Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Titel: Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
Vom Netzwerk:
Praxis angegriffen hatte. Nadia Mendonck schauderte. Sie schloss die Finger um das rostige Eisengitter und drückte die Stirn gegen die Stäbe. Die Angst sorgte dafür, dass sich ihr Magen zusammenballte. Gedanken rasten durch ihr Hirn. Ungeordnet. Ein dumpfer Schmerz am Halsansatz erinnerte sie daran, dass sie in der Praxis zusammengebrochen und auf der Tischkante aufgeschlagen war.
    Der Kaffee. Er hat irgendwas in meinen Kaffee gekippt. Der Dreckskerl.
    Aus den Augenwinkeln spähte sie zum Fenster. Der Wind rauschte durch den Kellerschacht. Die Silhouette war verschwunden. Das leise, aber ununterbrochene Schluchzen ließ sie zur Seite schauen. Dann hörte sie jemanden atmen.
    Nebenan. Neben mir. Hier ist noch jemand.
    Schritt für Schritt tastete sich Mendonck zur Wand vor, wobei ihre Knie knackten. Plötzlich schrie die Frau neben ihr wieder, hoch und schrill wie ein abgestochenes Schwein. Mendonck spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufrichteten, und während sie heftig schluckte, hallte ein vages Kichern durch die Dunkelheit. Es schnürte ihr die Kehle zu. Sie traute sich kaum noch, Luft zu holen. Doch plötzlich wurde sie wütend. Sämtliche angestauten Ängste und Frustrationen bahnten sich einen Weg nach draußen wie glühende Lava: »Du bist geliefert! Du Drecksack! Meine Kollegen wissen, wo ich bin!«
    Ihre Worte hallten durch das Gewölbe. Schaum hing an ihren Lippen, und die Wut fuhr ihr wie ein Messer durch den geschundenen Körper.
    »Hilfe. Helfen Sie mir.« Die Stimme klang leise, bedrückt, ratlos. Mendonck tastete sich in Richtung Kellerecke vor. Sekunden später strauchelte sie über irgendetwas, das laut über den Boden schepperte. Als sie nach unten schaute, konnte sie die Konturen eines Metallurinals ausmachen. Der Deckel war herabgefallen. Mendonck hastete weiter zur Kellerwand, wo sie sich mit beiden Händen festhielt. Sie presste die Augen zusammen und schnaubte wie eine trächtige Stute, die ein Rudel Wölfe riecht. »Hallo?«
    Von der anderen Seite ertönte das leise Schlurfen von Schritten. Beinahe unhörbar.
    »Hallo? Ist da jemand?«
    »Mein Kind. Er … er hat mein Kind.« Die Stimme klang heiser und panisch.
    »Wer sind Sie?«
    Keine Antwort.
    »Was ist passiert? Sie brauchen keine Angst zu haben, ich bin Polizeibeamtin. Ich werde Ihnen helfen.« Mendonck spürte ihre eigene Angst. Es gelang ihr kaum, ihre Stimme unter Kontrolle zu bekommen. Bei jedem Wort schwang ein starkes Zittern mit. »Sind Sie verletzt?«
    »Ja. Ja.« Die Stimme der Frau verwandelte sich in ein leises Schluchzen. »Nein … Er hat …«
    Nadia Mendonck umklammerte die Gitterstäbe. Dann tastete sie hektisch ihre Taschen ab.
    Kein Mobiltelefon.
    »Haben Sie ein Handy dabei? Hallo …?«
    »Nein«, lautete schließlich die leise Antwort. Die Frau schien entkräftet zu sein. Völlig erschöpft. »Mir … mir ist so kalt.«
    »Sind Sie … sind Sie nackt?«
    »Nein. Schnupfen. Vielleicht Fieber.«
    »Wo sind Sie? Geben Sie mir Ihre Hand.«
    »Nein.«
    Mendonck hörte ein schleifendes Geräusch, als würde ihre Mitgefangene, ihre Schicksalsgenossin, ihre Freundin auf der anderen Seite langsam an der Mauer herabgleiten. Die Kripobeamtin zog ihren verschwitzten Pullover aus und schob ihn durch die Gitterstäbe. »Hier. Nehmen Sie meinen Pulli.«
    Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern. Doch dann spürte sie einen leichten Widerstand – die Wolle wurde in die Länge gezogen. Nadias Finger krochen über den weichen Pulli. Zunächst vorsichtig, wachsam wie eine Hausspinne, die die Überquerung der Kluft zwischen Sofarückenlehne und Fensterbank erwägt.
    Plötzlich schoss ihre Hand mit einem Ruck nach vorn.
    Haut. Muskeln? Eine Hand. Ein Ring. Eine Frauenhand.
    Ihre Finger verschränkten sich. Tastend. Drängend. Auf der Suche nach Halt. Dann reglos. Haut an Haut.
    »Ganz ruhig. Halt dich an mir fest. Du bist nicht allein. Nicht mehr. Wer bist du? Was hat er dir angetan?«
    Plötzlich ging das Licht wieder an. Und da war er: Beherman. Den Maßanzug hatte er abgelegt, er trug nun ein kurzärmliges Polohemd. Die Kälte schien ihm nichts anzuhaben. Die Muskeln seiner Unterarme glänzten, als er die Hände langsam zu Fäusten ballte und wieder öffnete. Er lehnte mit dem Rücken an der Wand. Entspannt. Ein bizarres Lächeln umspielte seinen Mund.
    »Meine Damen … Wie ergreifend. Gottes Wege sind wahrhaft unergründlich«, salbaderte er, gefolgt von heiserem Kichern. »Beste Freundinnen inzwischen. Ich bin

Weitere Kostenlose Bücher