batopilas weg und direkt in eine Wildnis, die sich 650 Kilometer weit bis zum Golf von Kalifornien erstreckte.
    Billy zuckte mit den Schultern. Am Morgen waren sie zu hektisch und müde gewesen, um auf den eingeschlagenen Weg zu achten, und das hätte auch nicht viel geändert: Alles hier sah ganz genau gleich aus. Im Weitergehen erinnerte sich Jenn, wie sie erst vor ein paar Tagen ihre Mutter verspottet hatte, am Abend, bevor sie und Billy nach El Paso geflogen waren. »Jenn«, hatte ihre Mutter sie beschworen. »Du kennst diese Leute gar nicht. Woher willst du wissen, dass sie sich um dich kümmern werden, wenn etwas schiefgeht?«
    Rums!, dachte Jenn. Mom hat den Nagel auf den Kopf getroffen .
    »Wie lange sind wir jetzt unterwegs?«, fragte sie Billy.
    »Etwa zehn Minuten.«
    »Ich halt’s nicht länger aus. Lass uns zurückgehen.«
    »In Ordnung.«
    Sie fanden die Pfütze wieder, und Jenn wollte sich gleich hinknien und von der Brühe trinken, aber Billy hielt sie zurück. Er schob den Moder beiseite, deckte die Öffnung seiner Wasserflasche mit der Hand ab und füllte sie dann mit Flüssigkeit vom Grund des Tümpels – in der halbherzigen Hoffnung, das Wasser könnte unterhalb der schimmligen Masse etwas weniger bakterienverseucht sein. Er gab Jenn seine Flasche und füllte ihre dann auf dieselbe Art.
    »Ich wusste schon immer, dass du mich einmal umbringen würdest«, sagte Jenn. Sie stießen mit den Trinkflaschen an, sagten »Prost«, tranken und versuchten dabei zugleich den Brechreiz zu unterdrücken.
    Sie tranken die Flaschen leer, füllten sie erneut und gingen dann abermals nach Westen, in die Wildnis hinaus. Sie waren noch nicht weit gekommen, als sie bemerkten, dass die Schatten im Canyon länger wurden.
    »Wir brauchen noch mehr Wasser«, sagte Billy. Er hasste den Gedanken, wieder zurückzugehen, aber ihre einzige Chance, diese Nacht zu überleben, war die Rückkehr zu der Pfütze und ein Nachtlager an eben dieser Stelle. Wenn sie die Flaschen dreimal leergetrunken hatten, reichte das vielleicht aus, um noch einmal den Berg hinaufzusteigen und sich ein letztes Mal zu orientieren, bevor es dunkel wurde.
    Sie kehrten um und trotteten abermals in das Labyrinth zurück.
    »Billy«, sagte Jenn, »die Lage ist wirklich ernst.«
    Billy antwortete nicht. Er hatte höllische Kopfschmerzen, und ihm ging diese Zeile aus »Howl« nicht mehr aus dem Hirn, die den gleichen Rhythmus hatte wie das Pochen in seinem Schädel:
    … die in die Vulkane von Mexiko verschwanden und nichts hinterließen als den Schatten von Drillichhosen und die Lava und Asche verbrannter Gedichte …

    Die in Mexiko verschwanden, dachte Billy. Und nichts hinterließen.
    »Billy«, wiederholte Jenn. Sie hatten schon einige schwierige Phasen miteinander erlebt, sie und der Bonehead, aber sie hatten einen gemeinsamen Weg gefunden, ohne sich gegenseitig immer wieder das Herz zu brechen, und waren die besten Freunde geworden. Sie hatte Billy in diese Lage gebracht, und das, was ihm jetzt widerfahren würde, machte sie noch unglücklicher als das, was mit ihr selbst geschah.
    »Es ist ernst, Billy«, sagte Jenn. Tränen liefen ihr übers Gesicht. »Wir werden hier draußen sterben. Heute noch werden wir sterben.«
    »SEI STILL!«, schrie Billy, den Jenns Tränen so erschütterten, dass er in eine Erregung geriet, die sie vom Bonehead überhaupt nicht gewöhnt war. »SEI EINFACH STILL!«
    Dieser Ausbruch verblüffte sie beide so sehr, dass sie verstummten. Und in diesem Augenblick der Stille hörten sie ein Geräusch: Steine, die irgendwo hinter ihnen den Abhang hinunterpolterten.
    »HEY!«, schrien Jenn und Billy gemeinsam. »HEY! HEY! HEY!«
    Sie fingen an zu laufen, ohne darüber nachzudenken, dass sie gar nicht wussten, auf was sie zuliefen. Caballo hatte ihnen eingeschärft, dass es dort draußen noch eine Gefahr gab, die größer war als die Gefahr, verlorenzugehen: Gefundenzuwerden.
    Jenn und Billy hielten inne und starrten angestrengt in die Schattenlandschaft unterhalb des Canyonrands. Könnten das die Tarahumara sein? Ein Tarahumara-Jäger wäre unsichtbar, hatte Caballo ihnen gesagt. Er würde sie aus der Ferne beobachten, und wenn ihm das, was er da sah, nicht gefiele, würde er wieder im Wald verschwinden. Und was passierte, wenn das Bewaffnete im Auftrag der Drogenkartelle waren? Wer immer das war,

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