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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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Abend werden sie sicher alle tanzen“, sagte die Stelter trocken. „Wenn der Schnaps den jungen Leut en zu Kopfe gestiegen ist.“
    „Gut so!“, rief Giese. „Tanzen soll en sie, jawoh l!“
    „Sünde. Sünde. Sünde.“
    „ Ach, wir sind allzumal Sünder, was soll das Gerede? Wer sagt überhaupt, dass man nicht tanzen soll! ? Hat nicht das Volk Israel schon getanzt? “
    „Unser Pomreinke sagt es . Der Tanz ist vom Teufel. Du sitzt doch lang e genug in der Stunde, dass du es auch einmal gehört haben könntest. Und die Israeliten – ich muss mich doch sehr über dich wundern. “
    „Hm?“
    „Getanzt mögen die haben. Aber nur ums goldene Kalb. Um ihren Götzen.“
    „ Und deswegen sollen die jungen Leute keine Freude haben dürfen? W eißt du was, Mädchen!?“, sagte Giese. „Hellmuth Lobgott redet auch so einen Stuss . So. Nun weißt du Bescheid. Alles Quatsch ist das, du alte Pietistentante, du. Meinst du , im Himmelreich wird nicht auch getanzt werden von morgens früh bis abends spät?“
    „Gott behüte mich. Wie bei den Papisten geht e s hier zu, wie bei den Katholischen, und wo die Maria nah ist, ist der Baal nicht mehr weit. So ist es.“ Sie n ickte zur Bestätigung.
    „Nun lasst ihr zwei doch den jungen Leuten ihren Spaß“, flüsterte Irma Schilling von der Seite . Sie knetete sich ihre Unterlippe mit den Fingern. „Das ist e ine andere Generation. Und wenn die Menschen Freude haben. .. “
    „Und das Volk tanzte ums Goldene Kalb und gedachte nicht seines Gottes“, sagte Frau Stelter.
    „Hah!“, rief Giese und sah in den Hof. „Nun führ m an keinen Krieg gegen die Kinder . Das hat keine Zukunft. “
    „Ich?“
    „Die Freude ist auch von Gott, meine Liebe, das lass dir gesagt sein. N u n reich m ir die Schüssel mit den Ölplatz . Wird ja alles kalt bei deinen Fabeln.“
    „Nun schau einmal, Giese, deine Enk eltochter ist da hinten beim Schober “, sagte Frau Schilling. „Siehst sie? Beim Wladimir steht sie.“
    Isidor Giese versuchte sich umzudrehen, wobei ihm sein Gehstock auf den Boden fiel. „Beim Schlächter, dem? Dem Drecksbuben? “
    Sie nickte. „Beim Wladi.“
    Der alte Giese, aus dem Konzept geb racht, holte tief Luft .
     
    „Erzähl doch mal, wie ist es bei euch im Reich?“, sagte Emmi Trautmann in die Runde , die Gabel in einem Stück Käsekuchen .
    Johannes, der Deutschländer, sah sie mit lustigen , selbstbewussten Augen an, als würde ihn die Frage amüsieren. „Wie soll es sein? Gut ist e s. Da herrscht Ordnung. Der Kri eg ist fast vorbei. So gut ging e s nie. Polen ist besiegt, der Franzmann am Ende.“
    „Menschenskind“, sagte Emil Giese. Neben ihm saß seine Frau Walburga, die ein Veilchen hatte, weil sie in der vergangenen Woche im Haus gestürzt war. „Und euer Hitler? Wie macht der sich?“
    „Ein guter Mann“, sagte Johannes. „ Genial. Das Lumpenpack ist von den Straßen. Da ist richtig Schwung in den Laden gekommen. E s gibt wieder Arbeit für all e. Überall bauen sie – Straßen quer durchs Land, Fabriken, Schiffe. Und Berlin… – die Reichs hauptstadt soll nun auch noch gemacht werden. Und Flugplätze kommen überall hin. Riesig. Auch für Luftschiffe. “
    „Gemacht werden ?“, fragte Walburga. „Berlin soll gemacht werden?“
    „Alles soll größer werden in unser e m Berlin. Größer und schöner. Endlich sind wir eine Weltmacht . Da muss man auch etwas… darstellen , wissen Sie? Eine Hauptstadt für die Welt sein wollen. Etwas repr äsentieren unter den Völkern. Das sagt der Führer höchstpersönlich .“
    „War doch bei der Olympiade auch schon nicht schlecht“, sagte Giese. „Hatten wir hier – die Rumänen hier, die Großrumänen – auch einen geschickt. Einen Heber. Einen, der Gewichte hebt.“
    „Kann schon sein“, sagte Johannes. „Gewonnen hat er aber nicht. Bei den Gewichtlern waren die Ägypter ganz stark.“
    „Nein, gewonnen hat er nicht“, sagte Giese nachdenklich. „Das stimmt. Zum Sieg hat’s nicht gereicht. Eine einzige Medaille haben die Rumän en geholt. Silber. Ich weiß nicht mehr, für was. Aber da wurde hier gefeiert. Ganz groß. Alle betrunken.“
    „Und die Russen?“, fragte Walburg a. „Die waren gar nicht da, hat e s geheißen.“
    „Die Bolschis hat auch keiner vermisst. Das Pack.“
    „Na na na“, sagte Giese. „Wir haben es hier mit denen hundert Jahre lang und mehr gut ausgehalten , auch wenn sie da ihren Lenin noch nicht hatten . War n icht immer die innigste Liebe, a ber

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