Bote ins Jenseits
Gotteshäusern hier im Jenseits nicht wirklich gegeben ist. Aber in Tyndall, so heißt die Stadt, in der du dich wie zu Hause fühlen dürftest, hat sich vor geraumer Zeit eine Art Kölner Kolonie gebildet, die seitdem geradezu explosionsartig wächst. Lauter ehemalige Kölner. Das hatte dann irgendwann auch Auswirkungen auf das Erscheinungsbild einer Stadt. Was soll ich sagen, die wollten einen Dom. Natürlich auch so manch anderes, aber am dringendsten diesen Dom. Selbst die Pariser sind nicht auf die Idee gekommen, sich hier irgendwo ihr Notre-Dame oder gar diesen potthässlichen Sendemast hinstellen zu lassen. Tatsächlich ist es das einzige nachgebildete Gotteshaus im ganzen Jenseits, und das soll was heißen. Ihr Kölner seid verdammt sture Hunde, wenn ich das mal so sagen darf.«
Kamp war zu glücklich, um Einwände zu erheben. Er würde den Dom anstarren und am Rheinufer entlangspazieren können. Es war perfekt – fast.
»Ähm… eine bescheidene Frage. Ist es wohl möglich, dass ich auf der linken Seite des Rheines untergebracht werde?«
Robard maß Kamp mit einem verständnislosen, aber ruhigen Blick.
»Irgendwann, wenn ich glaube, die Antwort ertragen zu können, werde ich mal hinterfragen müssen, was es damit auf sich hat«, sagte er mehr zu sich selbst als zu Thore. »Kein Problem. Ich habe mit nichts anderem gerechnet… das wollen sie alle. Dein Rhein heißt übrigens nicht Rhein, sondern Rombus.«
Robard sah das gelinde Entsetzen in Kamps Gesichtszügen.
»Keine Sorge, die Uferpromenade erfüllt die technischen Voraussetzungen einer perfekten Kopie.«
Kamp befand, dass dieser Makel akzeptabel war.
Schließlich bekam er die Anweisung, sich zurück ins Erdgeschoss und schließlich in den Innenhof zu begeben. Von dort konnte man auf die anderen drei Ebenen des Jenseits gelangen, vorausgesetzt natürlich, man hatte die entsprechende Berechtigung. Kamp war es zurzeit nur gestattet, die zweite Ebene zu betreten. Er bräuchte sich nur in einen der Paternoster stellen und würde automatisch zum Ziel gebracht. Kamp verabschiedete sich von Robard und ging los.
Unbehagen
Der Innenhof hatte etwas von einem königlichen Lustgarten. Er enthielt Springbrunnen, Kieswege, Skulpturen, in Form geschnittene Bäume und Sträucher, sowie kleine Bänke, die aus Holz zu sein schienen. Alles war geschickt über das Rondell verteilt. Nur einen Fahrstuhl konnte er nicht entdecken.
In der Mitte des Innenhofes befand sich eine Art Pavillon. Erst auf den zweiten Blick bemerkte Kamp die merkwürdigen Dimensionen des Pavillons. Er schien noch über die Größe des Gebäudes hinauszuragen und wurde nach oben hin immer breiter, wie ein überdimensionaler Nagel, den man in den Boden gerammt hatte. Seine Fenster gaben zu Kamps gelinder Enttäuschung keinen Blick auf das frei, was sich in seinem Inneren befand. Man sah nur den gleichen nebligen Dunst, der ihn kurz nach seiner Ankunft im Jenseits umgeben hatte.
Eine merkwürdige Anziehungskraft ging von diesem Pavillon aus.
Kamp ging, nach oben starrend, langsam auf ihn zu, als ein bekanntes Geräusch erklang. Er drehte sich um und sah… eine Telefonzelle.
Abgesehen davon, dass sie bis vor wenigen Augenblicken noch nicht dort gestanden hatte, erregte ein konstanter, von ihr ausgehender Summton seine Neugierde. Er öffnete die Tür, steckte seinen Kopf hinein und konnte gerade noch dem ihm entgegenkommenden Boden der Zelle ausweichen. Erschrocken stolperte er zurück und fiel auf seinen Hintern. Er hatte seinen Fahrstuhl gefunden… beziehungsweise der Fahrstuhl ihn.
Kamp rappelte sich wieder auf und sah sich um, ob jemand seinen Auftritt verfolgt hatte. Trotz des regen Betriebs im Gebäude, war er im Innenhof zurzeit anscheinend die einzige Person. Nur bei dem Pavillon hatte er ein merkwürdiges Gefühl. Ohne zu wissen, warum, war er sicher, dass jemand oder etwas dort drin war und ihn beobachtete. Unter normalen Umständen hätte ihn das nicht gestört, aber seine Existenz wies seit kurzer Zeit einen erheblichen Mangel an Normalität auf.
Er drehte sich wieder dem Paternoster zu und überlegte, wie er damit wohl auf eine andere Ebene gelangen sollte. Da er es nicht besser wusste, stellte er sich unter den vier Ebenen ein Etagensystem vor. Warum sollte es auch sonst ein Fahrstuhl sein, der einen von Ebene zu Ebene brachte? Wenn dem aber so war, warum maß dieser Paternoster dann nur etwa zwei Meter? Und warum bewegten sich die Böden des Paternosters
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