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Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Titel: Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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Schirm seiner Mütze wieder tief ins Gesicht, rieb sich über den Schnauzer, leckte an seinem Zeigefinger und wischte ihn an der Jeans ab.
    Während er zwischen den Regalen hindurchging, wunderte er sich darüber, wie viele Leute ihn ansprachen. Wildfremde, die ihn sonst ignoriert hätten. Es hagelte Komplimente wie: »Ach, wie niedlich! Haben Sie ein Glück! So ein hübsches Kind! Was für schöne blaue Augen!«, unweigerlich begleitet von den Fragen: »Ein Mädchen, oder?« und »Wie alt ist denn die Kleine?«
    »Ja, ein Mädchen, knapp neun Monate«, antwortete der stolze Vater jedes Mal, und da sich niemand wunderte, ging er davon aus, dass Wichtchen tatsächlich an die neun Monate alt war.
    Wie alt ist sie wohl? Ich muss doch mal in einem Buch nachschlagen. Vielleicht finde ich eines, das mir dabei hilft, Wichtchens Alter zu bestimmen. Aber bis dahin ist sie für mich neun Monate alt. Ein gutes Alter für eine Wiedergeburt.
    »Neun Monate, heute genau neun Monate«, sagte er, und als die aufdringliche Frau ungläubig schnaufte, zog er den Reißverschluss hastig weiter nach unten.
    »Meine Güte, dafür ist sie aber groß. Und wie heißt sie?«
    Soll ich Wichtchen Caroline nennen? Nein, lieber nicht. Aber nicht aus Respekt vor meinem ungeborenen Baby, sondern weil ich finde, dass jedes Kind einzigartig ist.
    »Marie-Lutgardis.«
    »Ah ja, so, so, wie nett«, murmelte die Frau und trat rasch den Rückzug an.
    Niemand fragt nach der Mutter. Manche Leute mustern mich zwar eindringlich, fast ungläubig. Man kann ihnen ansehen, was sie denken: Der muss mit einer wunderschönen Frau verheiratet sein. Denn was äußerliche Schönheit angeht, habe ich ja nicht viel zu bieten. Ich sehe ziemlich normal aus, eher unattraktiv sogar. Zum Glück habe ich wenigstens keine dunklen Augen. Wenn ich je eine Mutter für Wichtchen finde, muss sie schon eine sehr hübsche Frau sein, mit kornblumenblauen Augen. Um unsere kleine Familie glaubwürdig aussehen zu lassen.
    Wider Erwarten steigerte dieser öffentliche Auftritt Herman Verbists Selbstvertrauen erheblich, und er nahm sich vor, von jetzt an das Baby überallhin mitzunehmen.
    Doch seine Euphorie war nur von kurzer Dauer.
    Zwei Bullen in Zivil auf halb sieben. Ich rieche sie schon von weitem. Sie halten etwas in der Hand. Ein Foto. Sie suchen mich.
    Blitzschnell zog er den Jackenreißverschluss zu, und während er steifbeinig zu den Kassen marschierte, spürte er tief in seinem Inneren Angst aufsteigen.
    Die beiden Polizisten sahen sich lustlos um, und Verbist machte sich mit gesenktem Haupt auf den Weg in Richtung Ausgang. Unterwegs griff er in der Kosmetikabteilung nach einer Schachtel, stopfte sie ungeschickt unter seine Jacke und ging an den Kassen vorbei.
    Als er plötzlich seinem Konterfei gegenüberstand, hielt er inne. Am Eingang des Supermarkts hing die Vergrößerung des Fotos, das in seinem Computer gespeichert war und mit dem er so gut wie nie Erfolg bei seinen Internetkontakten gehabt hatte.
    Wenn ich doch nur wie Ricardo sein könnte!
    Er sah sich die Schachtel mit der Haartönung an, die er geklaut hatte. Kastanienbraun, nicht etwa rabenschwarz wie Ricardos Schopf.

[home]
    Dienstag, 25 . November – 15  Uhr 46
    A ußer Atem betrat Verbist einen schicken Delikatessenladen, reihte sich in die Schlange vor der Theke ein und musterte die fünf Wartenden vor ihm.
    Dann ließ er den Blick über die ausgestellten Fleisch- und Wurstwaren wandern, die exorbitant teuer waren. Zum ersten Mal seit seiner Entlassung durch seinen letzten Arbeitgeber fühlte er sich wie ein Arbeitsloser.
    Nach alter Gewohnheit griff er in die Gesäßtasche seiner Jeans. Seine Miene verfinsterte sich, als er sich daran erinnerte, dass er sein Portemonnaie verloren hatte. Schließlich fand er nach einigem Suchen die schlampig gefalteten Geldscheine in der Innentasche seiner Jacke und atmete auf.
    Gut, dass ich mein Bargeld nicht im Portemonnaie aufbewahre!
    »Und was darf es für Sie sein, Mijnheer?«, fragte die Verkäuferin und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
    »Eine Rolle Küchenpapier bitte, meine Tochter hat sich schmutzig gemacht«, antwortete Verbist schüchtern.
    Ich werde ihr nicht auf die Nase binden, dass Wichtchen alles vollgeschissen hat. So was sagt man nicht in so einem Edelschuppen, vor allem nicht, wenn man in Zukunft vermutlich öfter hier einkaufen muss, weil der große Supermarkt zu belebt und voller Bullen ist. Außerdem würde diese Giftspritze mich wahrscheinlich

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