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Bottini, Oliver - Louise Boni 01

Titel: Bottini, Oliver - Louise Boni 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mord im Zeichen des Zen
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sich abtrocknete, fragte sie sich, warum sie Natchayas und Areewans Tod so wenig bedauerte. Er machte sie melancholisch, nicht mehr.
    Vielleicht, weil sie ihn nicht unmittelbar miterlebt hatte. Vielleicht, weil sie Natchayas und Areewans Leben bedauerte. Oder weil Natchaya zu stark in die Geschäfte von Asile d’enfants involviert gewesen war.
    Sie versuchte eine Weile, die Fäden der Fragen nach Schuld und Verantwortung Natchayas zu ent-wirren, kam aber nicht weit. Ein minderjähriges thailändisches Mädchen wird von seiner Mutter an Zu-hälter verliehen oder verkauft. Vermutlich in einem Bangkoker Bordell lernt es einen deutschen Sextouris-ten kennen, der regelmäßig nach Thailand reist. Das Mädchen ist zu diesem Zeitpunkt Profi und noch immer minderjährig. Als es volljährig ist, heiratet es den Deutschen. Über die kriminelle Kindervermittlungs-organisation, der der Deutsche angehört, holt es seine Schwester zu sich. Die Mutter lässt die Adoption an-nullieren. Ein paar Jahre später wird die Schwester doch freigegeben und kommt nach Deutschland.
    Während das Mädchen die Schwester vor einem Schicksal als Kinderprostituierte bewahrt, hilft es bei der Vermittlung und dem Verkauf von asiatischen Kindern an europäische Kunden. Wird es dazu gezwungen? Vermutlich nicht. Warum also tut das Mädchen das? Es weiß, dass das, was zumindest den älteren Kindern droht, furchtbar ist, sonst würde es nicht die eigene Schwester davor schützen. Es kennt Gut und Böse. Warum tut es trotzdem das Gute und das Böse?
    Vielleicht würde Katrin Rein in ihren Fachbüchern eine Antwort finden. Vielleicht musste man auch Natchayas Antwort gelten lassen: Because I am part of the men.
    Was auch immer das hieß.
    Später stellte sie die Kaffeedose vom Kühl- in den Hängeschrank, kroch für einen Moment unter die Spüle und setzte sich dann neben den Anrufbeantworter aufs Sofa. Die Quote stieg weiter: Zwei neue Nachrichten.
    Katrin Rein bat um ein Gespräch. Barbara Franke bat um Rückruf. Sie wählte Richard Landens Nummer. Freitag war erst morgen. Da blieb viel Zeit, um zu reden.
    Tommo nahm ab. Louise entschuldigte sich für den überstürzten Aufbruch vergangene Woche. Tommo schien es ihr nicht nachzutragen. Sie rief nach Richard Landen. Louise fragte sich, wo bei Tommo / Landen das Telefon stand. Sie erinnerte sich nicht, es in der Diele gesehen zu haben. Auf dem Schränkchen unter
    «Glück» und «Freundschaft»? Nein. In der Küche? In der Küche waren die Porzellankatze und Niksch, aber kein Telefon. Im Wohnzimmer?
    «Ah, die Kommissarin», sagte Richard Landen.
    «Hey», sagte Louise.
    «Wie geht es Ihnen? Sind Sie doch in Urlaub gefahren?»
    Sie verzog das Gesicht. Sie hatte den dritten, den sich verbergenden, den deprimierenden Richard Landen am Apparat. «Wo sind Sie jetzt?»
    Landen begriff nicht gleich. Dann erklärte er es ihr.
    Das Telefon befand sich im Wohnzimmer, rechts von der Tür. Kein Mobilteil, sondern ein Schnurtelefon, wegen der Strahlung. «Reicht Ihnen das als Information?» Er lachte leise, wurde aber sofort wieder Ernst.
    «Gibt es etwas Neues in Bezug auf Taro und Pham?»
    Sie erwiderte, dass Pham lebe, aber noch nicht gefunden worden sei, und dass sie über Taros Schicksal nach wie vor nichts Genaues wüssten.
    «Nichts Genaues», wiederholte Richard Landen.
    Wieder sah sie ihn und Pham in dem Garten stehen. Sie blickten in ihre Richtung, warteten schweigend. «Und Sie», sagte sie nach einer Weile, «fliegen nach Japan?»
    «Ja. Morgen früh.»
    Sie nickte und hörte sich dabei fragen, ob er das Telefon auf laut gestellt habe. Richard Landen verneinte.
    «Gut», sagte sie. «Das ist gut.» Sie stand auf und trat ans Fenster. Schnee, Frost, Kälte, wohin man auch sah.
    Der Garten, in dem Richard Landen und Pham auf sie warteten, war grün. Sie zog den Vorhang vor und setzte sich. «Warum fliegen Sie nach Japan? Wann kommen Sie wieder? Lieben Sie Ihre Frau? Warum sind Sie manchmal so sympathisch und manchmal so langweilig? Was meinen Sie mit ‹besondere Gabe›?
    Ich meine, ist das was Gutes oder was Blödes? Sind Sie noch dran?»
    «Ja.»
    Sie erhob sich wieder. Vom Küchenfenster aus sah man auf ein Modegeschäft für Übergrößen hinunter.
    Rechts lag ein kleiner, namenloser Platz. Im Sommer standen Cafétische, Stühle und Palmen in Plastikkü-
    beln darauf. Im Winter überquerten die Passanten den Platz mit eingezogenem Kopf, weil er nach drei Richtungen offen und windig war. Sie zog auch

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