Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Titel: Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher McDougall
Vom Netzwerk:
erfolgreich um ihr Leben oder sie sind Katzenfutter.
    Okay, überlegte David, vielleicht haben die Slinkys etwas mit Geschwindigkeit zu tun. Was also macht ein Lebewesen schnell? David prüfte die einzelnen Kriterien. Mal sehen. Man braucht einen aerodynamisch geformten Körper. Beeindruckende Reflexe. Energiegeladene Hinterläufe. Leistungsfähige Kapillargefäße. Hoch kontraktionsfähige Muskelfasern. Kleine, flinke Füße. Gummiartige Sehnen, die elastische Energie weitergeben. Magere Muskeln in Pfoten-, fleischige Muskeln in Gelenknähe …
    Verdammt. David merkte rasch, dass er in einer Sackgasse steckte. Eine ganze Menge Einzelfaktoren trägt zur Geschwindigkeit bei, und Eselhasen teilen die meisten auch mit ihren Jägern. Bisher fand er nur Gemeinsamkeiten, anstatt auf den Unterschied zu stoßen. Also versuchte er es mit einem Trick, den ihm Dr. Bramble beigebracht hatte: Konnte man eine Frage nicht beantworten, kehrte man einfach die Fragestellung um. Anstatt also zu fragen, was ein Lebewesen schnell macht, konnte man überlegen: Was macht es langsamer? Es kam ja schließlich nicht nur darauf an, wie schnell ein Hase rannte, sondern auch darauf, wie lange er sein Höchsttempo durchhielt, bis er ein rettendes Loch fand, in dem er verschwinden konnte.
    Das war nun leicht zu beantworten: Die rascheste Methode, ein sich schnell bewegendes Säugetier zum Stehen zu bringen, ist – abgesehen von einem um ein Bein geschlungenen Lasso – die Unterbrechung der Luftzufuhr. Auf Luftmangel folgt der Rückgang der Geschwindigkeit. Man versuche einmal zu sprinten und dabei die Luft anzuhalten und beobachte dann, wie weit man kommt. Die Muskeln brauchen Sauerstoff, um Kalorien zu verbrennen und in Energie umzuwandeln. Je besser also der Gasaustausch im Körper funktioniert – die Sauerstoffaufnahme und die Abgabe von Kohlendioxid -, desto länger lässt sich die Höchstgeschwindigkeit aufrechterhalten. Deshalb werden bei der Tour de France immer wieder Fahrer erwischt, die anderer Leute Blut in ihrem Kreislauf haben. Diese unerlaubten Transfusionen liefern zusätzliche rote Blutkörperchen, die eine Menge zusätzlichen Sauerstoff ins Muskelgewebe transportieren.
    Augenblick mal … für den Eselhasen bedeutete das, dass er ein klein bisschen mehr Luft haben musste als das ihn verfolgende große Säugetier, wenn er auch nur einen kleinen Abstand zu den Reißzähnen wahren wollte. David hatte eine Vorstellung von einer Flugmaschine aus viktorianischer Zeit, von einem dieser verrückt anmutenden, aber zugleich sinnreichen Apparate, die mit Kolben und Dampfventilen und einem endlosen Gewirr schwer arbeitender Hebel ausgestattet waren. Hebel! Diese Slinkys fanden jetzt eine passende Erklärung. Es mussten Hebel sein, die als Turbolader für Hasenlungen fungierten, so wie ein Blasebalg ein Kaminfeuer in Gang brachte.
    David ging die Zahlen durch, um zu prüfen, ob seine Theorie standhielt, und … Bingo! Das war die Lösung, so elegant wie eine Fabel von Äsop: Eselhasen können Geschwindigkeiten von knapp über 70 Stundenkilometern erreichen, aber weil sie für die Arbeit dieser Hebel (und anderer Dinge) zusätzliche Energie benötigen, halten sie das nur knapp einen Kilometer lang durch. Berglöwen, Kojoten und Füchse wiederum sind viel ausdauernder, schaffen aber maximal 65 Stundenkilometer. Die Slinkys sorgen für ein Chancengleichgewicht und geben den ansonsten schutzlosen Eselhasen genau 45 Sekunden, in denen über Leben oder Tod entschieden wird. Finde schnell eine Zuflucht und lebe lang, kleiner Hoppel; oder werde übermütig, weil du so schnell bist, und stirb in weniger als einer Minute.
    Mal sehen, dachte der junge Forscher, wenn man die Hebel wegnimmt, ist das dann nicht dieselbe Funktionsweise wie bei jedem anderen Säugetier? Vielleicht war das Zwerchfell deshalb mit den Lendenwirbeln verbunden – nicht weil der Wirbel stabil war und sich nicht bewegte, sondern weil er elastisch war und entsprechend reagierte. Weil er biegsam war!
    »Es schien offensichtlich, dass das Tier, wenn es sich abstieß und den Rücken streckte, dies nicht nur tat, um Vortrieb zu erzeugen – das diente auch der Atmung«, sagt David. Er stellte sich eine Antilope vor, die in einer staubigen Savanne um ihr Leben rennt, verfolgt von einem rasenden Schemen. Er konzentrierte sich auf den Schemen, sah ihn sich im Standbild an und klickte dann Bild für Bild vorwärts.
    Klick – der Gepard streckt sich für einen weiten Satz, sein Brustkorb

Weitere Kostenlose Bücher