Braeutigame
schlicht war sie auch. Sie bestand darauf, Hochzeitsbitter aus zu schicken, um die Gäste einzuladen, anstatt in Anschakrak schöne Karten und Umschläge drucken zu lassen. Da Heinrich nur eine Schwester hatte, würde die Sache an ihm und seinen Söhnen hängen bleiben. Er würde Georg und Jakob ausstaffieren und zum Haareschneiden zu Ziegelmacher schicken müssen. Die Kraft dachte offenbar , er könnte das Geld drucken.
Sechs Tage vor Jubilate, an einem Montag, ritten die beiden Brüder auf geschmückten Pferden durch Ober- und Unter dorf und anschließend über K ulm auf der Landstraße nach Anschakrak . Als sie am Abend zurückkehrten, waren sie von einem Regenschauer überrascht worden und bis auf die Haut durchnässt.
Alma, ihre Schwestern und Oma Mathilde trugen im Al tenteil die Aussteuer zusammen.
Als die Nachbarn die ersten Hühner brachten, fuhr Mischka mit dem Wagen zum Teller- und Schüsselholen durch den Ort.
Die Frauen buken Paska, stape lten Holz und Reben neben den Öfen, bohnerten die Dielen im Haus, poliert en das Besteck, den Samowar, die Lampen. Sie trugen Tische und Stühle nach draußen , und am frühen Morgen des Hochzeits tages sprengten die Jungen den Hof mit Wasser, damit die Schuhe der Gäste nicht allzu schnell staubig wurden, während Mischka mit Minna die Brautkutsche mit Bändern, Glocken und Papierrosen sc hmückte.
Die Witwe Stelter stand neugierig an der weiß gekalkten Mauer hinter dem Schweinepferch und tat so, als würde sie im Beet Unkraut zupfen.
Daniel Freier saß in der ersten Reihe, drei Schritte hinter dem Brautpaar , und dachte an Marga. Er fühlte sich – es war auf einmal über ihn gekommen, eine neue Erfahrung – alt. So nimm denn meine Hände …, sangen sie – hatten sie das nicht auch bei Marga und ihm gesungen? Er war sich nicht sicher. Bis an mein Lebensende . – E s war zu früh gekommen, das Ende, und nun war der Jüngste schon fast acht Jahre alt. Wo war er denn…? Er drehte seinen Ko pf etwas zur Seite. Da saß er , Arthur, in seinem ersten Anzug – richtig vornehm und groß sah er aus neben Lilli, mit einem sauberen Hemd und glänzenden, braunen Haaren. Er konnte Arthurs Stimme aus dem Gemeindegesang heraushören. Sie war hoch, die helle Stimme eines Jungen. Es war noch lange hin, bis sie ihm brechen würde.
Freier fühlte sich alt.
Was redete Pomreinke wieder von lieblich? … in der Bräute Locken, spielt der jungfräuliche Kranz, wenn die hellen Kirchenglocken, laden zu des Festes Glanz.
Mein Herr Jesus, dachte Freier. Aha. Vom Schiller war’s. Musste Pomreinke wieder zeigen, was er alles wusste, selbst bei anderer Leute Hochzeit.
An diesem herrlichen Sonntag Jubilate…Preist den Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet…
Ihm fehlte Marga, dieses sture, liebe, herzensgute Weib. Gerade jetzt, dachte er, Jubilate, Hochzeit, ihre Alma, die Gäste. Was wäre sie stolz gewesen aufs Kind. Das Älteste. Das Mädchen. Sie hatte sicher keine gute Partie gemacht, jedenfalls keine so gute, wie sie hätte machen können bei mehr als dreihundert Dessjatinen, die sie beackerten. Aber ihr Heinrich, wenn er schon kein Land mitbrachte, schien doch ein anständiger , fröhlicher Junge zu sein, und er sah gesund aus. Würde ihr ordentliche Kinder machen, und dann müsste man sehen, was sie noch an Land bekommen würden von ihm.
Freier hörte Pomreinke auf der Kanzel, feierlichen Singsang – die Jugend, an diesem herrlichen Tag im Wonnemonat, das Feuer, das Fleisch, die Liebe, die Ewigkeit –, aber die Worte blieben in seinen Ohren hängen und drangen nicht in seine Gedanken vor. Freier war bei seiner Frau. Nei n, dachte er, viel Liebe war nicht gewesen zwischen ihnen, am Anfang. Wie hätte das auch sein sollen, wo sie sich, als sie von ihren Eltern vor den Altar geschickt wurden, überhaupt nicht kannten? Zweimal hatten sie sich die Hand gegeben, kurz nur, und Margas Finger waren feucht und kalt gewesen, einmal bei den Freiers an der Kälber Drift, einen Sonntag später bei Jeschkes in der Stube in Kulm. Kaum ein Wort gewechselt hatten sie, weil es um Land ging, um Vieh und Schränke und Werkzeug und Saat. Sie hatten sich verschämt aus den Augenwinkeln angeschaut . Marga Jeschke mit ihren Zöpfen hatte ihn einmal angelächelt – sicher mehr aus Höflichkeit als aus Zuneigung – und ihre etwas schiefen Zähne gezeigt. Na ja, oben die Schneidezähne waren schon sehr schief, richtig ineinand er verkeilt, das hatte er dann gemerkt.
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