Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen
ganze Haus gründlich geputzt. Die Kriminaltechniker verglichen jeden brauchbaren Fingerabdruck mit denen, die in der Straftäterkartei gespeichert waren, doch die Suche blieb ergebnislos.
Jeden Tag meldeten sich schwangere Frauen, die sich auf die ein oder andere Weise bedroht fühlten. Bosmans hatte Deleu Kopien der interessantesten Meldungen mitgegeben. Deleu schaltete das Nachttischlämpchen ein, machte es sich darunter bequem wie eine Hausfrau, die vor dem Schlafengehen noch ein paar Tränen über einem Kitschroman vergießen möchte, schlug die rote Mappe auf und schaute flüchtig die Berichte durch. Einen davon, den Bosmans an einer Ecke mit einem schwungvollen Haken versehen hatte, las er aufmerksam.
Es handelte sich um die Anzeige einer hochschwangeren Frau, deren Ehemann in einer Bar von einem Polizisten belästigt worden war. Weder der Mann noch die Frau konnten den Beamten näher beschreiben, sie erinnerten sich nur noch daran, dass er schwarze, nach hinten gekämmte Haare gehabt hatte – es war ihnen aufgefallen, weil er in dem Handgemenge seine Mütze verlor – und dass er um die fünfundzwanzig Jahre alt gewesen war.
Der Polizist hatte den Mann gefragt, was er zu dieser späten Stunde mit einer schwangeren Frau in einer Bar zu suchen habe. Als die Frau ihm erklären wollte, dass sie verheiratet waren, hatte der Polizist den Mann ohne Vorwarnung attackiert und ihm den Arm auf den Rücken gedreht, ihn durchsucht und ihm seinen Ausweis abgenommen.
Als der Kellner sich einmischen wollte, hob der Polizist seine Mütze auf und verschwand wie der Blitz. Er war offenbar zu Fuß unterwegs gewesen, denn in der näheren Umgebung war kein Streifenwagen gesehen worden.
Deleu massierte seine Nackenmuskeln und schaute auf den Wecker. Viertel nach zwei, höchste Zeit, sich in andere Gefilde zu begeben. Von wem würde er träumen? Scham empfand er seltsamerweise nicht.
This Is a Man’s World
von James Brown noch im Ohr, schaltete er das Radio aus, löschte das Licht und schloss die Augen.
Aber er konnte immer noch nicht schlafen. Weder Danielle noch Barbara, sondern der Polizist in der Bar spukte ihm im Kopf herum. Zu guter Letzt stand er auf und schenkte sich einen Cognac ein.
Die Jugendlichen im Auto waren angezogen gewesen und hatten den Mörder vermutlich kommen sehen oder sogar mit ihm gesprochen. Das Fenster auf der Seite des Jungen war heruntergekurbelt. Wagt man es als Jugendlicher, einfach loszufahren, wenn ein Polizist auf einen zukommt? Er hätte sich das Kennzeichen am Auto des Vaters aufschreiben können. Rob? Würde Rob es tun? Oder nicht? Es wurde höchste Zeit. Spermaflecken auf ihrem Kleid.
Die unterschlagene Anzeige Peter Verbists, von der De Staercke geredet hatte, wo war die geblieben? Sie musste unbedingt aufgetrieben werden.
Der Stromableser bei Mevrouw Pauwels. War es vielleicht jedes Mal ein und dieselbe Person, ein und derselbe Polizist? Der Mörder, der von beiden Familien arglos hineingelassen wurde: ein Polizeibeamter? Vielleicht hatte er nachts mit der Ausrede bei Mevrouw Poulders geklingelt, ihrem Mann sei etwas zugestoßen. Dann hätte sie ihn, ohne zu überlegen, hereingelassen. Deleu fühlte das Blut in den Schläfen pochen und wusste, dass er auch in dieser Nacht wieder nicht würde schlafen können.
Morgen musste er bei der schwangeren Frau vorbeischauen und versuchen, ihr eine genauere Personenbeschreibung zu entlocken. Und zu der Bar gehen und den Kellner befragen. Die verschwundene Anzeige suchen. Es versprach, ein arbeitsreicher Tag zu werden.
Er dachte noch ein wenig über sein lebendes Kind in Barbaras Bauch und seine sterbenden Kinder in dem bei Danielle achtlos weggeworfenen Kondom nach und sank schließlich in einen unruhigen Schlaf.
[home]
19
F elix Coelst – Fé für seine Freunde – hockte lässig auf seinem Stuhl.
Jos Bosmans betrachtete ihn aufmerksam durch die einseitig durchsichtige Spiegelwand. Er stand vor einem Rätsel. Fé Coelst schwor hartnäckig, er sei der Schlächter.
Coelst, der gestern verhaftet worden war, weil er seine Ehefrau vergewaltigt und ermordet hatte, hatte selbst die Polizei angerufen, sich widerstandslos festnehmen lassen und sofort alles gestanden. Für den Mord an seiner Frau würde er auf jeden Fall vor Gericht kommen. Darüber hinaus behauptete er, der Schlächter zu sein.
Als Vereecken ihn nach Einzelheiten fragte, schwieg er wie ein Grab. Er weigerte sich, noch ein weiteres Wort zu sagen, bevor Rechtsanwalt
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