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Bottini, Oliver - Louise Boni 01

Titel: Bottini, Oliver - Louise Boni 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mord im Zeichen des Zen
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gehen könn-te, nicht um die Buddhisten!»
    «Deinetwegen», sagte Lederle müde. «Ich weiß nicht mehr, wer du bist, was du tust, warum du es tust, wie du es tust, was in deinem Kopf vor sich geht, ich weiß gar nichts mehr. Nur, dass du dich weigerst, mit der Psychologin zu sprechen.»
    «Was heißt, wie ich es tue?»
    «Tust du das, was du gerade tust, nüchtern? Tust du’s betrunken?»
    «Ah.» Sie lachte zornig. «Okay, nehmen wir an, ich bin betrunken.»
    «Sieh an. Gut.»
    «Und nehmen wir an, es geht um Asile.»
    Lederle trank und stieß auf. «Na ja. Gut.»
    «Würde mein Zustand dann was daran ändern, dass es um Asile geht?»
    «Oje.» Lederle lachte traurig.
    «Genau.»
    Die Rücklichter des Sharan kamen näher. Sie dros-selte das Tempo. Im Abstand von etwa fünfzig Metern überquerten sie eine Art Bundesstraße. Die roten Lichter entfernten sich wieder ein Stück.
    «Apropos», sagte sie, «was trinkst du gerade, Reiner?»
    Lederle antwortete nicht, aber das war auch nicht notwendig. Manche seiner Gewohnheiten hatten sich nach der Krebsdiagnose seiner Frau nicht geändert.
    Kaum ein Tag im Büro ohne Vorabendbier.
    Sie kam sich schäbig vor. Andererseits: Was waren Maßstäbe wert, wenn sie nicht für alle galten?
    Lederle schwieg noch immer. Sie sagte: «Ich brauch die beiden Adressen, die Annegret Schelling euch gegeben hat.»
    «Du bist in Frankreich, Louise.»
    «Ach ja? Sag das Niksch und Hollerer und Taro.»
    Sekunden verstrichen, ohne dass ein Geräusch zu vernehmen war. Dann hörte sie Lederle blättern. Seine Stimme drang fremd und kraftlos aus dem Lautsprecher. Zwei Bauernhöfe in den Südvogesen. Der eine lag nahe Thann, der andere bei Ferrette. Sie schlug die Landkarte auf. Thann befand sich westlich von Mulhouse, Ferrette südlich. Der Sharan war erst nach Osten gefahren, dann nach Nordosten.
    Sie erschrak, als sie überholt wurde. Ein gelber VW
    Beetle setzte sich zwischen sie und den Van. Unter ihnen verlief die Autobahn Basel-Mulhouse. Vor ihnen lag Kembs.
    «Danke, Reiner.»
    «Wir müssen reden», sagte Lederle heiser. «Es gibt da was, das du wissen solltest. Nächste Woche müssen wir reden, Louise.» Mit diesen Worten legte er auf.
    Bevor sie darüber nachdenken konnte, was er gemeint hatte, klingelte das Handy. «Ich habe was für Sie», sagte Barbara Franke, diesmal ohne Motoren-und Straßenbahnlärm im Hintergrund.
    «Haben Sie den Krieg gewonnen?»
    «Fast. Die Kapitulation des Gegners steht kurz bevor. Zum Thema, ich muss gleich wieder weg. Über Annegret Schelling habe ich nichts herausgefunden, aber über Asile.»
    Barbara Franke hatte bei anderen Mitgliedern von terre des hommes nach Asile gefragt. Kaum jemand wusste über die Organisation mehr als sie – Name, Gründer, Betätigungsfeld. Ein tdh-Freund jedoch, Franco, glaubte sich daran zu erinnern, dass vor mehreren Jahren eine durch Asile nach Deutschland vermittelte Adoption hatte rückgängig gemacht werden müssen. Das Kind, ein sieben- oder achtjähriges thailändisches Mädchen, war von seiner Mutter in einem Waisenhaus in Bangkok untergebracht worden. An die Gründe erinnerte sich Franco nicht mehr – im Zweifelsfall finanzielle. Jedenfalls war das Mädchen, Areewan, nicht zur Adoption freigegeben. Unter offenbar nicht zu rekonstruierenden Umständen wurde Areewan von Asile trotzdem an Adoptiveltern aus Deutschland vermittelt. Monate später erfuhr die leib-liche Mutter davon und erreichte über Gerichte in Bangkok und Deutschland die Annullierung der Adoption.
    «Darf nicht passieren, passiert aber schon mal», sagte Barbara Franke.
    Areewan, dachte Louise unruhig. Der Name kam ihr vage bekannt vor. Dann erinnerte sie sich. Sie griff nach den Kopien, die sie von Chiyono bekommen hatte. Ohne das Tempo zu verlangsamen, blätterte sie sie am Lenkrad durch. Auf der Liste vom Herbst 2000
    stand: Areewan, 10, Thailand.
    Vorsichtig legte sie die Blätter auf den Beifahrersitz.
    Als sie aufsah, bemerkte sie, dass sich ihr Abstand zu dem Van deutlich verringert hatte. Sie nahm den Fuß vom Gas. Die Distanz wurde wieder größer. Sie hatten Kembs durchquert, waren auf der D 52 ein Stück nach Norden gefahren, dann auf eine kleinere Landstraße abgebogen.
    «Louise?», sagte Barbara Franke ungeduldig.
    «Wann war das?»

    «Mitte oder Ende der Neunziger, sagt Franco.»
    «Ist Areewan ein häufiger Name in Thailand?»
    «Weiß ich nicht. Er ist jedenfalls nicht ungewöhnlich. Warum?»
    «Auf der Asile-Liste vom Herbst 2000

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