Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition)
des Realen.
Dieser Art war die Waffe, die Ta’ahm schwang.
»Ich kenne deinen wahren Namen, du Scheusal«, warnte sie ihn. »Das gibt mir Macht.«
Der Dämon brach in lautes Gelächter aus. Ein Gelächter, das sich anhörte, als rollten weißglühende Gesteinsbrocken über den Berghang eines Vulkans.
»Und ich weiß, wer du bist, kleine Séfora«, antwortete er mit einem seiner drei übereinanderliegenden Münder, die alle mit mehreren Reihen spitzer Zähne ausgestattet waren. »Ich erinnere mich noch genau an dich … in Konstantinopel … Du hast immer noch das gleiche erschrockene Kindergesicht wie damals, als du deine Schwestern und Brüder sterben sahst.«
Unterdessen ließ Ta’ahm nicht eine Sekunde von ihr ab. Das letzte Wort nutzte er für einen kräftigen Schwerthieb, dem sie mit einer großen Rolle rückwärts auswich. Die Klinge des Dämons sauste, da sie keinen Widerstand fand, in das nächststehende Gebäude und durchschnitt die Säulen eines Familiengrabes. Die Kuppel stürzte ein und ließ eine Lawine aus Schutt und Staub niedergehen, die den gesamten Straßenabschnitt verschüttete.
»Erzähl mir nicht, dass du auch in dem Zirkus warst«, sagte sie von Hass und Ekel erfüllt. Sie wusste, dass die Lüge die Ursprache der Dämonen war und sie nichts von all dem, was ihr Gegenüber so von sich gab, für bare Münze nehmen musste. Aber wenn sie ihn zum Reden anstachelte, war das vielleicht ein wirksames Mittel, um seine Aufmerksamkeit zu zerstreuen.
»Ich war dort und bin es noch, sehe dich leiden. Ich habe zu vielen Zeiten und an vielen Orten gelebt. Ich bin allgegenwärtig. Ich bin ein Gott.«
»Du hast Glück, dass Er dich so ungehindert lästern lässt. Würde dein Meister dich solche Sachen sagen hören … würde er dich vermutlich in alle deine dämonischen Einzelteile zerlegen.«
»Ich bin viel mehr als das, Séfora. Mehr als die bloße Summe kleiner Teile. Ich bin eine ganze Legion.«
Und mit diesen Worten teilte er sich in eine Schar von identischen Dämonen auf, die Séfora wie ein Bienenschwarm umkreisten.
»Verdammt«, fluchte sie und suchte verzweifelt nach einem Ausgang. Aber die Dämonen waren schnell und hatten bereits alle wesentlichen Fluchtpunkte besetzt.
Die Niederlage war jedoch erst gültig, wenn sie laut ausgesprochen und vom Besiegten angenommen wurde. Bis dahin gab es immer noch Hoffnung.
Sie hielt das Schwert fest in einer Hand, ohne einen einzigen der sieben Desmodus, die lachend im Kreis um sie herumtanzten, aus den Augen zu lassen. Mit der anderen rief sie Ninives Spiegel an. Sie hatte den Verdacht, dass nur eine dieser Ausgeburten real war. Außer nun einen nach dem anderen zu bekämpfen, bis sie auf den Richtigen traf, gab es noch eine andere, schnellere Methode, um das Problem zu lösen.
»Ein Schicksalsspiegel«, wunderte sich der Desmodu. Die Schlünde seiner Ebenbilder bewegten sich synchron mit, während er sprach. »Es ist schon erstaunlich, dass eine niedere Dienerin des Fünften Zirkels ein solches Juwel besitzt. Sag mir, Kleine, von wem hast du ihn dir geklaut?«
»Du kannst mich mit deinem Geschwätz nicht beleidigen, du Scheusal!«, entgegnete Séfora tapfer und betrachtete die sieben Desmodus im Spiegel. Wie sie vermutet hatte, waren alle Spiegelbilder durchscheinend, bis auf eines. »Eine Freundin hat ihn mir anvertraut, bevor einer deiner niederträchtigen Brüder sie getötet hat. Seither wünsche ich mir nichts sehnlicher, als endlich gegen einen von euch zu kämpfen. Irgendwo muss man ja anfangen, die Schulden zu begleichen.«
Der Spiegel funkelte und verschlang Ta’ahms trügerische Doppelgänger. Der aber lächelte zufrieden.
»Du hältst dich wohl für ziemlich klug, aber du bist sehr leichtsinnig, kleiner Engel. Du hast mir soeben dein größtes Geheimnis offenbart. Gib mir diesen Spiegel, damit ich mir seine Macht und die deiner Freundin einverleiben kann. Vielleicht lasse ich dich dann noch einmal davonkommen.«
»Nie im Leben.«
»Glaubst du denn wirklich, dass ich dein Spielzeug nötig habe, um denen, die dir wichtig sind, Schmerzen zu bereiten? Dass ich etwa nicht in der Lage bin …« Er hob einen Finger und zeigte auf einen Platz, der sich in dem Labyrinth von kleinen Gassen wie eine Oase auftat. »… das zu tun?«
Séfora weigerte sich, in die Richtung zu schauen, in die der Dämon zeigte. Sie ahnte, dass es nur eine Falle war, um sie abzulenken … doch als sie plötzlich Eriks Schreie hörte, konnte sie nicht
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