Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd
einen derartigen Schreck eingejagt, dass er wieder bei seiner Frau eingezogen ist. Was er laut diesem Psychotherapeuten besser nicht getan hätte, denn so geriet er vom Regen in die Traufe. Die Beziehung war bereits so vergiftet, dass es nur noch schlimmer wurde. Van Cleynenbreughel begann damit, jungen Mädchen nachzustellen, die Ähnlichkeit mit Vandergoten besaßen und …«
»Sein psychologisches Profil interessiert mich, ehrlich gesagt, nur mäßig«, warf Bosmans verärgert ein. »Das nützt uns jetzt auch nichts mehr. Ich will viel lieber wissen, ob Van Cleynenbreughel derjenige war, der in Plaetincks Wagen gesessen hat. Dieser Kerl hat jungen Mädchen jedenfalls nicht nur nachgestellt – der wollte junge Mädchen in Streifen schneiden. Und Gott allein weiß, wer oder was sonst noch auf seiner perfiden Wunschliste gestanden hat. Steht, meine ich.«
»Ist Van Cleynenbreughels Freundeskreis bereits unter die Lupe genommen worden?«, fragte Deleu.
»Es gibt keinen Freundeskreis. Nicht mal einen Bekanntenkreis. Der Mann war ein Einzelgänger. Auch seine Kollegen wussten nicht viel über ihn zu berichten«, erwiderte Pierre und zündete sich mit seinem glimmenden Zigarettenstummel gleich die nächste Zigarette an. Gierig sog er den Rauch in die Lungen. »Und auch in diesem Fitnessclub gibt es niemanden, der ihn näher kennt.«
»Aber er hat doch ein Abo!«
»Wie man’s nimmt. Er ist irgendwann – im Oktober Neunundneunzig, um genau zu sein – dort Mitglied geworden, und danach wurde der Beitrag einfach abgebucht. Der Club führt kein Monatsregister. Zu viel Aufwand, meint der Betreiber. Und da kann ich ihm eigentlich nur recht geben und …«
»Okay, okay«, unterbrach Bosmans ihn mit einer ausladenden Geste. Wie ein Feldherr, der seine Truppen inspiziert, spreizte er die Arme. »Lasst uns mal versuchen, alle Fakten systematisch durchzugehen.«
»Dieser Psychotherapeut, Dr.Beherman, meinte auch noch, dass Van Cleynenbreughel nicht in der Lage wäre, einen Mord zu begehen«, sagte Walter Vereecken, ohne aufzuschauen, und studierte seinen Daumennagel.
»Wann haben Sie den denn befragt?«, hakte Bosmans nach. »Ich kann mich an keinen Bericht erinnern.«
»Ich hatte ihn am Draht. Er rief von einer Telefonzelle aus an. In seiner Praxis war immer nur der Anrufbeantworter dran.«
Bosmans musterte Vereecken skeptisch.
»Ich … dieser Mann ist wahnsinnig beschäftigt«, stammelte Walter Vereecken in dem Versuch, einem Verweis zuvorzukommen. »Er war bereit …«
»Worauf basiert seine Aussage?«, fragte Mendonck, die die ganze Zeit zwischen zwei verkümmerten Sansevierien auf der Fensterbank gesessen hatte, ohne viel Interesse an der Geschichte zu zeigen.
»Auf der Kohle, die ihm der ein oder andere Medienmogul in den Rachen wirft«, erwiderte Deleu unwirsch. »In nicht allzu ferner Zukunft dürfen wir Van Cleynenbreughels Biografie in den Schaufenstern unserer Buchhandlungen erwarten. Eine Biografie, verfasst von seinem Psychologen.«
»Ich weiß ja, dass du leicht paranoid bist«, brummte Bosmans. »Aber jetzt gehst du wirklich zu weit. Hat die Hausdurchsuchung bei Van Cleynenbreughel noch irgendetwas gebracht?« Bosmans schaute erwartungsvoll zu Vereecken, der jedoch den Kopf schüttelte.
»Nein, nichts. Dieser Psychotherapeut äußerte allerdings die Vermutung, dass Van Cleynenbreughel ein Alkoholproblem hatte. Vielleicht gab es ja eine Stammkneipe oder so was. Aber ich denke nur laut. Keine versteckten Mordwaffen. Keine Frauenkleider. Nichts Außergewöhnliches. Und diesen Zusteller … den haben wir ebenfalls mit einem Foto von Van Cleynenbreughel konfrontiert, und er …«
»Dieser wer?«, warf Pierre Vindevogel träge ein.
»Na ja, Van Lierde – der Briefzusteller, dessen Dienstwagen von Plaetincks Wagen gerammt wurde.«
»Ach, der Postbote! Sag das doch gleich.«
Bosmans klopfte mit seinem Ehering auf die Schreibtischplatte. Das genügte, um das Geplänkel zu beenden.
»Hatte er eine Waffe bei sich, als er in die Wohnung der jungen Frau eindrang?«, fragte Deleu rhetorisch.
»Wer?«, fragte Vereecken zerstreut.
»Der Postbote«, murmelte Vindevogel.
Jos Bosmans stützte sich auf der Schreibtischplatte ab, schob seinen Stuhl nach hinten und richtete sich mühsam auf. Seine Kniescheiben knackten, und als Mendonck bemerkte, dass die Naht seiner zu engen Hose ihm zwischen die Pobacken gerutscht war, bemühte sie sich angestrengt, einen hysterischen Lachanfall zu
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