Bottini, Oliver - Louise Bonì 02
Verdachtsmomente gegen süddeutsche Neonazis, von denen Almenbroich in seinem Büro und Löbinger vorhin gesprochen hatten. Einer der Staatsschützer sagte, er habe aus einer zuverlässigen Quelle des Dezernats ähnliche Informationen. »Ja, danke, wir haben vorhin darüber geredet«, sagte Bermann. »Bilden wir die Teams, damit wir endlich loslegen können.«
Wie es der Zufall oder das Schicksal wollte, bekam Louise den unbeliebtesten Beamten von Löbingers Dezernat, wenn nicht der gesamten Kripo als Partner zugeteilt. Sie kannte nur seinen Vornamen, seinen Dienstgrad und seinen schlechten Ruf.
Günter, Kriminaloberkommissar, maulfauler Einzelgänger, unleidlicher Zeitgenosse, der kam, wann es ihm passte, und ging, wann es ihm passte. Zurzeit war er auf der Toilette.
Bermann und Löbinger hatten sich vorab besprochen, sodass die Teams rasch standen. Jeweils ein Beamter von Bermanns D
11 und einer von Löbingers D 23 arbeiteten zusammen.
Niemand freute sich, niemand murrte. Hauptsachbearbeiter, und damit für den Ermittlungsakt verantwortlich, waren Alfons Hoffmann vom D 11 und Elly, die einzige Beamtin aus Löbingers Dezernat, eine kleine, konzentrierte Rothaarige. Die Männer vom D 13 bildeten ein eigenes Duo. Staatsschützer waren Geheimniskrämer und blieben gern unter sich.
Louise folgte der Zuteilung nur unaufmerksam. Ein undefinierbares Gefühl hatte von ihr Besitz ergriffen. Es dauerte eine Weile, bis sie es benennen konnte.
Sie hatte den Eindruck, dass die Ermittlungsgruppe nicht das Zentrum der Ermittlungen bildete. Dass die entscheidenden Dinge außerhalb geschahen.
Almenbroichs kleine Paranoia hatte ganze Arbeit geleistet.
Kurz darauf verließen sie den Soko-Raum, eilten in ihre jeweiligen Stockwerke, Flure, Büros. Bermann sorgte dafür, dass Schneider, Anne Wallmer, Alfons Hoffmann und Thomas Ilic ihn begleiteten. »Du auch«, sagte er beiläufig zu Louise.
Sie ging neben ihm die Treppe hinunter. »Hab ich Günter dir zu verdanken?«
Bermann grinste freudlos.
Sie betraten sein Büro.
»Also«, sagte Bermann. »Wenn ihr euch beklagen wollt, tut es jetzt und haltet dann den Mund.«
»Ausgerechnet Günter « , sagte Louise.
»Ich hab’s zur Kenntnis genommen. Noch jemand?«
Die anderen schwiegen.
Bermann setzte sich hinter seinen Schreibtisch. »Dann zum nächsten Punkt. Illi, was ist, wenn es um Kroaten geht?«
Thomas Ilic erwiderte seinen Blick. »Nichts.«
»Das wäre kein Problem?«
»Nein, wäre es nicht.«
»Ich verlass mich drauf.«
Thomas Ilic nickte. Seine distanzierten, dunklen Augen streiften Louise. Der Halbkroate, die Halbfranzösin. Die Mütter waren Deutsche, die Väter nicht, die Kinder in Deutschland geboren. Ob er daran dachte?
Sie wusste nicht viel über seinen familiären Hintergrund.
Einmal hatte er in der Cafeteria erzählt, sein Vater sei in all den Jahren immer kroatischer geworden. Sie hatte erwidert, dass ihr Vater immer versucht habe, deutscher als ein Deutscher zu werden.
Ein Augenblick der Nähe, ermöglicht durch die Sehnsüchte der Väter.
Bermann fuhr fort. »Ich hab bei diesem Fall ein verdammt beschissenes Gefühl, und ich schätze, euch geht es genauso.«
Das Telefon auf seinem Schreibtisch unterbrach ihn. Er nahm ab, knurrte ein paarmal »Ja«, legte auf. »Wir müssen das Brainstorming verschieben. Unseren Ausflug auch, Luis.
Andrele sitzt bei Almenbroich.«
»Andrele?«, murmelte Louise und dachte: Ein Ausflug auf den Flaunser.
»Marianne Andrele, eine neue Staatsanwältin aus München«, sagte Anne Wallmer. »Hat hier angefangen, während du fort warst.« Anne Wallmer musterte sie verlegen. Auch die Blicke der anderen lagen auf ihr. Sie nickte. »Fort«, das Synonym für
»alkoholkrank«.
Aber jetzt war sie ja wieder da.
Wenig später ging sie zur OK, um Günter abzuholen, fand ihn jedoch nicht. Sein Büro war leer, die Kollegen in den anderen Räumen zuckten die Achseln. Sie öffnete Löbingers Tür. Die Mitglieder der Ermittlungsgruppe aus dem D 23 starrten sie an.
Nur Günter fehlte. Löbinger sagte freundlich: »Ja?«
»Wo ist mein Günter?«
»Wartet vor der Cafeteria auf dich.«
»Danke.« Sie schloss die Tür von innen, lehnte sich dagegen, wartete. Niemand sagte etwas, niemand bewegte sich. Löbinger und der schüchterne Junge lasen den Spruch, der sich quer über ihr T-Shirt zog – Do you want to stay for breakfast? Der Junge errötete, Löbinger ließ den Blick auf Spruchhöhe verweilen.
Machtspiele aus der
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