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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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„Sehr wohl, sehr wohl. Wir haben uns trotzdem gefunden, gut, ja. Man hatte Sie mir… genau beschrieben, hatte man.“
    „Ich habe fast ein schlechtes Gewissen, dass Sie nur meinetwegen hierher gekommen sind. Es wäre nicht nötig gewesen.“
    Krause zuckte mit den Schultern. „Bitte folgen Sie mir.“ Er ging zu einem dunkelgrauen Wagen. Alma kannte das Modell nicht, aber die breiten, geschwungenen Kotflügel erinnerten sie an die frühen dreißiger Jahre in der Heimat, als in Odessa und Kischinjew plötzlich Automobile groß wie Britschken fuhren . Herr Krause stellte sich seitwärts, schlug die Hacken zusammen und hielt die Tür auf.
    „Was für ein schönes Auto Sie haben… Sollte ich nicht lieber vorne bei Ihnen sitzen, Herr Krause?“
    „Krause. Krause re icht, gnädige Frau.“ Er hielt ein e hintere Tür auf, ohne auf sie einzugehen. „Bitte. Seien Sie vorsichtig mit dem Kopf. Das Einsteigen ist etwas unbequem. Ich habe ein Tuch für Sie bereitgelegt. Zur Erfrischung, wenn es genehm ist. Dort in dem Korb. Dem Körbchen. “
    Alma nahm Platz und machte es sich vorsichtig bequem. Sie saß auf w e ichem Leder von der Farbe des Leinens, aus dem ihr e Mutter früher Gardinen genäht hatte. Krause startete den Motor und fuhr langsam an. Jungen in kurzen Hosen, barfuß in Sandalen, liefen ihnen nach.
    „Herr Lampe bat mich, Ihnen zu sagen, dass ich Sie heute nach Altona bringen darf?“ Er hob die Stimme am Ende des Satzes, als wollte er sie um ihr Einverständnis bitten.
    „Nicht in unser – Kaffeehaus?“
    „Mit Verlaub, nein. Nach Altona. In die Palmaille.“
    „In Herrn Lampes Haus?“
    „So ist es. Das Privathaus. Sie werden zu Tisch erwartet , gnädige Frau .“
    „Wie nett. Ich… – sagen Sie, Herr Krause, k önnten Sie wohl – meine Füße verbrennen . Hier unten, un ter dem Sitz kommt eine Wärme he raus wie aus einem Ofen. Mir werden die Schuhe heiß .“
    „ Ich bitte um Verzeihung . Wir werden es sofort kühler ha ben. Gestatten Sie, dass ich mein Fenster vorsichtig öffne?“
    Alma lachte. „Herr Krause, nun ist es aber gut mit Ihrem Getue. So jung sind Sie und schon so steif. “
    Krause räusperte sich.
    „ Wie alt sind Sie denn überhaupt ?“
    „ Einundzwanzig .“
    „Gerade volljährig… – und fahren schon Auto…?“
    „Einundzwanzigeinhalb eigentlich. Mein Vater hatte eine Werkstatt , gnädige Frau . Im Krieg.“
    „Aber machen Sie bitte das Fenster auf, in Gottes Namen, dass wir frische Luft bekommen. Lassen Sie das mit diesem ausgesucht Höflichen. Ich bin nicht die Königin von Rumänien.“
    „Sehr wohl. Nein, natürlich nicht.“
    „Von wo sind Sie, Herr Krause?“
    „Meine Wenigkeit?“
    „Sie, ja. Wo kommen Sie her? Sind Sie aus Hamburg gebürtig?“
    „In der Tat, gnädige Frau. Barm bek.“
    „Das sagt mir nichts. Wo ist das?“
    „Ein Stadtteil im Osten. Es steht nicht mehr viel.“
    „Oh. Entschuldigen Sie. Das tut mir leid. Ich hoffe…“
    „Wenn Sie erlauben, gnädige Frau. Sie haben die Bomben ja hoffentlich nicht geworfen.“
    „Ich? Ach… Sie machen einen Witz, Herr Krause. Nein.“
    „Unser e Mietswohnung… –“
    „Was ist damit?“
    „Entschuldigen Sie, Frau L ampe. Es ist egal. Es ist nicht gut.“
    „Nein, erzählen Sie doch. Wir fahren doch wohl ein Stückchen. Was ist mit Ihrer Mietwohnung?“
    „Sie ist…“
    „Ja?“
    Er schwieg.
    „Herr Krause, was ist mit Ihnen?“
    „Entschuldigen Sie. Entschuldigen Sie bitte. Es ist nichts. Gar nichts. Für einen Moment…“
    „Ist etwas mit Ihrer Wohnung nicht in Ordnung?“
    „Lassen wir das, bitte.“
    „ Sie sind ausgebombt, ist es das ?“
    Krause nickte stumm. „Bitte sagen Sie dem gnädigen Herrn nichts davon.“
    „Warum sollte Herr Lampe nicht wissen dürfen, dass Sie Ihre Wohnung verloren haben? Es ist doch keine Schande – ein Unglück wohl, aber sicher keine Schande. Haben Sie ihm nie davon erzählt?“
    „Doch. Schon.“
    „Also.“
    „Das meine ich nicht.“
    „Sondern?“
    „Bitte sagen Sie ihm nicht, dass ich so… ausfallend geworden bin. Ich bitte Sie sehr, gnädige Frau.“
    „Oh.“
    Krause, die Hände auf dem Lenkrad, suchte im Rückspiegel Blickkontakt . Alma sah seine grauen Augen, für einen jungen Mann erstaunlich dicke Brauen, die blau e, zu große Chauffeursmütze .
    „Natürlich nicht“, sagte sie leise. „Nein. Natürlich nicht.“
    „Danke, gnädige Frau.“
     
    Als sie am Haus an der Palmaill e vorfuhren, hatte Nieselregen eingesetzt .

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