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Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Titel: Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher McDougall
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ihnen ins Niemandsland führen? Kannte er den Weg überhaupt genau?
    Das waren die Gedanken, die mir den Schlaf raubten. Aber wie sich jetzt herausstellte, hatte Caballo seine eigenen Sorgen. Er kam herein und setzte sich auf meine Bettkante.
    »Glaubst du, dass die Kids der Sache gewachsen sind?«, fragte er.
    Den beiden schien es nach ihrem lebensgefährlichen Irrgang in den Canyons bemerkenswert gut zu gehen. Am Abend hatten sie eine kräftige, aus Tortillas und Bohnen bestehende Mahlzeit verspeist, und ich hatte während der Nacht keine Geräusche aus dem Bad vernommen, die auf Durchfall oder sonstige Probleme hinwiesen.
    »Wie lange dauert es, bis die Giardiasis ausbricht?«, fragte ich. Ich wusste, dass Giardia lamblia, der Darmparasit, der diese Krankheit auslöste, eine gewisse Inkubationszeit benötigte, bis es zu Durchfall, Fieber und Magenkrämpfen kam.
    »Ein oder zwei Wochen.«
    »Also könnten sie es bis nach dem Rennen schaffen, wenn sie bis heute morgen keine anderen Probleme bekommen.«
    »Hm«, brummelte Caballo. »Ja.« Er hielt kurz inne, denn offensichtlich machte ihm noch etwas anderes zu schaffen. »Hör mal«, fuhr er dann fort. »Ich werd Barfuß-Ted ordentlich Bescheid sagen müssen.« Diesmal waren nicht Teds Füße das Problem. Es war sein Mundwerk. »Wenn er den Rarámuri unter die Augen kommt, wird ihnen richtig unwohl werden«, sagte Caballo. »Sie werden glauben, dass er ein zweiter Fisher ist, und aussteigen.«
    »Was willst du tun?«
    »Ich werd ihm sagen, dass er unbedingt den Mund halten soll. Ich sag anderen Leuten nur ungern, was sie zu tun haben, aber ihm muss man’s sagen.«
    Ich stand auf und half Caballo, die anderen aus dem Bett zu werfen. Ein Freund von ihm hatte bereits am Vorabend einen Esel mit unserem Gepäck beladen und sich auf den Weg nach Urique gemacht, sodass wir selbst nur noch genügend Wasser und Proviant für diesen Weg mitnehmen mussten. Bob Francis, der erfahrene Führer durch die Wildnis, hatte sich bereit erklärt, Luis’ Vater mit seinem Allrad-Pick-up den langen Weg um den Berg herum zu chauffieren, um ihm die Bergwanderung zu ersparen. Alle anderen machten sich bereit, und schon um fünf Uhr strebten wir über die Felsen hinweg dem Fluss zu. Das Mondlicht glitzerte auf dem Wasser, und über uns sausten immer noch Fledermäuse durch die Nachtluft, als Caballo uns, am Fluss entlang, zu einem kaum erkennbaren Fußweg führte. Wir gingen jetzt einzeln hintereinander und fielen in einen leichten Trab.
    »Die Party Kids halten sich ganz erstaunlich«, sagte Eric, der beobachtete, wie sie hinter Caballo herliefen.
    »Das sieht eher nach Comeback Kids aus«, stimmte ich zu. »Aber Caballos große Sorge ist …«: Ich zeigte nach vorn, in Richtung Barfuß-Ted. Seine Kleidung für diese Tour bestand aus roten Shorts, den grünen FiveFingers-Zehenschuhen und einem anatomisch korrekten Skelettamulett, das er um den Hals trug. Anstelle eines Hemdes hatte er einen roten Regenmantel dabei, dessen Kapuze unter dem Kinn verknotet war, während der Rest des Kleidungsstücks wie ein Cape lose um seine Schultern flatterte. An seinem Knöchel klingelte eine Glöckchenkette, weil er irgendwo gelesen hatte, dass die Tarahumara-Ältesten so etwas tragen würden.
    »Guter Talisman«, grinste Eric. »Wir haben unseren eigenen Hexenmeister.«
    Bei Sonnenaufgang ließen wir den Fluss hinter uns und bogen zu den Bergen ab. Caballo schlug ein scharfes Tempo an, er lief noch schneller als am Tag zuvor. Wir aßen im Laufen, verschlangen kleine Tortillastücke und Energieriegel und nippten sparsam an unserem Wasservorrat, für den Fall, dass er den ganzen Tag reichen musste. Als es hell genug war, wandte ich mich um, weil ich mich kurz orientieren wollte. Das Dorf war verschwunden, der Wald hatte es völlig verschluckt. Selbst der hinter uns liegende Pfad schien sich in dem dichten grünen Blattwerk aufzulösen. Es war ein Gefühl, als würden wir in einem bodenlosen grünen Meer versinken.
    »Ist nicht mehr weit«, hörte ich Caballo sagen. Er zeigte auf irgendeinen Punkt, den ich noch nicht lokalisieren konnte. »Seht ihr die Baumgruppe da? Dort werden sie warten.«
    »Der einzigartige Arnulfo«, sagte ein staunender Luis. »Ich begegne lieber ihm als Michael Jordan.«
    Ich kam näher heran und sah die Bäume. Menschen sah ich dort nicht.
    »In dieser Gegend ist eine Grippe umgegangen«, sagte Caballo. Er verlangsamte seinen Schritt und legte den Kopf in den Nacken, um die Berge

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