Bosmans/Deleu 02 -Totenspur
mich dort mit diesem Bert Jacobs unterhalten. Allerdings war kaum etwas Vernünftiges aus ihm herauszubekommen, wahrscheinlich, weil der Filialleiter Vangeffelen bei dem Gespräch die ganze Zeit dabei war. Daraufhin habe ich unauffällig einen Kollegen nach der Adresse von Jacobs gefragt und ihn später am Abend zu Hause aufgesucht. Erst da hat er den Mund aufgemacht. Jacobs behauptet, Nadine Versluys habe sich von ihm beraten lassen, weil sie eine Lebensversicherung in Luxemburg abschließen wollte. Er hätte ihr diese Idee aber mit dem Hinweis auf die neuesten Geldwäscheskandale ausgeredet. Bei ihm hat sie dann zwar keine Lebensversicherung abgeschlossen, wohl aber bei der Allgemeinen.«
Jos Bosmans lief rot an und wetterte: »Was soll das denn schon wieder! Gibt es hier nicht einen einzigen Mitarbeiter, der sich bei seinen Ermittlungen noch an die Vorschriften hält? Bin ich hier von einem HaufenCow…«, Bosmans schaute von Deleu zur Mendonck und wieder zurück, »Cowboys und -girls umgeben, die erst handeln und dann denken?«
»Jedenfalls hat Nadine Versluys«, unterbrach Deleu ihn unbeeindruckt, »diesen Bert Jacobs darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie vorhatte, in Luxemburg eine Lebensversicherung abzuschließen.«
»Und um das herauszubekommen, musstest du ihn unbedingt zu Hause befragen?«, schimpfte Bosmans. »Ja, so leid es mir tut, das musste sein. Und er hat mich auch ohne Durchsuchungsbefehl hineingelassen. Mir war bei der Befragung in der Bank aufgefallen, dass er irgendetwas auf dem Herzen hatte. Doch je mehr ich nachhakte, desto nichtssagender wurden seine Antworten. Mein Gefühl hat mich nicht getrogen. Es stellte sich heraus, dass er sich im Beisein seines Chefs nicht traute, den Mund aufzumachen, weil es um die Reinvestition des Kapitals aus einer alten Lebensversicherung ging und es ihm nicht gelungen war, die Kundin an die Bank zu binden. So etwas ist für einen Firmendespoten wie diesen Vangeffelen mit seinem Toupet natürlich absolut unverzeihlich.«
»Ich verlange, dass sich von jetzt an alle an die Regeln halten!«, brüllte Jos Bosmans, dass sich seine Stimme überschlug.
Deleu schaute zum Fenster hinüber und nickte schwach. Das verschwörerische Grinsen von Nadia Mendoncks vollen Lippen bescherte ihm erneut ein intensives Kribbeln im Bauch. Warum durfte man imLeben nur eine einzige Frau lieben und keine andere anrühren? Das würde für immer ein Rätsel bleiben.
Es sah ganz danach aus, als funkten sie auf einer Wellenlänge, er und Nadia Mendonck. Bei der Vorstellung, dass sie von jetzt an zusammenarbeiten würden und er sich regelmäßig in ihrer Nähe aufhalten konnte, bekam er eine Gänsehaut, teils vor Erregung, teils vor Verzweiflung.
»Na schön. Genug geredet. Zusammenfassung!«, verlangte Bosmans. »Motiv!«
»Geld«, behauptete der schielende Pierre.
»Mordwaffe?«, brummte Bosmans.
»Beil«, sagte Nadia Mendonck.
Fragende Blicke.
Die neue Kollegin räusperte sich: »Die Leiche in den Docks, also die von Nadine Versluys, ist meiner Meinung nach mit einem Beil enthauptet worden.«
»Wie kommen Sie darauf?«, fragte Jos Bosmans.
Nadia Mendonck starrte nachdenklich die Tapete an, befeuchtete ihre Lippen und nahm Bosmans mit ihrer Antwort von vornherein den Wind aus den Segeln: »Ich weiß, dass man sich in einem Mordfall nicht von seinen Gefühlen leiten lassen sollte, aber ich glaube einfach, dass ein Schlag mit einem Beil am meisten einer Enthauptung durch eine Schiffsschraube gleicht. Deshalb.«
Bosmans nickte nur und lächelte. Offensichtlich ein Gewinn für das Team, diese Nadia Mendonck. Muss nur den guten Deleu ein bisschen im Auge behalten.Der reagiert ja auf sie wie der Pawlowsche Hund aufs Glöckchen.
»Na schön, dann muss der Gerichtsmediziner die Leiche eben noch mal auf entsprechende Spuren hin untersuchen«, sagte Bosmans. »Außerdem brauche ich eine DNA-Analyse, und zwar sofort.«
»Zu spät, Chef«, wandte der schielende Pierre ein, »sie wird morgen beerdigt.«
Bosmans fluchte lautstark und ordnete an: »Beerdigung aufschieben! Sofort! Bitte veranlasse alles Nötige, Walter.«
Walter Vereecken seufzte und schwieg. Das war ein Befehl gewesen, keine Bitte. Ein wahrer Berg von Papierkram kam auf ihn zu. Mist! Verfluchter Rollstuhl. Es war zum Heulen. Vereeckens Gedanken schweiften ab zu seiner Frau Maggy, die in diesem Augenblick ihre Fahrprüfung ablegte. Den Führerschein mit 51 Jahren. Sie hatten lange darüber diskutiert, und nach einem
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