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Bote des Todes

Bote des Todes

Titel: Bote des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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Kohl mit Speck entgegen, den ihre Mutter zubereitet hatte. Die Kinder saßen schon am Tisch, und Siobhan half ihnen, die Brotscheiben zu schmieren. Es war eine wundervolle Szene, die Moira augenblicklich auf die Idee brachte, dass man sie filmen müsste.
    „Keine Kameras, wenn wir beim Abendessen zusammensitzen“, erklärte ihre Mutter, als hätte sie ihre Gedanken gelesen.
    „Keine Kameras“, stimmte sie eilig zu.
    Keine Kameras.
    Sie musste daran denken, wie besorgt Jeff darüber war, dass sie noch weiter im Pub filmen wollte.
    Warum?
    Was war es, das sie besser nicht filmen sollte?
    Amerika war ein erstaunliches Land. Von seinem Hotelzimmer mitten in New York City aus betrachtete Jacob Brolin das rege Treiben viele Dutzend Stockwerke unter ihm. Von seinem Fenster aus konnte er die Straße und den Central Park überschauen. Die Menschen waren so weit entfernt, dass sie zu kleinen, gesichtslosen Gestalten wurden. Einige von ihnen genossen erkennbar die Stadtansicht, da sie sich Zeit ließen, während andere in Eile waren, um von irgendeinem Punkt zu einem anderen zu gelangen. Touristen blieben stehen und verhandelten mit den Kutschern am Straßenrand. Er hatte sich zuvor zu seiner Zufriedenheit davon überzeugt, dass die Pferde in guter Verfassung waren und keine knochigen und unterernährten Tiere die Touristen durch die Stadt und den Park ziehen mussten. Viele Pferde trugen eine Decke gegen die Kälte, die Mitte März herrschte, andere waren mit Blumen geschmückt worden. Eines von ihnen schien sogar einen Hut zu tragen. Die meisten der Kutscher waren Iren, was er an ihrem Jubel erkannt hatte, als er im Hotel eincheckte. Ja, er war wirklich froh gewesen, dass die Pferde gepflegt waren. Seltsam, dachte er, aber vielleicht ist es auch gar nicht so seltsam. Viele Männer wie er hatten es hingenommen, dass anderen Menschen Gewalt angetan wurde, aber das Leid eines Tieres ging ihnen immer zu Herzen. Doch um diese Pferde kümmerte man sich, und das war eine gute Sache.
    „Mr. Brolin?“
    Er wandte sich vom Fenster ab. Peter O’Malley, einer seiner Mitarbeiter, hatte an der Tür angeklopft, die den Salon mit dem Schlafzimmer verband, und war eingetreten. O’Malley, ein Hüne von Mann, maß gut und gerne einsfünfundneunzig. Und auch wenn er an die 150 Kilo auf die Waage brachte, war er ein wandelndes Muskelpaket. Er trug einen Anzug, der ihm gut stand. Brolin war sicher, dass es nur wenigen Leuten auffallen würde, dass O’Malley einen Teil seines schwergewichtigen Aussehens der kugelsicheren Weste zu verdanken hatte.
    „Peter?“
    „Der Anruf ist da.“
    „Danke, ich nehme ihn hier an.“
    Er nahm den Hörer ab und nannte seinen Namen. Der Anrufer sprach Gälisch. Er hörte aufmerksam zu, dann sagte er entschlossen: „Ich sage es nicht ab, ich werde morgen Nachmittag dort sein.“
    Nach einem kurzen Wortwechsel legte er den Hörer auf und ging wieder zum Fenster. Diesmal schloss er allerdings die Augen.
    1973. Er hatte sich für einen anderen Weg entschieden. Ihm war es wie die einzige Wahl erschienen, die er hatte. Er war mit Jenna McCleary unterwegs gewesen, und die Situation war außer Kontrolle geraten. Der Kampf hatte sich in die Straßen verlagert. Kugeln waren ihnen um die Ohren geflogen, während sie in Deckung gerannt waren.
    „Wir müssen uns aufteilen“, hatte Jenna gesagt.
    Er hatte genickt. Aufteilen und dann mitten im Geschehen untertauchen. Wo konnte man sich besser verstecken als in aller Öffentlichkeit? Er war einverstanden gewesen.
    Er war in den nächstgelegenen Pub gegangen und hatte sich ein Ale bestellt. Er war nicht sicher, welchen Weg Jenna gewählt hatte, aber spät am Abend erfuhr er, dass man sie aufgegriffen hatte.
    Man hatte ihm davon erzählt, davon, wie man sie verhört hatte. Davon, wie der vorgesetzte Offizier sie einer Gruppe von Soldaten überantwortet hatte, die eben einen Kameraden verloren hatten. Erschossen auf der Straße, als sie davongerannt waren. Vielleicht hatte Jenna den Abzug betätigt, vielleicht war er es aber auch selbst gewesen. Jenna hatte dafür bezahlt. Sie war jung und hübsch gewesen, und von Kindheit an hatte man ihr eingeschärft, dass Vergeltung über allem anderen stand.
    Sie war nicht mehr hübsch gewesen, als die Soldaten mit ihr fertig waren. Natürlich gab es einen Plan: Sie würden niemals einen aus ihren Reihen im Stich lassen. Doch als sie den Konvoi stoppten, mit dem sie von der Arrestzelle ins Gefängnis gebracht werden sollte, war etwas

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