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Bottini, Oliver - Louise Boni 01

Titel: Bottini, Oliver - Louise Boni 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mord im Zeichen des Zen
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aber sie antwortete nicht.
    Vor dem Haupteingang steckte Roman sich eine Zigarette an. Sie stand dicht bei ihm. «Weißt du, wer Niksch ist?»
    Er stieß den Rauch geräuschvoll aus und nickte.
    «Sag du es ihm, wenn er aufgewacht ist. Ich glaube, du findest die richtigen Worte. Machst du das?»
    Er nickte wieder.
    Als sie in den Wagen stieg, sah sie, dass er die Glut abriss, die restliche halbe Zigarette einsteckte und ins Krankenhaus zurückkehrte.
    Die gesamte Soko Liebau schien unterwegs zu sein.
    Ganze Flure der Direktion waren dunkel und ver-waist. Sie beschleunigte ihre Schritte. Waren Bermann und die anderen auf eine neue Spur gestoßen? War Taro gefunden worden?

    In ihrem Büro rief sie Lederle vom Handy aus an.
    Es dauerte lange, bis er antwortete. Dann murmelte er nur: «Ich kann jetzt nicht, ich ruf zurück.»
    «Sag mir bloß, ob ihr …‼
    Aber Lederle hatte schon aufgelegt.
    Sie ließ sich auf seinen Stuhl fallen. Auf seinem Schreibtisch lagen in zwei Stapeln die Aktenhefter zum Fall Liebau. Mit der freien Hand strich sie über die horizontalen Kanten des einen Stapels, die sich in perfekter Übereinstimmung befanden. Mit der anderen betätigte sie die Wahlwiederholung.
    Jetzt war Lederles Handy ausgeschaltet. Sie wartete auf den Signalton und sagte: «Reiner, wenn ihr Taro gefunden habt, will ich es wissen.»
    Sie wog das Telefon einen Moment lang in der Hand. Wenn Lederle sich in der nächsten halben Stunde nicht meldete, würde sie Bermann anrufen.
    Und anschließend Richard Landen.
    Was verstand Landen unter «morgen»? «Später»?
    Hatte er nur deshalb «morgen» gesagt, weil er als verheirateter Mann und werdender Vater nicht «spä-
    ter» zu sagen gewagt hatte? Wäre es ihm lieber, wenn sie nicht «morgen», sondern «später» anriefe? Mochte er am Ende Frauen, die viereinhalb Kilo vom Normalgewicht entfernt waren? War Tommo, wenn sie nicht gerade schwanger war, ein glatt geschliffener Bleistift?
    Sie grinste zornig.
    Früher war Lederles Chaos legendär gewesen. Seit seine Frau krank war, schuf er immer neue, noch per-fektere Ordnungssysteme. Für den Fall Liebau hatte er neben der Spurenakte bereits eine Hauptakte sowie eine Zweitschrift, Beiakten mit den Beschriftungen
    «Hollerer, Johann Georg (PHM)», «Schmidt, Nikolai, gen. ‹Niksch› (POM)», «Taro (buddh. Mönch)» und
    «Namensregister» sowie die obligatorische Handakte angelegt.
    Sie hielt die Hauptakte einen Augenblick lang in den Händen, dann legte sie sie beiseite und öffnete die Spurenakte.
    Außer den Fotografien der Reifeneindruckspuren befanden sich Protokolle von Gesprächen mit Ponzelt und weiteren Liebauern, dem Postboten von Badenweiler sowie dem Bauern und dem katholischen Priester von Unterbirken darin. Auch der Bericht der Streifenbeamten aus Freiburg, den sie bereits kannte, und Schneiders und Anne Wallmers Zusammenfas-sung ihres Besuchs im Kanzan-an lagen bei. Sie überflog die kurzen Protokolle und erfuhr nichts, was sie nicht schon wusste.
    Der Bericht über den Klosterbesuch war umfangreicher.
    Justin Muller hatte mit dem Roshi – Schneider und Anne Wallmer nannten ihn «Klostervorsteher» – gesprochen, herausgekommen war nichts. Namen, Daten und Nationalität sämtlicher Nonnen und Mönche waren akribisch aufgelistet – offenbar ein Freundschaftsdienst von Justin. Mit den «Mitarbeitern von Asile d’enfants» hatte er nicht gesprochen, weil Betreuer und Kinder den Tag auf einem nahen Pony-Hof verbracht hatten. Er wollte es nachholen.
    Sie überflog den Bericht ein zweites Mal. Justin Muller hatte dem Roshi wichtige Fragen gestellt, die sie zu stellen vergessen hatte: Wohin war Taro möglicherweise unterwegs gewesen? Der Roshi wusste es nicht.
    Gab es in der Richtung, in die Taro unterwegs gewesen war, eine weitere Zen-Einrichtung?
    No.
    War Taro im Auftrag des Roshi unterwegs gewesen?
    No.
    Sie grinste. Sie konnte sich den zornigen Blick des Roshi lebhaft vorstellen.
    Ein konkreter Verdacht hatte sich im Kloster nicht ergeben. Trotzdem würden die französischen Kollegen das Kanzan-an genauer untersuchen. Bermann und Almenbroich hatten offensichtlich Druck ausge-
    übt. Man benötige, schrieben Schneider und Anne Wallmer, detaillierte Informationen zu Entstehungs-geschichte, Besitzverhältnissen, Finanzlage, Biografien der jetzigen und früheren Bewohner, Grundriss, au-
    ßerdem Einsicht in Kaufverträge, Überprüfung des Gästeverzeichnisses etc.
    Sie führten drei Gründe an. Zum einen habe

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