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Bottini, Oliver - Louise Boni 01

Titel: Bottini, Oliver - Louise Boni 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mord im Zeichen des Zen
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den Alkohol im Schrank unter der Spüle und Cola und Orangensaft neben dem Mülleimer. Anschließend zog sie sich um und streifte das Halfter mit der Walther über.
    Auf dem Anrufbeantworter war eine Nachricht ihres Vaters, der zurückgerufen zu werden verlangte.
    «Es ist Sonntagmorgen, Louise», sagte er mit vorge-täuschter Fröhlichkeit, «wo in aller Welt bist du?» Sein französischer Akzent hatte sich in vierzig Jahren Deutschland fast vollkommen abgeschliffen. Die «ch»-
    Laute kamen ohne «s» aus, die «i» klangen nicht mehr wie «ie». Es wirkte selbstzufrieden und zugleich unterwürfig. Sie hatte ihn seit vielen Jahren nicht mehr Französisch sprechen gehört.
    «Im Wald», sagte sie zu dem Anrufbeantworter.
    «Wann kommst du denn wieder einmal nach Kehl?», fragte ihr Vater.
    Sie zuckte die Achseln.
    Auf dem Weg hinunter begegnete sie Ronescu. Er stand, auf eine Schneeschaufel gestützt, inmitten einer Gruppe von Mietern aus dem vierten Stock. Seine Tränensäcke reichten heute beinahe bis zu den Mundwinkeln.
    Sie drängelte sich durch die Gruppe und ging dicht an ihm vorbei. «Wie wär’s morgen Abend gegen acht?», murmelte sie ihm ins Ohr.
    «Sehr gerne, Frau Louise», murmelte Ronescu zu-rück.
    Als sie im Eingangsbereich war, erlosch die Trep-penhausbeleuchtung. Das graue Licht erinnerte sie an das Zwielicht in dem Felshohlraum im Wald. Sie blieb stehen. Wo in aller Welt bist du, sagte ihr Vater in ihrem Kopf, und plötzlich schossen ihr Tränen in die Augen. Widerstandslos ließ sie sie hervorbrechen, eine Woge mysteriöser Trauer, die so schnell versieg-te, wie sie gekommen war. Sie schnäuzte sich und verließ das Gebäude.
    Als sie in den Wagen einstieg, sagte Niksch: «Ich hätte später gern ein Döner.»

    «Okay.»
    «Oder heißt es einen Döner?»
    «Keine Ahnung.» Sie schaltete ihr Handy ein. Bermann hatte seit gestern Abend fünf Nachrichten hinterlassen. Sie ließ die Verbindung zur Mailbox akti-viert und steckte das Telefon in die Anoraktasche.
    «Also hier bei euch ist vielleicht ein Verkehr», sagte Niksch konzentriert.
    Louise blickte auf die Straße. Sonntagmittag im Schnee. Es waren nur wenige Autos unterwegs. «Ich dachte, du fährst Rallye.»
    «Da fahren alle in dieselbe Richtung.»
    Sie lachte.
    Auf dem Weg zur Direktion kam es ihr manchmal so vor, als hörte sie Bermann in ihrer Anoraktasche herumbrüllen, aber vielleicht bildete sie sich das nur ein.
    Während sie vor der Direktion parkten, rief sie Bermann an. Es dauerte einen Moment, bis er abnahm. «Ich bin jetzt da, Rolf», sagte sie.
    «Gut», erwiderte Bermann.
    Als sie und Niksch das Büro erreichten, das sie mit Lederle teilte, wartete Bermann schon. Er stand mitten im Raum, die Hände in den Jeanstaschen. Er sah übermüdet aus und machte einen seltsam verlorenen Eindruck. Wütend wirkte er nicht. «Wer ist das?», fragte er und sah Niksch an.
    «Ein Kollege aus Liebau», sagte Louise.
    Bermann nickte mit dem Kopf in Richtung Tür. In der Bewegung lag keine Verächtlichkeit, nur erschöpfter Fatalismus. Freundlichkeit à la Bermann. Niksch riss die Augen auf. Louise berührte seinen Arm und sagte: «Warte bitte draußen.»
    Durch die Milchglasscheibe sah sie, dass Niksch mit dem Rücken vor der Tür stehen blieb, als wollte er verhindern, dass jemand eintrat oder hinausging.
    Vielleicht wollte er sie auch beschützen.
    Bermann beobachtete sie schweigend, während sie die Kaffeemaschine einschaltete. Auch jetzt wurde er nicht zu dem Feuer speienden Dämonen, den sie erwartet hatte. Mit beinahe sanfter Stimme sagte er hinter ihr: «Jetzt hat eine neue Phase begonnen, Luis, alles geht seit heute den offiziellen Weg …‼
    Sie wandte sich um. «Du hast bis heute gewartet?»
    «Ja.»
    Sie nickte. Bermann schien unschlüssig zu sein, wie er das Nicken interpretieren sollte. Er setzte sich auf die Schreibtischkante, zupfte die enge Jeans an den Oberschenkeln zurecht. «Es wird ein paar Gespräche geben», sagte er, «du wirst für eine Weile krankge-schrieben, machst eine Therapie und dann Innendienst, und in zwei, drei Jahren holen wir dich wieder zu uns.»
    «Eine Therapie?», fragte sie überrascht.
    «Einen Entzug, Luis.»
    «Kaffee, Rolf?»
    Bermann zögerte, schüttelte den Kopf.
    Sie entschuldigte sich und zog das Telefon auf ihrem Schreibtisch heran. Da Bermann nicht wusste, dass sie Lederle um Hilfe gebeten hatte, rief sie Hollerer an. Er meldete sich nach dem zweiten Klingeln. Sie hörte das Pfeifen des

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