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Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Titel: Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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von der Natur verschluckt.
    Unbewusst kreuzte Jos Bosmans die Finger. Er konnte nichts tun. Jedenfalls nicht im Moment.
    Lebst du noch, Nadia? Lebst du noch, Kindchen?
     
    Die Männer des SEK standen vollkommen reglos da. Die meisten mit Schlamm an den Knien und Ellbogen. Bewegungslose Gestalten, dicht über den Boden gekauert, in der Deckung der Sträucher. Weiße Atemfahnen. Bedrückte Gesichter.
     
    »Okay, Marc. Dann mal los.«
    Schwerfällig setzte Vanderkelen sich in Bewegung. Das schwere Gerät hing an einem Nylongurt um seinen Nacken, und er war derart konzentriert, dass er keine Antwort gab.
    Jos Bosmans lief dicht hinter ihm, bis er plötzlich vor einem alten Brunnen stehen blieb, etwa fünf Meter hinter der zusammengesackten Scheunenmauer. Breite, diagonale Risse zeichneten sich in dem alten Mauerwerk ab.
    Mit der Spitze seines Lederstiefels trat Vanderkelen gegen einen Haufen moosbewachsener Steine. Sein Zeigefinger zitterte, als er mit ausgestrecktem Arm auf das schwarze Loch deutete. Inzwischen hatten sich alle um den Brunnen versammelt. Wie versteinerte Miniatursoldaten in einem Landschaftsmodell.
    Bosmans setzte sich als Erster in Bewegung: Er nahm einen Kiesel und warf ihn in das schwarze Loch. Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis sie ein Platschen hörten.
    »Absuchen«, sagte Vanderkelen.
    Bosmans schaute ihn an. In seinen Augen lag ein seltsames Funkeln. Dann wanderte sein Blick zum Brunnen und von dort zu einer rostigen Winde, die an zwei Holzblöcken befestigt war. Ein Seil wand sich um den Zylinder. Bosmans griff zur Kurbel, und als er vorsichtig zu drehen begann, ertönte ein leises Piepen. »Kann man das Signal empfangen, wenn das Mobiltelefon ausgeschaltet ist?«, murmelte er, wobei die Frage eher an sich selbst als an Vanderkelen gerichtet war. Dementsprechend beachtete er dessen Kopfschütteln auch nicht.
    Der verbeulte Eimer war trocken. Bosmans zog ihn näher zu sich heran. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, als er auf dem Boden des Eimers Nadia Mendoncks kanariengelbes Handy entdeckte. Es schien, als würde das Gerät ihn angrinsen: Die Klappe war geöffnet, und das rote Auge zwinkerte ihm zu.
    »Verdammt. Dieser dreckige Mistkerl!«
    *
    Der Schrei riss Nadia Mendonck aus ihrem tiefen, aber unruhigen Schlaf. Ihr geschundener Körper zitterte. Das Erste, was ihre langsam erwachenden Sinnesorgane wahrnahmen, war der bittere Geschmack auf ihrer Zunge. Ihrer geschwollenen Zunge. Dick und trocken.
    Nadia Mendonck schlang die Arme um den Körper und zitterte, als litte sie unter einem Anfall von Gelbfieber. Ein Feldbett. Sie lag auf einem Feldbett. Während sie nach hinten rutschte und den Rücken gegen die Wand drückte, versuchte sie verzweifelt, ihre Gedanken zu ordnen, die Ereignisse in eine Reihenfolge zu bringen. Ganz allmählich drang die Realität zu ihr durch.
    Die Praxis. Der Kaffee. Das Auto. Der Kofferraum.
    Mit zittrigen Fingern tastete sie über die Beule auf ihrer Stirn. So groß wie ein Taubenei. Zögernd stellte sie den linken Fuß neben der Pritsche auf den Boden.
    Der Schrei war verstummt. Sie konnte nur noch ein stockendes Schluchzen hören. Kurze, verzweifelte Atemzüge.
    Plötzlich schrie die Frau erneut. Mendonck schauderte und blickte zu den Gitterstäben. Massiv und bedrohlich.
    Ein Keller … ich bin in einem Keller.
    Zitternde Beine. Nadia Mendonck erkannte, dass sie ihre Gedanken in eine andere Richtung lenken und sich beschäftigen musste. Sie stellte auch ihren rechten Fuß auf den Boden, war aber gezwungen, am Rand des Feldbetts Halt zu suchen. Instinktiv streichelte ihre Hand über ihren Bauch, und diese Geste erfüllte sie mit Angst, gab ihr gleichzeitig aber auch Kraft. Und Mut. Den Mut, aufzustehen. Als sie ein paar schwankende Schritte in Richtung Eisengitter machte, ließ ein Geräusch sie abrupt innehalten.
    Schritte! Sie kommen näher. Nein … weg. Sie bewegen sich von mir weg.
    Im nächsten Moment ging das Licht aus. Mendonck blieb stocksteif stehen, beide Hände auf den Bauch gepresst. Erschrocken hielt sie den Atem an. Während sich ihre Augen langsam an die Dunkelheit gewöhnten, strich ein kalter Luftzug über ihre Wange. Langsam drehte sie den Kopf. Von irgendwoher fiel Licht herein.
    Ein Kellerfenster.
    Und dann sah sie ihn – zumindest seine Silhouette. Neben dem Kellerfenster. Reglos in der Finsternis. Es war zu dunkel, um sein Gesicht erkennen zu können. Aber er war es. Der Psychotherapeut. Der Mann, der sie in seiner

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