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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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was kommt. Man sollte meinen, die Leute kämen jetzt langsam unter die Erde. Aber nein, es dauert und dauert.“
    „Die Leute dort, die rauskommen… Schauen Sie, ganz stumm sind sie, wie sie guck en.“
    „Wir würden auch ni cht anders aussehen, Frau Kraft, w enn wir da rauskämen. Kommen Sie, lassen Sie uns weitergehen. Es ist zu trübselig.“
     
    Am Jungfernstieg hatten zwischen den Ruinen einige Kaffeehäuser und Restaurants geöffnet. Konrad Lampe führte sie in einen notdürftig hergerichteten Pavillon am Wasser , dessen hintere Fensterscheiben fehlten und mit dickem Segeltuch ersetzt worden waren. Er war überheizt .
    „Bitte sehr“, sagte Konrad. „Nach Ihnen , Gnädigste .“
    „Danke. Wie herrlich warm es hier ist.“ Alma sah sich um . Mehrere Frauen und Männer saßen an Tischen, die Damen mit Hüten, die sie nicht abgenommen hatten. Sie überlegte, ob sie ihr Kopftuch aufbehalten sollte, knotete es aber auf – und fühlte sich sofort nackt.
    „Lassen Sie uns in die Ecke gehen, Frau Kraft. Sehen Sie den Tisch hinten? Dort sitze ich immer.“
    „Sie sind öfters hier?“
    „Nicht jeden Tag. Aber öfters, ja. Seit sie wieder auf haben. In der letzten Kriegszeit durften sie nicht. Es g ab ja auch nichts in den letzten Monaten der Veranstaltung .“
    Einige Gäste schauten zu ihnen hinüber, während sie durch die Tische gingen. Vielleicht kannten sie ihren neuen Bekannten vom Sehen, dachte Alma.
    „Wir werden auch heute nicht um Ihr Zichoriengebräu herumkommen, Hermann“, sagte Konrad laut zu einem Kellner. „Wann gibt es bei Ihnen endlich wieder richtigen Kaffee?“
    „Noch nicht, Herr Lampe, leider. Es ist noch nicht so weit. Aber wir hätten heute – sagen Sie es niemandem , b itte – eine Trinkschokolade. Die Chef in hat gehandelt.“
    „Wieder nachts unterwegs?“
    Hermann lächelte dezent.
    „Frau Kraft, eine Schokolade?“
    „Och… gerne.“
    „Aber nicht für mich, Hermann. Ich habe mich an Ihr Teufelszeug gewöhnt. Bringen Sie mir mal den Muckefuck von Ihrer Frau Gärtner . Nehmen Sie ein Stück Butterkuchen, Fräulein – Frau Kraft?“
    Alma sah ihn unentschlossen an. Sie hätte nichts lieber gegessen als ein Stück Butterkuchen, aber sie wollte sich keine Blöße geben.
    „Na ja, Butterkuchen hat man früher gesagt. Margarine kuchen, sehe ich das richtig, Hermann? Ersatz kuchen? Ich glaube, das wollen Sie . Klingt nicht gut, ist aber besser als mit Schweineschmalz. Ein anständiges Gebäck.“
    Der Kellner hob erwartungsvoll die Augenbrauen.
    „Zwei Stück Margarinekuchen also. So machen wir das.“
    „Ist das heiß“, sagte Alma, als die Getränke gekommen waren . Sie hatte nach dem ersten Schluck bitteres Kakaopulver auf der Zunge und zwischen den Zähnen.
    „Schmeckt es nicht?
    „Oh doch! Sehr gut. Und der Kuchen ist… köstlich.“ Sie kaute genüsslich und verschämt zugleich.
    „Fragen Sie mich nicht, wie s ie an ihren Kakao kommen. Das geht durch üble Kanäle, fürchte ich. G anz altes Zeug wahrscheinlich.“
    „Es schmeckt wunderbar.“
    „Nun erzählen Sie ein mal“, sagte Konrad.
    „Was soll ich Ihnen erzählen?“
    „Wer Sie sind. Was Sie hier machen. Ihr Leben. Alles.“
    „Da gibt e s nicht viel zu erzählen. Wir sind aus dem Wartheland gekommen. Anfang des Jahres. Oder zuletzt eigentlich nicht aus dem Osten… aus Friedland.“
    „Das Lager bei… wo ist das genau?“
    „Bei Göttingen.“
    „Da waren Sie?“
    „E inige Wochen. Wir sind Flüchtlinge. Meine Schwestern und mein Sohn. Mein Bruder ist jetzt wieder bei uns. Einer meiner Brüder. Georg.“
    Sie war froh, dass er nicht fragte, wie alt Theo war.
    „Und nun sind Sie hier gelandet, im hohen Norden. Eine weite Reise.“
    Alma nickte. „Wir haben viel gesehen von der Welt .“
    „Sie haben ein schönes Gesicht“, sagte Konrad und schob sich ein großes Stück Kuchen in den Mund. Er kaute lächelnd.
    Alma errötete und erwiderte nichts. Es war ihr peinlich. Wenn sie einer sehen könnte, dachte sie, hier, in diesem vorneh men Lokal? Mit Leuten, denen man die Not nicht ansah. Und was für ein selbstbewusster Mann ihr Gastgeber war, mit guten Manieren. Kein Bauer. Sogar der Kellner kannte ihn persönlich .
    „Früher war ich ein hübsches Mädchen“, sagte sie. „Vor dem Krieg. Aber jetzt… Sehen Sie mich an. Meine Kleider…“
    „ Kommen Sie, e ine schöne Frau entstel lt nichts. “
    „Sie machen mir Spaß, Herr Lampe, so leichtsinnig, wie Sie reden. Ich bin verheiratet. Sie

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