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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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Getreide kaffee. Werden Sie doch kennen?“
    „Ach so, ja. Da fällt mir ein, wir haben doch Kaffee im Haus. Fünfzig Bohnen.“
    „Fünfzig Bohnen? Sie haben sie gezählt?“
    „Von den Amerikanern.“
    „Haben Sie ein Glück. Sie haben mir et was voraus , wie ich sehe . Ich kann Ihnen nur Muckefuck anbieten. Aber es wäre mir eine Freude.“
    „Ich kenne Sie überhaupt nicht. Ich kann doch nicht… Was denken Sie von mir?“
    „Sie haben völlig Recht , meine Dame – wo sind meine Manieren geblieben!? Lampe. Konrad Lampe. Aus Altona.“
    „Aha. Das ist… a ngenehm…“
    „Wie wär e es also, Frau Kraft? Da nn haben Sie w enigstens etwas Warmes im Bauch – statt Ihrer ollen Erdknolle. Wird Ihnen bestimmt gut tun.“
    Alma sah auf ihre Armbanduhr, erinnerte sich zu spät, dass sie seit la ngem keine mehr trug, und errötete .
    „Kommen Sie“, sagte Konrad Lampe. „Nun kommen Sie. Haben Si e keine Angst. Ich beiße nicht. Ich tu Ihnen doch nichts. Nur ein bisschen was Gutes. Kennen Sie Hamburg von früher? “
    Es war merkwürdig, seine Hand auf ihrem Mantelärmel zu spüren. Sie hielt den Rücken steif und gerade – sie fürchtete, von jemandem gesehen zu werden, ausgelacht zu werden in ihren alten Kleidern, bis ihr einfiel, dass niemand sie in dieser großen, zerstörten Stadt kannte. Es war egal.
    „Lassen Sie uns die Mönckebergstraße hinuntergehen, es ist nicht weit. Es steht kaum noch et was, aber man muss mit dem leben, was man hat. Ich zeig e Ihnen mal das, was früher das Klöpperhaus war. Prächtig, sage ich Ihnen. Und das Levantehaus und unsere alte Bücherhalle, wo jetzt gar nichts mehr steht. Alles verbrannt und zerbombt.“
    Sie verließen das Zelt und gingen langsam los.
    „Wo möchten Sie denn mit mir hin ?“, fragte sie.
    „Zum Jungfernstieg natürlich.“
    „Was ist das ... für ein seltsamer Name? Was ist das?“
    „ Ja, komisch, nicht? An der Binnenalster. Eine Straße hier. Schöner als die meisten, wenn auch da natürlich die Bomben gefallen sind, wie überall, was soll man machen? Am Wasser marschierten früher – unterm Kaiser – die Jungfern auf und ab , so ungefähr . Die heiratswilligen, die guten Partien, wenn Sie so wollen. Aber auch die alten Schachteln, die keinen abgekriegt hatten und auf ihren Galan hofften . “
    „Auf wen?“
    „Ihren… a h so, das kennen Sie nicht – einen Verehrer, einen Galan, sagt man auch. Einen Bräutigam. Am besten einen richtigen Lord aus England, mit Schloss und Ländereien. “
    „Eine ganze Straße hat Hamburg dafür?“
    „Wissen Sie, die Hoffnung stirbt zuletzt, auch bei alten Damen. Nur weil man alt geworden ist, möchte man ja nicht ohne Liebe sein. Schauen Sie mal vorn e , auf der anderen Straßenseite. Das ist das Levantehaus. War. “
    „Etwas steht noch . Es sieht aus, als wohnt dort jemand. Unt en im Parterre und darüber i m ersten Stock.“
    „Ein Waisenhaus. Für die Kriegswaisen. Sehen Sie die Kinder auf den Stufen?“
    „Ach, nein…“
    „Es platzt aus allen Nähten. Weiß keiner richtig, wie viele Menschen hier gestorben sind, unten in Harburg und Wilh elmsburg vor allem. Wir hatten ein en Feuersturm, aus dem gab es kein Entkommen.“
    „Und Sie? Wo waren Sie?“
    „In Altona. Meine Frau ha tte ich an die Ostsee gebracht, wo wir ein Haus besitzen , gl eich am Meer. Nichts Dolles, eine Hütte nur, aus Holz. Da wurde natürlich nicht gebomb t. Hat aber alles nichts genütz t. Am Ende – keine drei Wochen war sie wieder in Hamburg – fiel sie unter ein Auto. War sofort tot. “
    „O h… Das tut mir leid. Sehr. – Schauen Sie, da bringen sie einen ganzen Wagen mit Tannenzweigen.“
    „Ja.“
    „Weihnachten ist doch schon vorbei.“
    „Es hat mit Weihnachten nicht s zu tun .“
    „Nehmen sie es zum Heizen?“
    „Nein. Wegen des Geruchs. Sie versengen die Nadeln, damit es nicht riecht, nur nach Harz und Holz. Hier bringen sie Leichen hin – die Toten.“
    „Wie?“
    „Die Stadt hat keine Leichenhäuser mehr, oder nur noch zwei oder drei, die nicht reichen. Die Krematorien ... – das ist alles zerstört. Irgendwo müssen sie die Leiber ja hinbringen. Damit es nicht zu sehr nach Verwesung riecht, zünden sie die Tannennadeln an. – Aber warum erzähle ich Ihnen das überhaupt ! ? Trübsal, Trübsal... Der Krieg ist jetzt vorbei! “
    „Ja, das ist wahr. Gott sei Dank .“
    „Sehen Sie die braunen Säcke? Alles Tote. Wird noch eine hübsche Weile dauern, bis alles behoben ist. Es weiß keiner,

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