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Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Titel: Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher McDougall
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unterhalb des Knies verdreht war, auf mich zu. Er hatte ein Seil dabei, das er mir zunächst um die Hüfte schlang und dann strammzog. »Los!«, rief er.
    Ich hängte mich ins Seil, stampfte mit den Beinen und zog ihn vorwärts. Er ließ das Seil los, und ich schnellte davon. »Gut«, sagte der Mann. »Immer, wenn Sie laufen, sollten Sie sich daran erinnern, wie es sich anfühlt, gegen den Seilwiderstand zu laufen. Das wird Ihre Füße unter dem Körper halten, Sie arbeiten geradeaus, aus den Hüften, und die Fersen bleiben aus dem Spiel.«
    Eric hatte mir empfohlen, meinen grundlegenden Neuaufbau mit einer Reise nach Virginia zu beginnen und mich dort in die Obhut von Ken Mierke zu begeben, einem Trainingsphysiologen und Triathlonweltmeister, den eine angeborene Muskelerkrankung gezwungen hatte, seinen Laufstil auf jede erdenkliche Weise zu ökonomisieren. »Ich bin der leibhaftige Beweis dafür, dass Gott einen Sinn für Humor hat«, erzählt Ken gern. »Ich war ein stark übergewichtiges Kind mit einem Fallfuß, und mein Vater lebte für den Sport. Als übergewichtiges Entlein mit einem körperlichen Handicap war ich bei jeder Art von Spiel deutlich langsamer als all meine Gegner. So lernte ich, alles genau zu untersuchen und eine bessere Möglichkeit zu finden.«
    Beim Basketball konnte Ken nicht zum Korb ziehen, also übte er Dreipunktewürfe und einen tödlichen Hakenwurf. Er konnte keinen Quarterback jagen und auch keinen Verteidiger abschütteln, aber er studierte Körperhaltungen und Angriffstaktiken und wurde ein hervorragender Left Tackle. Beim Tennis konnte er einen diagonal gespielten Volley nicht erlaufen, also entwickelte er einen harten Aufschlag und Return. »Wenn ich nicht mitlaufen konnte, musste ich mitdenken«, sagte er. »Ich fand die Schwachstelle des Gegners und machte sie zu meiner Stärke.«
    Die Muskulatur in Kens rechter Wade war deutlich unterentwickelt, als er mit Triathlonwettkämpfen begann, laufen konnte er nur mit einem schweren Schuh, den er sich aus einem Rollerblade-Stiefel und einer Blattfeder selbst gebaut hatte. Im direkten Vergleich mit behinderten Athleten, die eine Amputation hinter sich hatten, bedeutete das einen erheblichen Gewichtsnachteil, also lag seine Chance in einer Steigerung der Energieeffizienz, mit der er die mehr als drei Kilo Zusatzbelastung durch die Schuhe auszugleichen versuchte.
    Ken besorgte sich einen ganzen Stapel von Videofilmen über kenianische Läufer und ging das Material systematisch durch. Nach stundenlangem Zuschauen hatte er plötzlich eine Offenbarung: Die besten Marathonläufer der Welt liefen wie Kindergartenkinder. »Sehen Sie sich Kinder an, die auf einem Spielplatz herumrennen. Sie setzen ihre Füße direkt unter dem Körper auf, dann drücken sie sich nach hinten ab«, sagte Ken. »Die Kenianer machen das genauso. Der Barfuß-Laufstil, den sie während des Heranwachsens entwickeln, ähnelt auf erstaunliche Weise dem Laufstil der erwachsenen Athleten – und unterscheidet sich auf erstaunliche Weise vom amerikanischen Laufstil.« Ken nahm Notizblock und Kugelschreiber zur Hand, ging alle Bänder noch einmal durch und notierte sich alle Bestandteile eines kenianischen Läuferschritts. Dann sah er sich nach Versuchskaninchen um.
    Glücklicherweise hatte Ken im Rahmen seiner Studien zur Bewegungslehre an der Virginia Polytechnic University bereits mit physiologischen Tests von Triathleten begonnen, deshalb hatte er jetzt Zugang zu einer ganzen Reihe von Athleten, mit denen er experimentieren konnte. Läufer hätten sich wohl einem Wissenschaftler widersetzt, der an ihrer Schrittlänge herumexperimentierte, aber die »Eisenmänner« sind für Neues aufgeschlossen. »Triathleten sind sehr vorausschauend«, erklärt Ken. »Das ist eine junge Sportart, deshalb ist sie nicht so stark in ihren Traditionen verhaftet. Ab 1988 montierten Triathleten an ihren Rädern spezielle Aero-Lenkeraufsätze, und die Radfahrer verspotteten sie erbarmungslos – bis Greg LeMond einen solchen Triathlonlenker benutzte und dann mit acht Sekunden Vorsprung die Tour de France gewann.«
    Kens erste Testperson war Alan Melvin, ein bereits im siebten Lebensjahrzehnt stehender Masters-Triathlet, der in seiner Altersgruppe zur Weltspitze zählte. Ken erhob zunächst Grunddaten, indem er Melvin 400 Meter laufen ließ. Dann befestigte er ein kleines elektrisches Metronom am T-Shirt des Probanden.
    »Wofür ist das denn?«
    »Stellen Sie es auf hundertachtzig Taktschläge pro

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