Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn
erleichtert an den Metallschreibtischen vorbeidrängte, riss Deleu aus seinen Grübeleien. Dem Angestellten folgte ein korpulenter Mann um die fünfzig mit aufgekrempelten Hemdsärmeln und breiten Handgelenken. Der Mann stemmte die Hände in die Hüften, und als er mit dem Beschluss von Untersuchungsrichter Bosmans wedelte, bemerkte Deleu seinen säuerlichen Achselgeruch.
»Völlig ausgeschlossen, Inspecteur.«
»Befehl von Untersuchungsrichter Bosmans«, betonte der Ermittler ungerührt. »Wir brauchen diese Information noch heute, Mijnheer, äh …«
»Nicolay Fons«, seufzte der oberste Mechelener Steuerprüfer, während er sich hinter dem Ohr kratzte. »Hören Sie, Inspecteur, wir werden unser Bestes tun, aber wir können Ihnen nicht versprechen, dass wir diese Information noch heute …«
»Ich warte gerne so lange«, unterbrach Deleu sein Gegenüber munter und blies eine Rauchwolke in seine Richtung. Der Mann ignorierte Deleus schlechtes Benehmen. Er blickte auf die Uhr und trat ein paar Schritte zurück. Plötzlich besann er sich und wandte sich an seinen Untergebenen.
»Verschaeren?«
»Ja, Mijnheer Nicolay?«
»Sorgen Sie dafür, dass Inspecteur Deleu die Information noch heute erhält.«
»Aber …«
»Verschaeren?«
»Ja, Mijnheer Nicolay?«
»Haben Sie Kinder?«
»Ja. Zwei.«
»Dann tun Sie Ihr Möglichstes. Rufen Sie Toeback von der IT -Abteilung an und bitten Sie ihn, dass seine Leute die Namen aller Vermieter in Mechelen aus unseren Datenbanken holen. Heute noch.«
»Und ich soll warten, bis …?«
»Verlangen Sie Toeback und sorgen Sie dafür, dass der Inspecteur seine Liste erhält. In Ordnung?«
Deleu übersah den giftigen Blick des Angestellten, der wutentbrannt an den Schreibtischen entlangeilte. Er wollte dem Prüfer danken, der das Herz auf dem rechten Fleck hatte, doch dieser war bereits verschwunden.
Deleu dachte daran, wie er vor zwei Tagen mit Barbara im »Kleine Keizer« gesessen hatte. An seinen missglückten Versöhnungsversuch. Er sah sich vor der Tür seiner Schwiegereltern stehen, eine Rose mit dem Kärtchen
Besser spät als nie
verlegen hinter dem Rücken versteckt.
Nach langem Drängen hatte seine Schwiegermutter endlich Barbara gerufen. Sie hatte zwar überrascht reagiert, war aber schließlich einverstanden gewesen, mit ihm etwas trinken zu gehen. Deleu schloss die Augen und schluckte. Es fühlte sich an, als würde ein zusammengeknülltes Stück Schmirgelpapier seinen Hals hinunterrutschen.
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Dienstag, 25 . November – 16 Uhr 35
H erman Verbist beschloss, Wichtchen zum Zoofachgeschäft mitzunehmen, um sie ein bisschen aufzumuntern. Er wollte ihr einen Weidenkorb kaufen, da sein Vorrat an Pappkartons aufgebraucht war.
Er nahm das warm eingepackte Wichtchen auf den Arm, schlug seinen Mantel um sie und knuddelte sie ausgiebig. Sie gurrte vor Freude. Verbist setzte ihr das niedliche Mützchen auf, das er für ein Heidengeld in einer Kinderboutique gekauft hatte, und verließ lächelnd die Wohnung.
Zu zweit einkaufen gehen, das macht Spaß. Schade, dass ich keinen Kinderwagen habe. Den bekommt man ja meistens von den Paten geschenkt, und die haben wir nun mal nicht. Wichtchens Kinderwagen habe ich im Park zurücklassen müssen, denn er wäre zu sehr aufgefallen, und außerdem hätte ich nicht gewusst, wie man das Untergestell zusammenklappt. In so etwas bin ich ziemlich ungeschickt. Meine Frau hat mich immer »Schussel« genannt. In technischen Dingen bin ich nicht sehr bewandert, ich bin mehr der philosophische Typ. Nein, ich trage meine Tochter, das verstärkt unsere Bindung.
Auf dem Weg zum Zoogeschäft fühlte sich Verbist ganz als glücklicher Vater. Wichtchen hatte einen Heidenspaß. Sie war sehr aufmerksam und interessierte sich für jedes Geräusch. Sie drehte den Kopf von rechts nach links und lachte alle Passanten an. Verbist strahlte.
Vor einem Zeitungskiosk blieb er schnaufend stehen. Wichtchen griff nach ihrem Spiegelbild in der Scheibe.
Verbist kaufte eine Zeitung und einen Schokoriegel. Er brauchte zusätzliche Energie, denn Wichtchen schien immer schwerer zu werden. Man konnte ihr förmlich beim Wachsen zusehen.
Ich wünschte, sie bliebe klein, klein, lieb und unschuldig.
Verbist blätterte ein wenig in einer Wochenzeitschrift herum, spähte aber aus den Augenwinkeln heraus nach dem
Playboy.
Er kaufte sich jedoch keinen, denn zum einen hätte er es unanständig gefunden mit Wichtchen in den Armen, und außerdem traute er
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