Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen
anverwandten sexuellen Gunsterweisungen zu ihr. Während der ausgiebigen Massagebehandlungen hatten sie sich offenbar angeregt unterhalten.
So erzählte die Dame unter anderem, Poulders habe seine Frau noch immer geliebt, aber diese habe ihn eben sexuell nicht auf dieselbe Weise befriedigen können wie sie. Sie hätten im Grunde ein kameradschaftliches Verhältnis gehabt, zwar gegen Bezahlung, aber das konnte sich Poulders schließlich auch leisten.
Angefangen hatte das Ganze als Scherz unter Kollegen, die Poulders anlässlich seiner Beförderung kräftig hereingelegt hatten. Einer von ihnen hatte auf eine Kontaktanzeige geantwortet. Die Kollegen legten zusammen, bezahlten die Prostituierte per Überweisung im Voraus für eine »Behandlung« und lockten Poulders anschließend unter einem Vorwand in ihre Wohnung. Zwar kam er also beim ersten Mal nicht aus eigenem Antrieb, aber die Behandlung gefiel ihm derart, dass er seitdem regelmäßig, meist einmal im Monat, bei ihr vorbeischaute.
Nach der ersten Überraschungsbegegnung bat er sie sogar um ein Foto, um bei den Kollegen damit anzugeben. Die Geschichte wurde überprüft, und sie stimmte. Einer der Kollegen erinnerte sich zudem noch an eine lustige Anekdote: Nach der Massage duftete Poulders so nach ätherischen Ölen, dass er drei Mal duschen musste, um den Glanz von der Haut und den Geruch aus den Poren zu kriegen. Die Prostituierte hatte ihm drei Mal den Rücken eingeseift, und schließlich waren sie in der Badewanne gelandet, wo die Party fortgesetzt wurde. Den begeisterten Reaktionen der Kollegen nach musste es für Poulders ein ausnehmend netter Nachmittag gewesen sein.
Bosmans hatte der Prostituierten gegenüber absichtlich nichts von den Morden erwähnt, um ihr eine spontane Reaktion zu entlocken. Danielle, die schöne Mulattin – Tochter eines Ruanders und einer Belgierin –, wurde leichenblass, als sie die Nachricht erfuhr, und von da an war kein Wort mehr aus ihr herauszubekommen.
Als man ihr mitteilte, dass man ihren Mann informieren und sie noch mehrmals vernehmen werde, antwortete sie, Poulders habe sein Töchterchen abgöttisch geliebt. Sie habe selbst ein vierjähriges Kind, und überdies sei ihr Mann über ihre Tätigkeiten im Bilde und nehme keinen Anstoß daran.
Deleu bestellte telefonisch einen Tomatensaft, wusch sich, zog sich an und dachte, dass diese Welt, auf der sie lebten, schon ein eigenartiger Ort war.
Er konnte und wollte nicht leugnen, dass die Prostituierte eine attraktive Frau war und er sie überaus anziehend fand. Das bereitete ihm Sorgen. Er hatte eigentlich ein ganz anderes Bild von solchen Frauen. Wie würde er reagieren? Genau wie Poulders? Er wollte nicht weiter darüber nachdenken, hatte plötzlich aber auch keine Lust mehr, Barbara anzurufen.
Er steckte den Kopf noch ein zweites Mal unter die eiskalte Dusche, kämmte sich die Haare glatt nach hinten, spritzte sich etwas Aftershave auf die Wangen, öffnete die Tür, kippte den Tomatensaft in einem Zug hinunter und ging zu seinem Wagen. Er hatte eine Verabredung mit Pastor Hermans, dem Seelenhirten der schwer geprüften Gemeinde Sankt Josef.
Gemeinde – das Wort ließ irgendwo in seinem Hinterkopf ein Glöckchen klingeln. Die Opfer stammten nicht nur aus dem Großraum Mechelen, sondern waren vermutlich auch alle Mitglieder der Gemeinde von Pastor Hermans gewesen. Vielleicht war dem Geistlichen einmal irgendetwas aufgefallen, etwa während der Messe. Obwohl die Wahrscheinlichkeit natürlich gering war. Um den angeblichen Stromableser bei Mariette Pauwels, um den ging es.
Er musterte sich im Rückspiegel, fragte sich, ob Nutten auf das Aussehen ihrer Kunden Wert legten, und ließ den Escort an.
Da er Zeit genug hatte – der Termin bei Pastor Hermans war erst um drei Uhr –, hielt er bei einem Schnellrestaurant an. Er verzog sich ganz nach hinten auf eine grüne Plüscheckbank und bestellte Kaffee und einen Strammen Max.
Das Koffein tat seine Wirkung, und Deleu fühlte, wie seine Lebensgeister wieder erwachten. Er starrte vor sich hin und ertappte sich dabei, wie er schon wieder an Danielle dachte, die aufregende Mulattin, schlank, elegant, humorvoll und bildschön. Sie schwirrte in seinem Kopf herum wie ein munterer Nachtfalter, der um einen herumtanzt und wegflattert, sobald man das Licht einschaltet. Sie war ihm nicht vorgekommen wie eine Nutte, und doch war sie eine.
Seit er Barbara kannte, war er noch nie fremdgegangen. Er war auch nie in die
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