Braeutigame
Mal hier warst, auch aus den Hügeln im Bessarabischen, weit nördlich von Kischinjew und aus Rumänien.
Ich versuche, mit unseren Leipzigern in Verbindung zu stehen und auch mit d enen aus Kulm und aus den anderen Dörfern , mit denen wir zu tun hatten. Man will doch wissen, was aus ihnen geworden ist. Viele sind in den Warthegau gekommen. Aber aller Anfang ist schwer. Einige antworten nicht einmal, wohl weil sie zu tun haben auf den Feldern und mit dem Vieh. Vielleicht erhalten sie meine Briefe nicht?
Nun soll es genug sein, lieber Heinrich. Das Kind will Milch (ich habe genug). Ich denke an Dich und bete für Dich. Gott befohlen, Deine Alma
D ie Flugzeuge kamen öfter und z ogen hoch über den Wolken zu den Städten.
„ Machen Sie sich keine Sorgen, die werden nur gefährlich, wen n si e tief fliegen“, sagte ein Markthändler in Liebfelde zu Alma und Lilli, als er für sie gelbe Rüben abwog. „Dann schießen si e – und nur dann . Sonst nicht, Fräuleins. Bomben werden nicht aufs flache Land geworfen... Viel zu teuer. Man muss auch mal Glück haben, wa s? Hier in unser Kosten kommt kei ner hin. Will ja kei ner hin.“
„Aber…“ Lilli stutzte und sah Alma an, als wollte sie um Erlaubnis bitten , sprechen zu dürfen.
„Was?“, fragte der Markthändler.
„Wenn die hier übers Land fliegen… – wo verläuft eigentlich die Front? Ich dachte, die Soldaten sind alle im Osten… und in Frankreich? Bis an die Kaspische See sollen sie doch durchmarschiert sein.“
„Sind sie auch. Da können Si e Gift d a rauf nehmen. Die deutsche Truppe hält keiner auf. Schon gar kein Russenpack.“
„Warum tut denn keiner et was gegen die Flugzeuge? Die fliegen hier einfach übers Reich…“
„Tun si e j a was gegen. Die Luftabwehr . Aber wenn es zu viele sind und wenn sie zu hoch fliegen, kriegen si e die nicht runter. Kann man nichts machen. Genauso gut könnte man auf Insekten schießen. “
„Was wollen die hier?“
„Na du machst mir Spaß, Mädchen . Hat man doch gehö rt, was Sache ist. Lübeck ist nicht mehr, da soll kein Stein auf dem anderen geblieben sein. Eine schöne Stadt war das. Ist Schluss mit Marzipantorte. Und woan ders soll e s nicht besser sein, oben in Kiel und in Essen und Duisburg. Aber darf man nicht sagen, so etwas – wissen Sie ja… Krieg ist Krieg. Nun kriegen Si e mal keine Angst, Fräulei n. Solange sie nur rumfliegen, marschieren si e hier wenigstens nicht ein.“
„ Einmarschieren ? Wer?“
„Sie können Fragen stellen – da muss man erst drauf kommen.“
„Die Russen“, sagte Alma leise .
„ Hier einmarschieren? Wir haben doch die Wehrmacht – da stehen doch unsere Soldaten, Heinrich und Georg und die alle…“
Der Händler zog die Augenbrauen hoch. „Ihre Männer?“
„Ich weiß auch nicht“, flüsterte Alma. „Komm, lass uns weiter gehen, Lilli. “ Ihr Blick sagte: Wir müssen hier nicht den Mund aufreißen auf dem Markt. Weiß keiner, wer alles ru msteht und die Ohren aufsperrt.
„Na, nichts für ungut“, sagte der Händler. „Hier ist das Gemüse. “
Sie bezahlten, erledigten ihre restlichen Besorgungen in Liebfelde und machten sich zu Fuß auf den Rückweg.
„Es ist gu t, dass wir ein Schloss an die Haustür gemacht haben“, sagte Alma.
„Schaden tut es nicht mit den ganzen P olen. Warum geben die keine Ruhe ?“
„Ic h weiß es nicht – aber kann man es ihnen verdenken? Du weißt doch, wie e s aussah im Wäldchen hinten, als wir hierher kamen.“
„S ie hatten es ganz anders gesagt, zuhause in Leipzig. Nicht dass sie die armen Leute vertreiben würden und umbringen . Es war sicher nicht jeder Pole schlecht? “
„Es lässt sich nicht ändern. Du m usst nur aufpassen, dass du den Partisanen nich t in die Hände fällst. Den polnischen .“
„Wie soll das gehen? Wenn sie kommen, kommen sie. Was soll ich dann machen ?“
„Hmm. Sperr halt immer zu , bevor du mi t Minna schlafen gehst, wie wir e s besprochen haben. Hinten im Stall die Riegel. Ob s ie was bringen, wenn es so weit sein sollte, weiß der liebe G ott. Aber besser so als gar nichts.“
„Sie sollen gemein sein. Richtig gewalttätig.“
„Wer sagt das?“
„Ach, alle… irgendwie wissen es alle. Die Leute in Liebfelde , in Kosten, überall. Die haben ja d en Rundfunk, nicht wie wir draußen, wo wir gar nicht mitkriegen, was sich tut im Reich. Aber keiner spricht richtig darüber, als hätten sie Angst.“
„Haben sie auch.“
„Ich habe auch Angst,
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