Braeutigame
gehen, ist es nicht so? Sind Sie gut versorgt worden?“
„Oh ja! Herr Krause hat mich am Bahnhof abgeholt, und Ihre Frau – diese Rosina – hat mir Kakao gebracht.“ Sie flüsterte – aus Angst, Rosina könnte si e hören. „Er schmeckt vorzügl ich.“
Konrad lachte. „So so ll es sein. Rosina hat sich seit den M orgenstunden ins Zeug gelegt. Ein Rinder gulasch steht auf dem Herd, mit schönen neuen Kartoffeln. Zur Feier des Tages. Mit Pilzen auch, aus der Dose natürlich nur. Ein bisschen osteuropäisch, aber… es wird schon schmecken.“
„Wunderbar. Ein echtes Gulasch – wie… Ach, ich freue mich.“
„ Rosina dürfen Sie übrigens nicht so ernst nehmen. Die macht manchen Leute Angst mit ihrer Art. Mit ihrer – nennen wir es mal: Sprödigkeit. Die Wä rme ist ihr nicht gegeben , am Anfang, wenn man sie kennenlernt . Aber sie meint es gut, auch we nn man es nicht gleich merk t. Sie kann auch eine richtige Heulsuse sein, wenn man zu fürsorglich mit ihr ist. “
„Sie war reizend zu mir.“
„Um so besser. Sie ist manchmal eine Frau Schiddrigkeit. Flüchtling eben . Aber ... das sind Sie sc hließlich auch, liebe Frau Kraft – es hat nichts zu heißen. Gar nichts.“
„Wo kommt sie her? Ich kenne ihren Dialekt nicht.“
„Ostpreußen. Von der Kurisc hen Nehrung. Haben Sie schon ein mal von Nidden gehört – alter deutscher Ferienort? Da hat sie mit ihrer Familie gelebt. Sie hat im Krieg alles verloren und musste in Stellung gehen. Geht vielen so.“
„Das ist bei uns nicht anders.“
„Ah, liebe Alma, Sie wirken jünger und frischer. Das Leben liegt noch vor I hnen, da macht es nicht viel, wenn ein Krieg dazwischenkommt.“
„Ich gehe auf dreiß ig. Ihre Frau Lemke wird kaum…“
„Man sieht es Ihnen nicht an! Nur vielleicht an den Händen. Was ist da passiert? ich habe mich nicht getraut zu fragen. “
„Oh… das… Ein Unfall.“
„Länger her?“
„Als ich… als ich jung war. Ich habe die Hände in die… die Strunkmaschine gekriegt. Zuhause. Beim Popscharebeln. Beim Maisernten, meine ich.“ Sie lächelte, unsicher.
„Sie kleines, ungeschicktes Ding.“ Konrad grinste sie an und nahm ihr Hand. „Darf ich?“
„Dürfen Sie was?“
„Ihre Hand küssen?“
„Ach, Sie… ich weiß nicht. Besser nicht. Es könnte… “
„Nun vergessen Sie mal für eine Minute Ihren Mann.“
„Ich kann… ach, Herr Lampe! “
„Kommen Sie, ich zeige Ihnen das Haus. Wir haben einen sch önen Garten hinten, es blüht schon ganz ordentlich. Schade, dass heute so ein Wetterchen ist.“
Konrad und Alma aßen gemeinsam zu Mittag.
„Sie müssen mit dem Vorlieb nehmen, was wir haben“, sagte Konrad wie zur Entschuldigung . „Wir haben das meiste Geschirr verloren. Es war in der Speicherstadt eingelagert und bums, mitten rein . Hätten e s doch hierbehalten sollen. J a, hinterher we iß man immer, wie man es hätte mache n sollen. Es ist kaum etwas geblieben. Das Silber war geschmolzen – a lles ein Klumpen , mit verbranntem Stroh dazwischen .“
„Es kommt schließlich auf das Essen an, nicht auf die Teller.“
„Diese Terrine hier – meine Mutter hat sie noch gekauft, vor dem Ersten Weltk rieg, als ich ein kleiner Junge war. Königlich-Preußisch.“
„So etwas Feines… Sie haben eine gute Küche .“
„O h ja . Es ist einfache Kost, aber es macht satt.“
„Die s ist Blaukraut, richtig ?“
„Rotkohl. Wir sagen Rotkohl. Blaukraut sagt man in München. “
„Ich habe es noch nie gegessen. Es ist gut.“
„Noch nie? Wissen Sie, Sie bereiten mir immer wieder Vergnügen . Gab es das denn nicht bei Ihnen?“
„Nicht in der Heimat, in Bessarabien . Im Wartheland schon. Ich habe die Kohlköpfe auf den Märkten gesehen. Aber wir haben anderes gegessen.“
„Rosina, reichen Sie Frau Lampe noch etwas Sauce?“
„Sehr wohl, Herr Konrad. Auf die Kartoffeln, Frau Alma – oder daneben?“
„Darauf bitte. Danke – danke, das reicht! Nicht über die Stränge schlagen.“
„Das wäre dann alles, Rosina.“
Frau Lemke stellte die Sauciere auf einer Anrichte ab und zog sich zurück.
„Ich will kurz mit Ihnen allein sprechen, Alma. Ich habe Neuigkeiten.“
„Ja?“
„Keine guten, fürchte ich.“
Almas legte ihre Gabel mit einem Stück Rindfleisch auf den Teller. Sie sah ihn an. „Heinrich?“
„A ch so. – Nein, nicht Heinrich. Es gibt n ichts Neues von Ihrem Heinrich.“
„Gott sei Dank . Solange… “
„Ihr Vater.“
„Ja?“
„Es ist,
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