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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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sind beide ausgebombt worden im Krieg. Oben, im ersten Geschoss, hat es gar keine Dachschrägen (die sind weiter oben). Hier gibt es zwei große Stuben – „Salons“, sagt Konrad –, ein Kontor und Schlafzimmer mit herrlich großen Badezimmern (zwei!) mit Kacheln auf dem Boden in schwarz und weiß , immer abwechselnd . Im Kontor hat er einen Schreibtisch, Sessel, Bücher bis unter die Decke & einen eingemauerten Tresor, groß wie unser alter Ofen in der Sommerküche. Es ist mir alles fremd, weil es so anders ist als das, was wir kennen. (Und, lieber Heinrich, eines muss ich Dir sagen – fast schäme ich mich dafür: Ich habe einmal, als ich bei Konrad war, ein Bad genommen in einer der großen Wannen, in heißem Wasser mit einer Seifenlauge, die Schaum machte. Sie war so groß, ich hätte ertrinken können. Es war herrlich, ganz herrlich. Herrlich und auch fremd.)
    O ben im Haus, unter dem Dach, sind weitere Zimmer mit Betten, die aber meistens nicht genutzt werden oder nur für Gäste. Konrad lebt ja alleine, er braucht nicht viel Platz, sagt er. Von dort oben sieht man, wenn es gerade nicht regnet oder diesig ist, den Garten und die breite Elbe, den Fluss hier. Es ist mehr ein Strom, nicht wie unser Kogälnik, sondern wie der Jester. Man sieht das ande re Ufer, aber es ist alles klein, unendlich weit entfernt, mehrere Werst. (Früher lebten in Konrads Haus Kapitäne, und deshalb ist es nicht weit vom W asser gebaut worden. Sie haben ein en großen Hafen hier, und man sieht auf der Elbe Schiffe vorbeiziehen – riesige Schiffe, aus der ganzen Welt. Die großen Pötte , sagen sie, und sie meinen die Schiffe. Sie reden hier ganz anders als in Bessarabien , und auch als im Wartheland und in Friedland.)
    Nun muss ich sagen, dass Konrad, soweit ich es sagen kann (denn wir sprechen nicht darüber), geschickt ist mit dem Geld, ein wenig wie der Vater es war. Im Beruf ist er Händler, vor allem mit Tee und Kolonialwaren. Die erste Regel im Leben, sagt er – hat nichts mit Gott zu tun! „Verliere kein Geld“, das ist für ihn die erste Regel. Alles andere – Gott und die Liebe und die Menschen – kommt für ihn erst danach. Er glaubt aber doch an Gott, ein bisschen, tief im Herzen, denn alle Menschen sind sterblich, auch die Hamburger , und die Seefahrer erst recht, die können immer als erstes an die Reihe kommen, wenn Wind und Wellen danach sind . Das Meer ist noch unberechenbarer als das Wetter. Er ist protestantisch, es steht in seinen Papieren, obgleich er nicht in die Kirche geht. Nur zu Weihn achten und auf Beerdigungen häl t er Gottesdienst. Es ist nur: Er schaut, meine ich, ein wenig auf meine Schwestern und mich herab. (Dass Minna und ich in die Stunde gehen, das findet er, ich fühle es , lächerlich – als wäre es eine Sache für die Frauen.) Ich musste lachen, als er so offen von Geld redete, ohne Scheu und ohne jede Scham. Er glaubt es wirklich & denkt sich nichts Arges dabei. Aber, wie alles, so hat es auch sein Gutes. Wenn ein Mann Beschäft igung hat und Geld verdient, kommt er nicht auf falsche Gedanken.
    Ich sage Geld verdienen, aber es ist in den Zonen nicht einfach. Es gibt viel zu tun, aber es ist doch nicht so, dass die Menschen „arbeiten“ täten und ihr Tagwerk tun würden, wie wir es d amals in der Heimat taten, von früh bis s pät. Zu durcheinander ist alles & zerstört. Konrad fährt in sein Kontor im Hafen, fast jeden Tag, aber ich glaube, er ist auch am Tauschen, wie wir alle. ( Minna und Lilli und ich auch, wir tauschen, was wir können, ein: Kartoffeln und Rüben, die Lebensmittel, Seife und Stoff. Es geht nicht anders, schon lange nicht mehr. Die Gutschriften, die sie uns (meinem Vater) in Leipzig und Galatz gegeben hatten, sind wertlos. Sie waren es wohl immer, von Anfang an schon, und nun ist der Krieg verloren. Es ist alles Hab und Gut verloren. )
    Konrad ist gut zu uns. Jetzt gab er mir eine weiße Blume – eine Orchidee , so etwas Feines, wie ich noch nie gesehen habe. Vom Äquator soll sie gekommen sein für viel Geld. Unserer Lilli hat er eine alte Nähmaschine b esorgt, eine echte G. M. Pfaff aus Kaiserslautern , und sie näht Kleidung und Wäsche so schnell, wie sie Stoff bekommen kann, ticke-ticke-ticke geht es in einer Tour. Nicht für sich selbst – oder nur Weniges. Nein, für andere. Lilli ist ja immer still gewesen, da glaube ich, dass sie mit dem Nähen und Tun und Machen ihre Zuneigung zeigt. Aus alten Bettlaken hat sie uns Schlüpfer genäht und aus einer

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